Polizeiabsperrung
Für beide Frauen wird die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum beantragt.
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Krems – Im Fall eines Zwölfjährigen, der von seiner Mutter im Waldviertel in eine Hundebox gesperrt und gepeinigt worden sein soll, wirft die Staatsanwaltschaft Krems der Frau versuchten Mord vor. Weitere Anklagepunkte sind Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen und Freiheitsentziehung. Einer mutmaßlichen Komplizin wird fortgesetzte Gewaltausübung angelastet. Zudem wird jeweils die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum beantragt.

Die Anklage wurde vor kurzem eingebracht, sie ist dem Sprecher des Landesgerichts Krems zufolge noch nicht rechtswirksam. Die Mutter bestreitet laut Verteidigerin Astrid Wagner den Vorwurf des versuchten Mordes. Die Mitangeklagte wird sich nicht schuldig bekennen, sagte ihr Rechtsanwalt Sascha Flatz am Montag auf APA-Anfrage. Ein Prozesstermin steht noch nicht fest.

Die beiden Frauen befinden sich derzeit in einem forensisch-therapeutischen Zentrum. Die Mutter soll die Tat "unter dem Einfluss einer sich bei ihr entwickelnden schweren Geisteskrankheit begangen" haben, bei ihrer Komplizin lägen "hoch pathologische" Tendenzen vor, wie auch die "Krone" am Wochenende berichtete. Laut dem psychiatrischen Gutachten sind beide Frauen zurechnungsfähig, aber gefährlich. Weitere Taten seien zu befürchten. Die Staatsanwaltschaft beantragt daher zusätzlich zur Strafe eine Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum nach Paragraf 21, Absatz 2 Strafgesetzbuch.

Der Mutter droht im Fall einer Verurteilung wegen versuchten Mordes bis zu lebenslange Haft. Die Strafdrohung für die Mitangeklagte wegen fortgesetzter Gewaltausübung als Beitrags- oder Bestimmungstäterin beträgt bis zu zehn Jahre.

Mutmaßliche Komplizin soll Anweisungen zur Bestrafung gegeben haben

Die 32-Jährige soll ihren Sohn monatelang bis November 2022 unter anderem geschlagen, gefesselt, geknebelt und ihn wiederholt über Stunden in eine Hundebox eingesperrt haben. Zudem soll sie das Kind hungern lassen haben. Trotz seines akut lebensbedrohenden Zustands soll die Frau keine medizinische Hilfe geholt haben. Der Bub hatte am 23. November 2022 nur mehr eine Körpertemperatur von 26,8 Grad und lag im Koma. Eine Sozialarbeiterin soll die Rettung gerufen haben. Das Kind wurde in ein Krankenhaus gebracht. Der Gesundheitszustand verbesserte sich später.

Die Mutter wurde im Herbst 2022 festgenommen, Anfang März klickten dann für die 40-jährige mögliche Komplizin die Handschellen. Die Frau soll der 32-Jährigen Anweisungen zur Bestrafung des Kindes gegeben haben. Erhebungen gegen einen Polizisten – laut Medienberichten soll es sich um den Ex-Partner der 40-Jährigen handeln – wurden eingestellt. Im Raum stand, dass er die Frau bei der Verschleierung ihrer Taten unterstützt haben könnte.

Nach Bekanntwerden des Falles wurde Kritik an Behörden laut. Seitens der Kinder- und Jugendhilfe wurde betont, dass eine sofortige Prüfung der internen Abläufe ergeben habe, dass "alle Vorgaben eingehalten wurden". Eine sechsköpfige Expertengruppe hat im August ihre Arbeit aufgenommen. Die unabhängige Kommission soll laut der niederösterreichischen Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) Rechtsvorschriften, Prozesse und Schnittstellen überprüfen sowie etwaige Verbesserungsvorschläge machen. Ein Abschlussbericht wird für Jänner 2024 erwartet. (APA, 4.12.2023)