Wien - Der Presserat rügt "oe24.at" für die Veröffentlichung eines via Handy gefilmten Gewaltvideos. Dieses wurde am 18. September in den Artikel "Kärntner prügelt vor laufender Kamera auf Obdachlosen ein" eingebettet. Laut Gremium wurde damit gegen die Punkte 5 (Persönlichkeitsschutz) und 6 (Intimsphäre) des Ehrenkodex für die österreichische Presse verstoßen, hieß es in einer Mitteilung am Freitag.

Die Handyaufnahme zeigt, wie ein Jugendlicher in Villach einen vermutlich obdachlosen Mann von hinten körperlich attackiert. Der Senat 2 des Presserats merkt an, dass das Video "die Persönlichkeitssphäre des mutmaßlich Obdachlosen eklatant" verletze: "Dieser wird dabei gezeigt, wie er auf brutale Art und Weise zu Boden getreten wird und danach versucht, sich aufzurichten. Die Wiedergabe des höhnischen Lachens des Täters erachtet der Senat als verstörend; die im Video vermittelte Grausamkeit und Brutalität ist abstoßend und erschütternd." Der Senat stuft die Videoveröffentlichung "als eklatanten Eingriff in die Menschenwürde und die Intimsphäre des abgebildeten Opfers" ein.

Festgehalten wird in dem Zusammenhang, dass es keine Rolle spiele, dass das Opfer des Angriffs verpixelt wurde - für nahe Angehörige sei es aufgrund des drastischen Vorfalls identifizierbar gewesen - und das Video zuvor bereits in anderen (sozialen) Medien zu sehen gewesen sei. "Eine Redaktion muss eigenständig darüber entscheiden, ob Bildmaterial persönlichkeitsverletzend ist oder nicht". Die virale Verbreitung im Internet rechtfertige eine Übernahme derart verstörender Inhalte nicht. Zudem würden Voyeurismus und Sensationsinteressen von Userinnen und Usern bedient, kritisierte der Presserat. Die Medieninhaberin von "oe24.at" wird aufgefordert, das nach wie vor unverändert in den Beitrag eingebettete Video zu entfernen und zudem freiwillig über den Ethikverstoß zu berichten. (APA, 1.12.2023)