Karin Kneissl beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg im Juni.
Karin Kneissl beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg im Juni.
IMAGO/ITAR-TASS

St. Petersburg – Nachdem sie zuletzt wiederholt im russischen Staatsfernsehen aufgetreten war, stellte sich Österreichs Ex-Außenministerin Karin Kneissl in St. Petersburg nun auch kritischen Fragen von BBC-Korrespondent Steve Rosenberg. Kneissl positionierte sich im am Donnerstag veröffentlichten Interview dabei als Riesenfan von Wladimir Putin, lobte die akademische Freiheit an der Petersburger Uni und betonte, dass in ihrem Umfeld bisher niemand von politischen Repressionen betroffen sei.

"Er (Putin, Anm.) ist der intelligenteste Gentleman, mit Betonung auf Gentleman, und ich habe einige getroffen", erklärte Kneissl. Sie verglich den russischen Präsidenten mit dem Idealbild eines "perfekten Gentleman", das die britische Schriftstellerin Jane Austen in ihrem Roman "Stolz und Vorurteil" im frühen 19. Jahrhundert gezeichnet hatte. Am Freitag gab Putin seine Kandidatur im kommenden Jahr für eine weitere Amtszeit bis 2030 bekannt.

Den Einwand des Journalisten, dass die von Putin angeordnete Invasion der Ukraine sowie eine Repressionswelle im Land kaum als Verhalten eines Gentleman à la Austen gelten dürften, quittierte die Ex-Politikerin mit einem Verweis auf die britischen Premierminister Tony Blair und David Cameron. Diese seien ebenso in militärische Handlungen etwa in Libyen und Syrien involviert gewesen. Eine explizite Verurteilung des russischen Aggressionskrieges gegen die Ukraine verweigerte sie.

Zur Hochzeit in der Südsteiermark schläft ihr Hund ein

Konfrontiert mit dem Fall der jungen Petersburgerin Sascha Skolitschenko, die für das Hinterlassen von Preisezetteln mit Antikriegsslogans in einem Supermarkt vor wenigen Wochen zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden war, betonte die Österreicherin keinen Zusammenhang dieser Causa mit ihr selbst zu erkennen. "Einstweilen habe ich in meiner unmittelbaren Umgebung keine Art von Repression gesehen und ich kann hier mit einer Qualität von akademischer Freiheit arbeiten, die ich bei meiner damaligen Lehrtätigkeit innerhalb der Europäischen Union zu vermissen begann", erklärte sie.

Kneissl gestand gleichzeitig, dass sie selbst die Bezeichnung des nunmehr von ihr geleiteten Thinktanks an der Staatlichen Universität von St. Petersburg, "Geopolitical Observatory for Russia's Key Issues" alias GORKI, im Frühjahr 2023 erfunden habe.

Nichts wollte Kneissl zu ihrer Hochzeit im südsteirischen Gamlitz 2018 und ihrer damaligen Tanzeinlage mit dem Hochzeitsgast Putin sagen. "Ich habe andere Dinge davor und danach gemacht. Das ist sehr langweilig", erklärte sie und bekam dabei Unterstützung von ihrem beim Interview anwesenden Hund namens Winston Churchill. Dieser war fast gleichzeitig mit der Hochzeitsfrage des BBC-Korrespondenten eingeschlafen. Er schnarche, weil er das Thema kenne und er nicht daran interessiert sei, verblüffte Kneissl ihren Interviewer.

Absolut kein Verständnis zeigte die Ex-Ministerin indes zu Spekulationen von manchen Personen in Österreich, dass es sich bei ihr um eine russische Spionin handeln könnte. "Das ist bloß eine schmutzige Fantasie", sagte sie. (APA, red, 8.12.2023)