Die gute Nachricht zuerst: Seit vor acht Jahren das Pariser Klimaabkommen verabschiedet wurde, hat sich im globalen Klimaschutz einiges getan. Das zeigt der Climate Action Tracker (CAT), der von den Thinktanks Climate Analytics und New Climate Institute herausgegeben wird. 2015 prognostizierte der Bericht noch einen Temperaturanstieg von 3,6 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts, wenn die damalige Klimapolitik einfach fortgeführt worden wäre. Mit der heutigen Klimapolitik würde die Temperatur um 2,7 Grad steigen, heißt es in dem Bericht, den CAT am Dienstag veröffentlicht hat.

2023 war wahrscheinlich das wärmste Jahr seit Messbeginn. Ohne mehr Klimaschutz wird es noch heißer werden – nämlich im Durchschnitt um 2,7 Grad bis 2100.
REUTERS/AMR ALFIKY

Sollten alle angekündigten Ziele und Versprechen umgesetzt würden, würde die Temperatur sogar nur um 2,1 Grad steigen. Die schlechte Nachricht lautet, dass auch das zu viel ist – und die Ambitionen der Staaten in Sachen Klimaschutz in letzter Zeit nachgelassen haben. So wurde die Prognose im Vergleich zum Vorjahr um 0,1 Grad angehoben, da die Emissionen im Jahr 2030 wohl höher ausfallen werden, heißt es in dem Bericht.

Klimaziele nicht verbessert

"Zwei Jahre nach Glasgow ist unser Bericht praktisch derselbe", sagt Clair Stockwell von Climate Analytics, Hauptautorin des Berichts. Bei der Weltklimakonferenz in Glasgow 2021 hatten die Staaten versprochen, ihre Nationalen Klimapläne (NDCs), die sie bei der UN einreichen müssen, bis 2022 nachzubessern. Allerdings haben bisher nur 38 Staaten sowie die EU neue NDCs eingereicht – und nicht alle der vorgelegten Ziele sind wirklich strenger.

Dass die Temperaturprognose nun um 0,1 Grad erhöht wurde, liegt laut CAT vor allem an einigen wenigen Entwicklungen in jüngster Zeit. In Indonesien sind die CO2-Emissionen im vergangenen Jahr geradezu explodiert. Da das südostasiatische Land massiv auf Energie aus Kohle setzt, wurden im Jahr 2022 dort um mehr als 20 Prozent mehr Treibhausgase in die Atmosphäre entlassen.

Wenig Ambition im Nahen Osten

Auch im Iran seien die Emissionen wegen des schnelleren Wachstums gestiegen – Klimaschutz hat aufgrund der lange Zeit schwierigen wirtschaftlichen Lage dort keine Priorität. Der Iran ist einer der wenigen Staaten, die das Pariser Klimaabkommen bisher nicht ratifiziert haben.

Auch Saudi-Arabien unternimmt wider seine Ankündigungen zu wenig, um seine Wirtschaft zu dekarbonisieren. Die staatliche Ölgesellschaft plant etwa, die Produktion in den kommenden Jahren deutlich zu erhöhen. Auf der Klimakonferenz stellt sich das Land wie die Vereinigten Arabischen Emirate und Russland gegen einen Ausstieg aus fossilen Energien. Leaks im Vorfeld des Gipfels hatten enthüllt, dass Saudi-Arabien neue Abhängigkeiten für sein Öl in Afrika und Asien schaffen will.

Fischer vor dem Suralaya-Kohlekraftwerk im indonesischen Cilegon: Indonesien setzt voll auf fossile Brennstoffe.
AFP/RONALD SIAGIAN

Noch kein Staat im grünen Bereich

In China sollen die Emissionen 2025 ihren Höhepunkt erreichen, fünf Jahre früher, als der Staat es sich selbst verordnet hat. Dennoch sei die aktuelle Politik nicht ambitioniert genug, merkt CAT an. Trotz eines Rekordausbaus erneuerbarer Energien setzt China weiterhin auf fossile Energie, die dort als Garant für Sicherheit und Stabilität angesehen wird. Chinas Abhängigkeit von fossilen Energieträgern sei aber der "wichtigste Einzelfaktor für den Anstieg der weltweiten Emissionen", heißt es in dem Bericht von Climate Action Tracker.

Mexiko zählt zwar zu den Ländern, die bis Ende 2022 neue Klimaziele bei der UN eingereicht haben – allerdings ist der neue Klimaplan eine Verschlechterung gegenüber dem alten. Dieses Vorgehen ist nach den UN-Regeln eigentlich nicht erlaubt. Das ursprüngliche Ziel Mexikos, den Höhepunkt der Treibhausgasemissionen im Jahr 2026 zu erreichen, findet sich im neuen Papier nicht mehr. Auch fossile Energie wird in Mexiko weiter subventioniert, ebenso wird neue fossile Infrastruktur wie Ölraffinerien gebaut.

Neben dem prognostizierten Temperaturanstieg berechnen die Institute auch, ob die Staaten mit ihrer aktuellen Klimapolitik mit dem 1,5-Grad-Ziel kompatibel sind. Derzeit erhält keines der analysierten Länder die Bestnote. Die zweitbeste Wertung "beinahe ausreichend" bekommen unter anderen Norwegen, Bhutan, Nepal und Marroko.

Berechnet wird die Bewertung auf Basis eines "fairen Anteils" jedes Landes, basierend auf seiner historischen Verantwortung und den wirtschaftlichen Möglichkeiten. Das entspricht auch dem UN-Prinzip der "gemeinsanem, aber differenzierten Verantwortung", wonach Industriestaaten eine Führungsrolle in der Bekämpfung des Klimawandels übernehmen sollten. (pp, 6.12.2023)