Um den Gefrierpunkt lagen die Temperaturen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew am Montagvormittag. Und auch in den kommenden Tagen verheißt die Wettervorhersage oftmals Frost. Die ukrainische Energieinfrastruktur, die noch von den russischen Luftangriffen im vergangenen Winter beschädigt ist, befindet sich nun abermals im Fadenkreuz von Moskaus strategischen Bombern.

In einem Randbezirk von Kiew wurde das Haus dieses Mannes zerstört.
REUTERS/VALENTYN OGIRENKO

Auch heuer wieder will Russland die ukrainische Zivilbevölkerung mit gezielten Angriffen auf Kraft- und Umspannwerke demoralisieren – gerade dann, wenn der Verbrauch aufgrund der Kälte und der Dunkelheit besonders hoch ist. Erstmals seit September wurden vergangene Woche wieder das Strom- und Gasnetz der Ukraine angegriffen, das britische Verteidigungsministerium ortete dahinter am Sonntag den Start der russischen Winteroffensive.

Langstreckenraketen abgefangen

"Russland hat diese Raketen ziemlich sicher gehortet, um sie jetzt in seiner Winterkampagne einzusetzen", heißt es vom britischen Verteidigungsministerium. In der Nacht auf Montag bekam die Kiewer Bevölkerung einen Vorgeschmack darauf, was in diesem Winter noch folgen könnte. Acht Langstreckenraketen mit Kurs auf die Hauptstadt wurden gegen vier Uhr in der Früh zwar abgefangen, herabstürzende Teile und Glassplitter verletzten aber vier Menschen im südöstlichen Bezirk Darnitskyj.

Die mit westlicher Hilfe errichtete Flugabwehr rund um Kiew vermag diese Art der Geschosse aber weit schwieriger zu erkennen als etwa die langsamer fliegenden iranischen Shahed-Drohnen, die Russland für gewöhnlich für derartige Angriffe einsetzt. Im Süden der Ukraine meldete die Luftwaffe den Abschuss von 18 solchen Drohnen, Russland kommentierte dies bisher nicht.

Neue Offensive im Osten

Aus der seit 2014 umkämpften ukrainischen Bastion Awdijiwka im Osten des Donbass berichtet die ukrainische Armee am Montag von einer massiven neuen Offensive der russischen Streitkräfte. Obwohl sich die Frontlinie seit Wochen so gut wie nicht bewegt, rücke Russland in Richtung Awdijiwka und Marijnka vor, mehr als 600 Artillerieeinsätze der russischen Armee wurden in und rund um die Stadt in den vergangenen 24 Stunden registriert.

Von den vor dem Krieg rund 32.000 Einwohnerinnen und Einwohnern harren mittlerweile nur mehr etwa 1500 Menschen in der völlig zerstörten Stadt aus. Während sich Russland von der Eroberung Awdijiwkas eine noch größere Kontrolle über die seit acht Jahren umkämpfte Region Donezk erhofft, setzt Kiew alles daran, seine zur Festung ausgebaute Bastion mitten in russisch besetztem Gebiet zu halten. (Florian Niederndorfer, 11.12.2023)