Justizpalast in Wien
Die Gesellschafter einer GmbH haften zwar nicht, haben aber einen Gewinnanspruch.
IMAGO/Martin Juen

Im Gastbeitrag erklären die Universitätsassistenten Lukas Berghuber und Michael Hödl, welche Vorteile die GmbH bei Unternehmern so bliebt macht.

Die kürzlich erschienene Regierungsvorlage zum Flexiblen-Kapitalgesellschafts-Gesetz (FlexKapGG) gibt Anlass, sich mit der derzeit beliebtesten Gesellschaftsform zu beschäftigen: Der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Seit Schaffung der GmbH im Jahr 1906 steigt die Zahl der Neuregistrierungen kontinuierlich. Mit Stichtag 31. Dezember 2022 sind in Österreich 189.162 GmbHs im Firmenbuch eingetragen. Wie die Geschichte zeigt, liegt das einerseits an wirtschaftlichen Entwicklungen, andererseits an rechtlichen Gegebenheiten. Jetzt wie damals bietet die GmbH Flexibilität bei gleichzeitiger Rechtssicherheit. Die Vereinfachte Gründung (§ 9a GmbHG), die Gründungsprivilegierung (§ 10b GmbHG) und die Möglichkeit der Einpersonengesellschaft sollten die GmbH noch attraktiver machen.

Erfolg von Beginn an

"Mögen Produktion und Handel auf dem nun freigelegten Wege mit kräftigen Schritte ausschreiten und für sich, für den Staat und für den Einzelnen, die gesamte Bevölkerung Gutes und Ersprießliches damit erzielen. (Lebhafter Beifall.)" Mit diesen Worten beendete Franz Klein, damals Sektionschef des Justizministeriums und später Justizminister, seinen Beitrag in der General- und Spezialdebatte im Jahr 1906 zum Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG).

Bereits vor der GmbH kannte das österreichische Recht mit der Aktiengesellschaft (AG) eine Kapitalgesellschaftsform. Diese wurde aber aufgrund der komplizierten und langwierigen Gründung sowie des teuren Betriebs den damaligen Bedürfnissen nicht gerecht. AGs waren nicht nur verhältnismäßig hoch besteuert, sondern auch unter ein staatliches Konzessionssystem gestellt. Damit waren Gründer staatlicher Willkür ausgesetzt, was – heute unvorstellbar – zu mehrjährigen Gründungsvorgängen führen konnte. Gerade Klein- und Mittelbetrieben war die AG damit faktisch verwehrt. Diese griffen auf Personengesellschaften zurück und nahmen damit das Risiko der unbeschränkten persönlichen Haftung in Kauf; ein Gesellschaftsmodell, welches damals gerade für Investoren unattraktiv war.

Lösung sollte die Einführung der GmbH im Jahr 1906 sein. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Unzählige Unternehmen entschieden sich für die Gründung einer GmbH und bestehende Einzelunternehmen sowie Offene Handelsgesellschaften griffen auf die neue Rechtsform zurück. Der unkomplizierte Gründungsvorgang und die niedrige Besteuerung machte sie für Mittelbetriebe besonders begehrt.

Krise wegen Inflation

Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs und nachfolgender Inflation in den Jahren 1919 bis 1923 kamen jedoch die Schattenseiten der neuen Rechtsform zum Vorschein. Trotz galoppierender Geldentwertung zögerte Österreich das GmbH-Mindestkapital von 20.000 Kronen (1913 entspricht dies noch ca. 134.000 Euro, 1921 nur mehr 800 Euro) anzuheben, welches dadurch zur bloßen Formalität wurde. Zwischen 1919 und 1923 wurden in Österreich trotz Rohstoff- und Energiekrisen der Nachkriegsjahre tausende GmbHs gegründet, die nur am Papier als "Gläubiger-Schutzschild" existierten und nie tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit entfalteten. In dieser Zeit verdoppelte sich die Anzahl der GmbHs, welche mit der Hyperinflation 1923 ihren Höhepunkt erreichte. Doch die Missbrauchsanfälligkeit einer Kapitalgesellschaft ohne faktischem Mindestkapital sollte sich rächen. Unzählige unter- bzw eigentlich unkapitalisierte GmbHs gerieten in Konkurs – die Gläubiger sahen durch die Finger.

Der Gesetzgeber schritt ein: Anhebung des Stammkapitals, Einschränkung der Sachgründung und Rücknahme der Steuererleichterungen. 1925 erzwingt man mit der Sanierung der Währung 1925 und dem Goldbilanzgesetz letztlich die Löschung von tausenden GmbHs bis 1929. Doch das Image der GmbH war stark beschädigt. In den 1930er Jahren diskutierten die Nationalsozialisten in Deutschland sogar die Abschaffung. Ideen, die gemeinsam mit Reformdiskussionen nach Österreich schwappten, aber aufgrund des Zweiten Weltkriegs nicht weiterverfolgt wurden. Die GmbH blieb bestehen und konnte ihren Ruf im Wirtschaftsaufschwung der Nachkriegszeit wiederherstellen. 1951 gab es in Wien bereits wieder über 2.000 GmbHs. In den 1970er waren es erstmals mehr GmbHs im Wiener Handelsregister als Offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Einzelunternehmen zusammen.

Keine Haftung aber Gewinn

Seither hat sich viel getan, doch das Kernstück – die fehlende persönliche Haftung der Gesellschafter – ist geblieben. Auf den ersten Blick scheint das Band zwischen Gesellschafter und Gesellschaft durchgeschnitten. Geschützt durch das Trennungsprinzip haften die Gesellschafter nicht den Gläubigern der Gesellschaft, sondern nur die Gesellschaft selbst. Preis dafür ist die Aufbringung des Stammkapitals in Höhe von derzeit grundsätzlich (noch) 35.000 Euro. Die Gesellschafter haften zwar nicht, haben aber einen Gewinnanspruch. Das Risiko der persönlichen Haftung ist somit eliminiert, und das bei grundsätzlich gleichbleibenden – oder aufgrund steuerlicher Vorteile, gar besserer – finanzieller Rendite. Früherer Missbrauchsanfälligkeit ist mit strengen Kapitalerhaltungsregeln (Stichwort: Verbot der Einlagenrückgewähr) Einhalt geboten. Geld darf also, abgesehen vom Gewinnanspruch, nicht an die Gesellschafter fließen.

Die Zügel müssen bei Gründung einer GmbH nicht aus der Hand gegeben werden, denn die Möglichkeit als Gesellschafter auch Geschäftsführer zu sein, sichert die Entscheidungsbefugnis der Gründer. Allerdings eröffnet sich damit auch eine mögliche Haftung gegenüber der Gesellschaft für Fehlverhalten (§ 25 GmbHG). Will ein Gründer das vermeiden oder sich nicht (mehr) mit unternehmerischen Entscheidungen herumschlagen, so kann ein Fremdgeschäftsführer engagiert werden. Dieser muss einerseits bei gewichtigen Entscheidungen die Gesellschafter "um Erlaubnis fragen" und andererseits können diesem jederzeit Weisungen erteilt werden. Es liegt also dann an den Gesellschaftern, wie kurz sie die Leine halten wollen.

Beliebteste Gesellschaftsform

Gerade die mögliche, aber nicht verpflichtende Einflussnahme auf die Geschäfte der Gesellschaft ohne persönliche Haftung macht diese Gesellschaftsform so attraktiv. Die GmbH behauptet auch deshalb seit ihrer Schaffung – mit kurzer Verschnaufpause – den ersten Platz im Ranking der beliebtesten Gesellschaftsformen. Ob das nach Einführung der FlexKap so bleibt, wird die Zukunft zeigen. (Lukas Berghuber, Michael Hödl, 3.12.2023)