Giorgia Meloni in Italien, Geert Wilders in den Niederlanden oder die AfD in Deutschland: Europa rückt nach rechts. Dies haben die jüngsten Parlamentswahlen in zahlreichen EU-Ländern gezeigt. Auch bei der Wahl des Europaparlaments im Juni 2024 erhoffen sich die rechten Fraktionen im Europäischen Parlament starke Zuwächse.

Einer Umfrage von "Europe Elects" zufolge würde die Rechts-außen-Fraktion Identität und Demokratie (ID), der die AfD in Deutschland und Marine Le Pens Rassemblement National angehören, 87 Sitze erlangen (derzeit 64). Auch die Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), unter anderem mit der polnischen Rechtspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), würden ihre Sitze von 64 auf 82 erhöhen.

Othmar Karas im Gespräch
Die rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien sind neusten Umfragen zufolge stärker denn je. Othmar Karas verortet eine Ursache dafür in der politischen Mitte.
Josef Bertignoll

"Die Herausforderungen und Krisen sind mehr geworden. Dies hat die rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien gestärkt. Da diese in Krisen Schuldige suchen, anstatt Lösungen zu finden", sagt Othmar Karas (ÖVP), Vizepräsident des Europäischen Parlaments.

Eine weitere Ursache für das Erstarken der Rechts-außen-Parteien sieht Karas bei den Kräften der politischen Mitte selbst: "Wir haben leider in den Parteien der Mitte zu viele, die eher nach links und rechts blinken und sich die Instrumente der Populisten zu eigen machen, anstatt in der Mitte eine Mehrheit für Lösungen zu bilden." Nach Ansicht des EU-Parlamentariers brauche es eine konstruktive, geeinte Mitte, um den erstarkten Rändern – links und rechts – entgegenzuwirken.

Othmar Karas selbst kandidiert nicht mehr bei den kommenden Wahlen. Der Politik kehre er trotzdem nicht den Rücken, behauptet der 65-Jährige. "Ich werde mich überall dort einbringen, wo ich zu einer Änderung der politischen Kultur in Österreich einen Beitrag leisten kann." (Josef Bertignoll, 4.12.2023)