Es ist zum Glück ziemlich lange her, dass ein größerer Asteroid die Erde traf. Blicken wir eine Millionen Jahre zurück auf die Geschichte unseres Planeten, dann gab es in diesem Zeitraum zwei wirklich große Treffer. Während die Wissenschaft vom ersten zwar den genauen Ort kennt, aber nicht das genaue Datum, war der Einschlagsort des zweiten Asteroiden, der vor ziemlich genau 789.000 Jahren Spuren in weiten Teilen Asiens und Australiens hinterließ, bis vor kurzem ein Rätsel.

Asteroid Impact
Ein Asteroid auf dem Weg zur Erde. Einer der größten Brocken, der uns in "jüngerer" Zeit erreichte, ging in Südostasien nieder.
Getty Images/iStockphoto

Nun legt aber ein Forscherteam um Kerry Sieh (Technische Universität Nanyang in Singapur) weitere Hinweise zur Lokalisierung des Einschlagkraters vor. Wie das Team um den US-Geologen und Seismologen im Fachblatt "PNAS" schreibt, dürfte der Asteroid in Laos in Südostasien niedergegangen sein. Da diese Region auch vulkanisches Gebiet war und heute von dichtem Regenwald überwachsen ist, sei der Krater viele Jahrzehnte lang unentdeckt geblieben.

Riesiges Streufeld in Südostasien

Anders ist das mit dem etwas älteren Krater von Schamanschyng, der in Kasachstan liegt, sich vor rund 900.000 (+/– 100.000 Jahre) gebildet hat und dessen Durchmesser rund 13 Kilometer beträgt. Die Forschung geht davon aus, dass dieser Einschlag in etwa die Auswirkungen eines nuklearen Winters gehabt haben könnte, aber nicht groß genug war, um ein Massenaussterben zu verursachen. Vermutlich noch etwas größer war der Asteroid, der vor 789.000 Jahren für das sogenannte australasiatische Streufeld sorgte, das größte unter den fünf bekannten Streufeldern.

Damit wird eine Gegend bezeichnet, in der sich schwarze glasartige Gesteine dieses Alters finden. Diese sogenannten Tektite gehen auf den gewaltigen Einschlag zurück und sind damals entstanden. Diese Gesteinsreste in Asien und Australien bilden zusammengenommen den größten Trümmerhaufen eines außerirdischen Einschlags. Spuren davon sind sogar auf Madagaskar und in der Antarktis zu finden.

australasiatisches Streufeld
Die Ausdehnung des australasiatischen Streufelds, das vier Kontinente (Asien, Australien, Antarktis und Afrika) umfasst.
syncmedia / gemeinfrei

Der konkrete Ort des Kraters scheint aber wie vom Erdboden verschluckt. Seit mittlerweile einigen Jahren und aufgrund der Forschungen von Kerry Sieh gilt allerdings das Bolaven-Plateau im Süden von Laos als ein heißer Kandidat. Dieser Einschlagsort blieb laut Sieh aus mehreren Gründen unentdeckt: Laos gilt als eines der isoliertesten Länder der Welt, und die Region ist von dichtem Regenwald bedeckt. Zudem ist der Einschlagsort auch noch von einem großen, jungen Vulkanfeld überlagert. Und schließlich haben Munition und Minen, die nach den Kriegen in der Region zurückgelassen wurden, die wissenschaftliche Feldarbeit jahrzehntelang erheblich behindert.

Kerry Siehs Interesse an der Sache geht auf einen Vietnam-Urlaub 2011 zurück, als er in einem Geschäft zufällig Tektite sah und sofort vom Rätsel ihrer Herkunft fasziniert war. Bei genauen Analysen eines Gesteinsvorkommens in Vietnam, das bereits 1983 entdeckt worden war, fanden Sieh und sein Team unter der Tektitschicht kiesel- bis blockgroße Gesteine, den sogenannten Bolaven-Diamikton, der auf den Einschlagsort – eben: das Bolaven-Plateau – hinwies.

Laos, Tektite
Auswurfschotter in einem Aufschluss etwa 60 Kilometer westnordwestlich der Einschlagstelle in Laos, von wo aus Tektite über vier Kontinente verteilt wurden.
Kerry Sieh

Die Forscher gingen davon aus, dass dieses Sediment durch alten Sandstein und basaltische Lava gebildet wurde, die durch die Wucht des Einschlags aufgebrochen und durch die Luft geschleudert wurden. Bereits Ende 2019 präsentierte Sieh mit seinem Team im Fachblatt "PNAS" gesammelte geochemische, geophysikalische und geochronologische Hinweise, dass der Krater mit einem vermutlichen Durchmesser von rund 15 Kilometern unter dem Vulkanfeld in Südlaos liegt.

Nun hat er mit Kolleginnen und Kollegen noch einmal nachgelegt: In der neuen Studie, die Anfang Dezember ebenfalls in "PNAS" erschien, verwendeten die Forschenden gleich fünf verschiedene Datensätze, die ihrer Meinung nach alle auf denselben Ort hinweisen.

Laos, Impakt
Der mögliche Einschlagsort im Bolaven-Vulkanfeld in Südostasien und die Stellen, an denen die neuen Gesteinsproben genommen wurden.
Sieh et al., PNAS 2023

Obwohl rund 790.000 Jahre alte Tektite Tausende von Kilometern entfernt gefunden werden, sind sie am häufigsten im oberen Teil des Diamiktons zu finden oder ruhen über ihm. Darüber hinaus werden im größten Teil der Region zwei Arten von Tektiten mit entsprechendem Alter in ähnlicher Anzahl gefunden. In einem Umkreis von 200 Kilometern um den vorgeschlagenen Standort dominieren jedoch Tektite des Typs MN, was auf eine Besonderheit dieser Standorte und die unmittelbare Nähe zum Einschlagskrater hinweist.

Heftige Kritik an der Arbeit

Wenig überzeugt von den Arbeiten und Thesen Siehs zeigt sich der österreichische Impakt-Experte Christian Köberl (Universität Wien und Ex-Direktor des Naturhistorischen Museums Wien), der sich in zahllosen Publikationen mit Tektiten befasst hat und einer der führenden Fachleute für diese besonderen Gesteinsart ist. Sedimentproben und Schotterauswürfe, wie sie Sieh vorlegt, beweisen laut Köberl gar nichts. Weder ein Krater noch irgendwelche Gesteine, die Evidenz für die Existenz eines Impakttkraters zeigen, seien gefunden und vorgelegt worden.

Doch ohne das Vorhandensein von klaren Charakterstika in Form von geschockten Mineralien werde kein Kraters als Impaktkrater anerkannt – "zumindest nicht von seriösen Wissenschaftern". Köberl hält die Publikation entsprechend "für sehr, sehr schwach und eine sehr dünne Suppe". Nicht alles was irgendwo lautstark behauptet werde, sei auch gute Wissenschaft. Für Köberl und viele seiner Kolleginnen und Kollegen geht die Suche nach dem Impaktkrater folglich weiter.

Archäologische Funde weisen übrigens daraufhin, dass während und nach dem Einschlag eine Population von Homo erectus in der Region gelebt hat. Womöglich haben diese Frühmenschen sogar vom Einschlag – wo auch immer er genau gewesen sei – profitiert: Nach dem Einschlag und dem Feuersturm dürften den archäologischen Überresten zu schließen Wälder abgebrannt sein, was wiederum den Zugang zu Orten erleichterte, wo Steine zur Werkzeugherstellung waren. (tasch, 8.12.2023)

Anm. der Red.: Der Text wurde am 13.12.2023 um die Kritik von Christian Köberl ergänzt.