Wer sich die Smartphone-Verkaufscharts aus Amazon ansieht, der sieht das Jahr über eine ziemlich konstante Entwicklung. Die vorderen Plätze haben praktisch Mittelklasse-Handys von Samsung und Apples iPhones abonniert. Erst auf den zweistelligen Plätzen reihen sich langsam Geräte anderer Hersteller ein.

Das änderte sich im November. In der Black Friday-Woche kletterte auf einmal ein Smartphone von Motorola ganz nach oben, angetrieben von einem Preisnachlass von 200 auf 170 Euro. Nämlich das Moto G54. Mittlerweile ist zwar an der Spitze wieder alles beim Alten, das Gerät hält sich aber immer noch stabil in den Top 20. Grund genug, mal wieder einen Testausflug in die Budgetklasse zu machen.

Die Moto G-Reihe ist ohnehin ein interessanter Fall. Denn sie war lange das Postergirl für Smartphones der (unteren) Mittelklasse mit sehr gutem Preis-/Leistungsverhältnis. Ins Leben gerufen wurde sie 2013, als Motorola Mobility noch zu Google gehörte, das die Handysparte des US-Herstellers 2012 um 12,5 Milliarden Dollar übernommen hatte. 2014 verkaufte man sie für nur noch 2,9 Milliarden Dollar an den chinesischen Konzern Lenovo weiter, dem sie bis heute gehört.

Foto des Smartphones Motorola Moto G54
DER STANDARD/Pichler

Basics

Die Moto G-Reihe wurde seitdem in verschiedene Leistungsklassen aufgeteilt, die G50-Varianten sitzen dabei ziemlich in der Mitte. Es bringt als Chip einen Mediatek Dimensity 7020 mit, der mit 8 oder 12 GB RAM gekoppelt ist. Dazu gibt es beim Onboardspeicher die Wahl zwischen 128 und 256 GB. Getestet wurde das Modell mit 256 GB an Kapazität und 8 GB RAM.

Das Gehäuse bringt Maße von 161,6 x 73,8 x 8,9 mm mit, das Gewicht des Handys liegt bei 192 Gramm. Die Rückseite besteht aus Kunststoff mit einer dünnen Schicht Kunstleder. Die ästhetischen Qualitäten dieser Wahl möge jeder selbst beurteilen, sie führt aber jedenfalls dazu, dass sie unempfindlich gegenüber Fingerabdrücken ist und sich das Handy halten lässt, ohne leicht aus der Hand zu rutschen.

Der Rahmen ist kantig gehalten und metallisch. Die Tasten sind recht hoch gelegen. Die Ein/Aus-Taste, in der auch der recht zuverlässige Fingerabdruckscanner sitzt, lässt sich noch halbwegs erreichen, nicht aber die darüber sitzenden Lautstärketasten. Ergonomisch ist das Handy insgesamt "okay". Eine IP-Zertifizierung hinsichtlich Wasser- und Staubschutz wird nicht angegeben. Das offizielle Wording lautet "wasserabweisendes Design", womit das Handy zumindest vor Regen geschützt sein sollte.

Foto des Smartphones Motorola Moto G54
DER STANDARD/Pichler

Die mittelmäßige Handlichkeit ergibt sich auch daraus, dass um das 6,5-Zoll-Display ein im Vergleich zu Flaggschiffen recht dicker Rahmen prangt. Am Bildschirm selbst gibt es wenig auszusetzen. Es handelt sich um ein IPS-LC-Panel mit einer Auflösung von 2.400 x 1.080 Pixel. Es beherrscht Bildwiedergabe mit bis zu 120 Hertz, was in dieser Preisklasse nicht selbstverständlich ist.

In Sachen Farben und Kontrasten kann es natürlich nicht mit OLED-Bildschirmen mithalten. Die Darstellung sieht dennoch gut aus und auch die Helligkeit reicht, um bei direktem Sonnenlicht noch Inhalte erkennen zu können.

Performance und System

Die weitere technische Ausstattung ist großteils State-of-the-Art. Das Moto G54 beherrscht 5G und LTE sowie Bluetooth 5.3, unterstützt aber nur Wifi 5 (802.11ac). Es gibt einen nanoSIM-Slot und im gleichen Einschub auch Platz für Speichererweiterung mit einer microSD-Karte. Zudem lässt sich auch eine eSIM einrichten, was DualSIM-Betrieb erlaubt. Zur Stromversorgung und Datenübertragung per Kabel gibt es einen USB-C-Port, der allerdings nur USB 2.0-Geschwindigkeiten untersützt. Wer "klassische" Kopfhörer bevorzugt, darf sich außerdem über einen 3,5mm-Klinkenanschluss freuen.

In 3D-Grafik- und CPU-Benchmarks (Geekbench, 3D Mark Sling Shot Extreme) bestätigt sich die Einordnung in die untere Mittelklasse. Hier rangiert das Handy in etwa auf dem Niveau des Redmi Note 12 von Xiaomi und vergleichbaren Modellen.

In der praktischen Verwendung lässt sich dies auch nachvollziehen. Die Systemoberfläche läuft angenehm flüssig, solange man nicht daneben Multitasking mit fordernden Apps betreibt. Casual Games mit weniger anspruchsvoller Grafik, etwa "Pokémon Go", laufen ohne Probleme auf dem Handy. Bei "Diablo Immortal" sind automatisch niedrige Grafikdetails voreingestellt.

Foto des Smartphones Motorola Moto G54
DER STANDARD/Pichler

Wer die Auflösung erhöht und andere Effekte und Details hochschraubt, wird bereits bei mittlerer Detailstufe immer wieder Ruckler und Eingabeverzögerungen in bestimmten Situationen – insbesondere Kämpfen – bemerken. Dann läuft das Handy rückseitig auch spürbar warm, ohne aber unangenehm heiß zu werden. Ein Gamingphone ist das G54 wahrlich nicht, die Performance ist für seine Preisklasse aber ordentlich.

Auf dem Handy ist Android 13 vorinstalliert. Das wurde grafisch spürbar angepasst, ohne aber die Bedienlogik des Systems zu verändern. Im Prinzip ist es "Vanilla Android" mit etwas anderer Farbgebung, neuer Schriftart und einzelnen Zusatzfunktionen wie einem Spielemodus. Bei der Bloatware ist man auch sparsam. Abseits der Google Suite und ein paar eigener Apps, darunter eine Art Sicherheitscenter und Elternfunktionen, ist als Drittsoftware nur der Opera-Browser vorinstalliert.

Was die Updateversorgung angeht, gibt sich Motorola eher sparsam. Das Moto G54 wird auf Android 14 hochgezogen werden, darüber hinaus werden keine Versionsupdates versprochen. Sicherheitspatches und Fehlerbehebungen will der Hersteller drei Jahre lang liefern. Einen ersten Fauxpas hat man sich hier bereits schon geleistet, aber dazu gleich mehr.

Kamera

Am Papier liefert das Smartphone eine angemessene Kamera-Ausstattung. Auf der Rückseite findet man eine Dualkamera, die auf ein Weitwinkelmodul mit 50 Megapixel setzt und auch – in diesem Segment nicht selbstverständlich – optische Bildstabilisierung mitbringt. Ergänzt wird dies mit einer 2-MP-Kamera, die technisch gesehen mit Ultraweitwinkel-Optik ausgestattet ist.

Handyfotografie am Level aktueller iPhones oder anderer Flaggschiffe darf man sich nicht erwarten, aber zumindest unter Tageslicht liefert die Weitwinkelkamera absolut herzeigbare Resultate. Die Farbabbildung ist realistisch und die Lichtempfindlichkeit gut genug, um auch unter erschwerten Winterbedingungen zu überzeugen.

Allzu großen Detailreichtum weisen die Fotos aber auch bei guten Bedingungen nicht auf. Gerade feinere Texturen und kleinere Strukturen im Hintergrund werden ganz gern "glattgebügelt". Ein Effekt, der sich durch die etwas übertriebene Nachschärfung seitens der vorinstallierten Kamera-App verstärkt.

Foto des Smartphones Motorola Moto G54
DER STANDARD/Pichler

Mit abendlichen Bedingungen und Kunstlicht kommt die Kamera ebenfalls verhältnismäßig gut zurande, sobald es aber sichtlich dunkel wird, verlängern sich die Zeit, die für Fokussierung und Aufnahme nötig sind. Hier zeigt sich die Stärke optischer Bildstabilisierung daran, dass Bilder dennoch recht scharf gelingen, auch wenn die Farbdarstellung sichtlich blasser wird und wesentlich mehr Details verloren gehen. Unter den Kamerafeatures findet sich auch ein Nachtmodus. Der sorgt für Ergebnisse, die für ein 200-Euro-Handy wirklich gelungen sind.

Die Ultraweitkamera enttäuscht hingegen. Sie ist ausschließlich als Makrokamera gedacht, was sich aufgrund des fixen Fokus auch mit den "Pro"-Einstellungen der Kamera-App nicht ändern lässt. Aber auch Nahaufnahmen unter optimalem Abstand überzeugen nicht wirklich. Der Sensor ist merkbar lichtschwächer als der Weitwinkel und sorgt für noch mehr ausradierte Details. Was gerade bei Makros, die ja dazu dienen sollen, kleine Motive besser sichtbar machen zu können, ziemlich kontraproduktiv ist.

Bei der Frontkamera kommt ein Weitwinkel mit 16-MP-Sensor zum Einsatz. Unter Tageslicht gelingen Fotos mit ordentlicher Qualität und bei der Unterscheidung zwischen Vorder- und Hintergrund zwecks künstlichem Bokeh leistet die Software zuverlässige Arbeit. Aber auch hier merkt man im Vergleich mit deutlich teureren Smartphones einen gewissen Mangel an Details und sieht ebenfalls Effekte übertriebener Nachschärfung.

Nerviger Zoom-Bug

Wer den digitalen Zoom der Hauptkamera – optische Vergrößerung wird nicht geboten - nutzen möchte -, steht allerdings vor einem Problem. Denn die Kamera wird hier von einem Fehler geplagt, der dazu führt, dass bei Nutzung des Zooms – egal ob nur 1,1-fach oder 5-fach – der Autofokus aussetzt. Scharfe Aufnahmen mit Vergrößerung sind – Stand: 8. Dezember – nur über manuelle Fokuseinstellung im Pro-Modus möglich.

Das ist nicht nur ärgerlich, sondern wirft auch kein gutes Licht auf Motorolas Update-Abteilung. Der Fehler ist nämlich seit mindestens anderthalb Monaten bekannt und wurde noch nicht behoben. Das letzte Update für das Handy wurde Anfang Oktober ausgeliefert, zumindest mit dem dazugehörigen Sicherheitspatch. Angesichts dessen wirkt die Infoseite, die im Systemmenü über die Wichtigkeit von Softwareupdates informiert, fast ein wenig wie Hohn.

Foto des Smartphones Motorola Moto G54
DER STANDARD/Pichler

Akustik und Akku

Womit noch ein Blick auf Akustik und Akkulaufzeit übrig bleibt. Das Moto G54 bietet Stereolautsprecher, die für ein Smartphone weder spektakulär, noch besonders schlecht klingen. Solange man die Lautstärke nicht an den Anschlag dreht, ist der Klang brauchbar, wenn auch erwartungsgemäß bassarm.

Keine Blöße gibt sich Motorola hingegen bei der Sprachqualität bei Anrufen. Die fällt nämlich sehr gut aus. Es gibt zwar leichte Verzerrungen und Rauschen, das Gegenüber ist aber dennoch immer sehr klar verständlich. Auch man selbst ist deutlich zu verstehen, wobei die Geräuschunterdrückung recht gut funktioniert. Selbst im Freihandmodus bei lauterer Hintergrundmusik gibt es keine nennenswerten Kommunikationsprobleme.

Bei der Akkulaufzeit muss man sich keine Sorgen machen, über den Tag zu kommen. Das Smartphone bietet hier nämlich eine Nennkapazität von 5.000 mAh. In Verbindung mit dem niedrigen Leistungslimit und Stromverbrauch des Dimensity 7020 ergibt sich dadurch eine lange Laufzeit.

Selbst bei Minusgraden im Winter, die eine schnellere Entladung begünstigen, hat man auch als Poweruser genug Reserven. Wer sich nicht länger in der Kälte aufhält oder das Telefon nicht ständig zur Hand nimmt, sollte gut und gerne 2 Tage Betrieb schaffen, ohne Aufladen zu müssen. Und dank Unterstützung für Schnellladen mit bis zu 15 Watt Leistung lässt sich binnen 15 Minuten genug Energie für geschätzt zwei bis drei weitere Stunden nachtanken. Wireless Charging ist übrigens nicht an Bord.

Foto des Smartphones Motorola Moto G54
DER STANDARD/Pichler

Fazit

Es gibt vieles, was man am Moto G54 mögen kann. Die Performance ist für seine Leistungsklasse gut, das Display ebenfalls und akustisch macht es auch eine gute Figur. Selbst die 50-MP-Hauptkamera ist für ein 200-Euro-Handy absolut in Ordnung, einzig die Makrokamera entpuppt sich als unnötiges Gimmick. Und die vorinstallierte Android-Version hält die Veränderungen im Vergleich zu Vanilla-Android zumindest im Rahmen und fiel im Test nicht mit unnötigen Zusätzen auf

Daher ist es bedauerlich, dass in Sachen Softwaresupport nicht viel zu erwarten ist. 3 Jahre Sicherheitsupdates und ein Android-Versionssprung ist zwar für Motorola, das vor nicht allzu langer Zeit selbst bei Spitzenmodellen nach zwei Jahren die Unterstützung einstellte, ein Fortschritt, doch die Umsetzung soweit enttäuscht.

Es handelt sich jedenfalls um längere Updateintervalle und auch zur Behebung nerviger Fehler – wie dem beim Zoomen dysfunktionalen Autofokus – geht man davon nicht ab. Als Kunde darf man hier doch mehr Dringlichkeit erwarten.

Freilich muss man fair sein und erwähnen, dass auch andere Hersteller bei Smartphones in dieser Preisklasse meist nicht mehr als 3 Jahre Sicherheitsupdates einräumen. Das macht allerdings Motorolas Handhabe nicht besser, sondern zeigt einen branchenweiten Missstand auf. Wer ein Handy will, das vom Hersteller länger versorgt wird, muss zwangsweise erheblich mehr Geld ausgeben. Und das ist gerade bei Geräten wie dem Moto G54, das rein aus technischer Perspektive in Sachen Preis-/Leistung eine Empfehlung verdient, doppelt schade. (gpi, 9.12.2023)

Update, 15:25 Uhr: Folgende Angaben wurden nachträglich aufgrund von Datenblattabweichungen korrigiert. Die Kapazität des Akkus ist mit 5.000 mAh angegeben, die Schnellladefunktion unterstützt 15 Watt Ladeleistung. Die Makrokamera operiert mit 2 MP.

Testfotos

Tageslicht
DER STANDARD/Pichler
Tageslicht
DER STANDARD/Pichler
2x-Zoom (Autofokus-Bug)
DER STANDARD/Pichler
2x-Zoom (manuelle Fokuseinstellung im Pro-Modus)
DER STANDARD/Pichler
Tageslicht
DER STANDARD/Pichler
Makrokamera
DER STANDARD/Pichler
Tageslicht
DER STANDARD/Pichler
Tageslicht
DER STANDARD/Pichler
Kunstlicht
DER STANDARD/Pichler
Frontkamera, Tageslicht
DER STANDARD/Pichler
Abendfoto
DER STANDARD/Pichler
Nachtmodus
DER STANDARD/Pichler
Nachtmodus
DER STANDARD/Pichler