Wesley Sneijders Händchen.
REUTERS/KAI PFAFFENBACH

Hamburg - Das österreichische Fußball-Nationalteam hat bei der EM 2024 in Deutschland ein enorm schwieriges, aber auch attraktives Los erwischt. Die Österreicher treffen in der Gruppenphase auf Topfavorit Frankreich, die Niederlande und den Play-off-Sieger aus Pfad A. Diesen ermitteln im März Polen, Estland, Wales und Finnland. Auftaktgegner des ÖFB-Teams in EM-Gruppe D sind am 17. Juni in Düsseldorf die Franzosen.Das ergab die Turnierauslosung am Samstag in Hamburg.

Der niederländische Ex-Nationalspieler Wesley Sneijder zog die Österreicher aus Lostopf zwei in die Gruppe mit Frankreich. Danach folgten die Niederländer und der Play-off-Sieger, mit denen sich die Auswahl von ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick jeweils im Olympiastadion in Berlin duellieren wird. Gegen Polen, Wales, Finnland oder Estland geht es am 21. Juni. Zum Gruppenabschluss am 25. Juni warten die Niederlande, mit denen es das ÖFB-Team bereits bei der vergangenen EM-Endrunde 2021 zu tun bekommen hatte (0:2).

Vorfreude und Zuversicht

"Wir haben eine sehr, sehr starke Gruppe bekommen. Nichtsdestotrotz sind wir selbstbewusst, werden uns gut vorbereiten und gehen guter Dinge in die Endrunde", sagte ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel in einer ersten Reaktion in der Elbphilharmonie in Hamburg. "Es ist sicher keine leichte Gruppe, aber man muss nehmen, was kommt", ergänzte ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer. "Ich glaube, wir haben ein tolles Team, das zusammenhält. Daher bin ich auch zuversichtlich, dass wir gegen so schwere Gegner wie Frankreich und Holland bestehen können."

Mit den Franzosen hatten es die Österreicher zuletzt in der Nations League im Sommer 2022 zu tun. Nach einem 1:1-Heimremis in Wien war das Rangnick-Team beim 0:2 in Paris weitgehend chancenlos. Frankreich gilt bei den Buchmachern als Topfavorit auf den EM-Titel. Diesen hatte die "Equipe Tricolore" bereits 1984 und 2000 eingefahren. Dazu holten die Franzosen 2018 unter Langzeit-Teamchef Didier Deschamps und mit ihren Offensivstars Kylian Mbappe und Antoine Griezmann ihre zweite WM-Krone nach 1998.

Vor der Euro wird Österreich voraussichtlich noch gegen die Türkei, Serbien und die Schweiz Testspiele bestreiten. Offiziell bestätigen konnte der ÖFB diese Angaben aber noch nicht. Fix scheint zu sein, dass sich das Nationalteam im März einige Tage in Marbella vorbereitet und dann nach Österreich reist, wo entweder in Linz oder in Wien ein Testspiel gegen einen noch zu bestimmenden Kontrahenten steigt. Den Abschluss dieses Lehrgangs bildet dann die Partie gegen die Türkei in Wien, so Rangnick.

Déjà-vu für Frankreich und Niederlande

Frankreich und die Niederlande waren bereits in der EM-Qualifikation in derselben Gruppe. Die Franzosen setzten sich in beiden Duellen durch (4:0 und 2:1) und gewannen den Pool mit 22 von 24 möglichen Punkten souverän vor "Oranje" und Griechenland. Die Niederländer mussten unter Neo-Trainer Ronald Koeman vergleichsweise lange um die EM-Teilnahme zittern, gaben in der Quali letztlich aber nur gegen Frankreich Punkte ab.

Bei der WM 2022 in Katar war für die Niederländer im Viertelfinale erst im Elfmeterschießen gegen den späteren Weltmeister Argentinien Endstation. Nach dem Turnier folgte Koeman als "Bondscoach" auf Louis van Gaal. Unter dessen Vorgänger Frank de Boer setzten sich die Niederlande bei der pan-europäischen EM 2021 in der Gruppenphase in Amsterdam gegen die ÖFB-Auswahl durch, im Achtelfinale kam aber gegen Tschechien das Aus. Der Europameister von 1988 wird nun zum ersten Team, mit dem es Österreich bei einer Männer-EM zum zweiten Mal zu tun bekommt.

Machbares für Deutschland

EM-Gastgeber Deutschland hat bei der Auslosung eine dankbare Gruppe mit Schottland, Ungarn und der Schweiz erwischt. Titelverteidiger Italien landete in der kniffligen Gruppe B mit Spanien, Kroatien und Albanien.

England mit Jungstar Jude Bellingham spielt gegen Dänemark, Slowenien und Serbien. Österreichs Qualifikationsgruppen-Gegner Belgien hat es deutlich besser als die ÖFB-Equipe erwischt. Rumänien, Slowakei und ein Gegner aus dem Quartett Israel/Bosnien-Herzegowina/Ukraine/Island heißen die Kontrahenten. Portugals Kapitän Cristiano Ronaldo bekommt es bei seinem wohl letzten Großturnier in der Vorrunde mit der Türkei, Tschechien und dem Play-off-Sieger C (Georgien/Griechenland/Kasachstan/Luxemburg) zu tun.

Der deutsche Bundestrainer Julian Nagelsmann reagierte zufrieden auf die Arbeit der Glücksfeen. "Das ist keine Todesgruppe, aber es gibt keine wirklich schlechten Gegner", sagte Nagelsmann. "Das ist eine interessante Gruppe, in der wir uns natürlich durchsetzen wollen." DFB-Sportdirektor Rudi Völler wollte "ehrlich" sein. "Ich bin ehrlich: Natürlich gab es eine Konstellation in Topf 3 und 4 mit Holland und Italien, wenn du mit denen in die Gruppe kommst, ist das natürlich eine sogenannte Hammer- oder Todesgruppe, aber das ist uns erspart geblieben."

DFB-Coach Julian Nagelsmann mit dem Objekt der Begierde.
EPA/FILIP SINGER

Die Ausgangslage könnte für den Gastgeber auch eine trügerische sein. "Die Favoritenrolle hat sicher Deutschland, man muss nicht auf die Testspiele schauen", meinte etwa Schweiz-Trainer Murat Yakin. "Wir kennen es ja, dass Deutschland eine Turniermannschaft ist und dass sie sich sicher steigern wird." Völler betonte: "Wir sind nicht in der Situation, dass wir irgendwelche Gegner nicht respektieren oder auf die leichte Schulter nehmen. Diese Zeiten sind vorbei."

Von Losglück war Titelverteidiger Italien nach nur knapp geschaffter Direkt-Qualifikation weit entfernt. "Es hätte besser laufen können. Wir gehen mit Demut dorthin, weil wir wissen, dass wir jetzt schnell Fortschritte machen müssen", betonte Teamchef Luciano Spalletti angesichts der Kontrahenten Spanien (Weltmeister 2010), Kroatien (Vize-Weltmeister 2018) und Albanien. Man habe starke Gegner vor der Brust, "aber auch den Stolz, mit allen mithalten zu können".

Während der einstündigen Gala traten in dem Hamburger Konzerthaus Startenor Jonas Kaufmann und Stargeiger David Garrett auf, die Ziehung der Lose führten elf Akteure aus verschiedenen Europameister-Ländern durch. Dazu gehörten Ex-Granden wie Italiens ehemaliger Stargoalie Gianluigi Buffon, der Niederländer Wesley Sneijder, der Spanier David Silva oder Deutschlands Weltmeister Sami Khedira.

Störgeräusche im Saal

Zwischenzeitliche Störgeräusche schrieb sich später der englische Comedian Daniel Jarvis auf die Fahnen. Gäste im Saal hörten zunächst ein Geräusch wie ein Babyschreien, später klang es wie das Stöhnen einer Frau.

Im Play-off-Halbfinale (21. März) von Nations-League-Pfad A treffen im Frühling zuerst Polen und Estland bzw. Wales und Finnland aufeinander. Polen und Wales sind zu favorisieren. Im Play-off-Finale (26. März) hat der Sieger aus Wales gegen Finnland Heimrecht.

Bei der EM ziehen die beiden Topteams jeder Gruppe sowie die vier besten Gruppendritten ins Achtelfinale ein. Landen die Österreicher auf dem ersten oder zweiten Gruppenrang, spielen sie in der ersten K.o.-Runde gegen einen Zweiten aus Pool E (Belgien, Rumänien, Slowakei oder Play-off-Sieger) oder Pool F (Portugal, Türkei, Tschechien oder Play-off-Sieger).

Das Eröffnungsspiel am 14. Juni in München bestreiten Deutschland und Schottland. Das Finale steigt am 14. Juli in Berlin. (APA, red, 2.12.2023)

Die Gruppen
REUTERS/FABIAN BIMMER

Die Gruppen-Auslosung für die Fußball-EM der Männer von 14. Juni bis 14. Juli 2024 in Deutschland:

Gruppe A: Deutschland, Ungarn, Schottland, Schweiz

Gruppe B: Spanien, Albanien, Kroatien, Italien

Gruppe C: England, Dänemark, Slowenien, Serbien

Gruppe D: Frankreich, ÖSTERREICH, Niederlande, Play-off-Sieger A (Polen/Estland/Wales/ Finnland)

Gruppe E: Belgien, Rumänien, Slowakei, Play-off-Sieger B (Israel/Bosnien-Herzegowina/Ukraine/Island)

Gruppe F: Portugal, Türkei, Tschechien, Play-off-Sieger C (Georgien/Griechenland/Kasachstan/Luxemburg)