Florian Scheuba
Florian Scheuba muss erneut vor Gericht, wo verhandelt wird, ob seine Kritik am BKA-Direktor Andreas Holzer zulässig war.
Christian Heredia

Wien – Im zweiten Rechtsgang in einem von Bundeskriminalamt-Direktor Andreas Holzer angestrengten Verfahren gegen den Kabarettisten Florian Scheuba, dem er üble Nachrede vorwirft, hat am Dienstag am Wiener Landesgericht ein Verhandlungstermin stattgefunden. Zwei Zeugen und eine Zeugin wurden vernommen, wobei der mutmaßliche Financier des Ibiza-Videos, Rechtsanwalt Ramin M., für Aufregung sorgte. Die Verhandlung wurde auf 29. Jänner vertagt.

Holzer hatte Scheuba geklagt, nachdem dieser ihm in einer Zeitungskolumne im Zusammenhang mit den Ermittlungen um das Ibiza-Video Untätigkeit vorgeworfen hatte. Holzer hatte seinerzeit die "Soko Tape" geleitet. Scheuba wurde im Juni 2022 vom Landesgericht für Strafsachen freigesprochen, Holzer war jedoch mit einem dagegen eingebrachten Rechtsmittel erfolgreich. Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) gab seiner Berufung Folge, hob das angefochtene Urteil zur Gänze auf und verwies die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück ans Erstgericht, wo nun Richterin Nicole Baczak ein zweites Mal die Sache verhandeln muss.

Mehrere Zeugenaussagen

Scheuba hatte im September 2021 im STANDARD behauptet, Holzer sei schon im März 2015 "von den künftigen Videoproduzenten diverses Belastungsmaterial über HC Strache vorgelegt worden, unter anderem Fotos der prall gefüllten Bargeldtasche in Straches Kofferraum". Holzer habe dazu nur einen "unvollständigen Aktenvermerk" angelegt, was Scheuba als "rätselhafte Untätigkeit" und "folgenschwere Arbeitsverweigerung" bezeichnete. Holzer sah und sieht sich nach wie vor damit eines unehrenhaften Verhaltens bezichtigt. "Es ist nichts vorgelegt worden. Keine Fotos, kein Ausdruck, nichts", bekräftigte er heute im Grauen Haus.

Ramin M., der auf Bitte des eigentlichen Belastungszeugen ans Bundeskriminalamt herangetreten war, schilderte das ganz anders. "Ich hätte mich nicht getraut hinzugehen ohne was", sagte der Anwalt in seiner Zeugenbefragung. Er habe dem Bundeskriminalamt zwar den Namen seines Informanten nicht preisgegeben, aber im Zusammenhang mit einem angeblichen Drogen-Bedarf Straches den Namen und die Adresse eines Lieferanten genannt sowie auch die Identität eines Mannes verraten, der sich angeblich ein FPÖ-Nationalratsmandant kaufen wollte. Diese Informationen hätten in einem Aktenvermerk des Bundeskriminalamts aber keinen Niederschlag gefunden, behauptete Anwalt M. Weshalb seinen Hinweisen nicht weiter nachgegangen wurde, könne er nicht beurteilen: "Mir kam vor, dass das ausreichend ist." Und weiter: "Ich kann mir vorstellen, dass es wichtig gewesen wäre, den Herrn Strache zu befragen."

"Das stimmt nicht", reagierte Holzer auf die Angaben von Ramin M. Wenn man den Namen eines angeblichen Drogenlieferanten gehabt hätte, "wären wir dem nachgegangen". Ramin M. habe aber nicht die Identität jenes Mannes lüften wollen, der sich mit dem gesammelten Belastungsmaterial gegen Strache bzw. die FPÖ an ihn gewandt gehabt und damit gleichermaßen die Ibiza-Affäre sowie die FPÖ-Spesenaffäre losgetreten hatte.

Ex-Strache-Leibwächter: "Größter Fehler meines Lebens"

Wie man mittlerweile weiß, handelte es sich dabei um einen karenzierten Polizeibeamten und ehemaligen Leibwächter Straches. Dieser sagte heute ebenfalls als Zeuge unter Wahrheitspflicht aus, wobei er gleich einleitend zu Protokoll gab: "Es war der größte Fehler meines Lebens, für die FPÖ zu arbeiten und für den Herrn Strache." Beruflich sei er zehn Jahre für den über das Ibiza-Video gestolperten Ex-FPÖ-Chef tätig gewesen: "Ich war Mädchen für alles für den Herrn Strache. Und Fahrer. Ich war Mädchen für alles mit Führerschein." Irgendwann habe er begonnen, "die ganzen Unterlagen zu sammeln, um mich abzusichern. Belege, Chats, Fotos, alles". Zu Straches Spesen-Abrechnung, die nach wie vor Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Wien ist, bemerkte der Zeuge: "Die Verwendung des Steuergelds entspricht nicht ganz meinem Rechtsempfinden." Sein Bekannter Ramin M. habe ihm deswegen "mehrfach gesagt, ich soll zur Polizei gehen damit".

Als Zeugin vernommen wurde weiters die Leiterin jener Gruppe bei der Wiener Anklagebehörde, die gleichermaßen die Spesen-Affäre der FPÖ und die Vorgänge rund um das Ibiza-Video durchleuchtet. Wie Staatsanwältin Susanne Kerbl-Cortella darlegte, habe sie im Jahr 2015 auf den ersten Aktenvermerk des Bundeskriminalamts zu den gegen Strache erhobenen Anschuldigungen hin "Belastungszeugen" verlangt: "Der Auftrag war klar. Das wäre ja ein massiver Vorwurf gewesen. Das musste man ja tun." Es habe aber damals keine namentlich bekannten Belastungszeugen und damit keine weiteren Ermittlungsansätze gegeben, weshalb man zunächst die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen mangelnden Tatverdachts verfügt habe. Auf die Frage, ob die Befragung Straches angedacht gewesen sei, erwiderte Kerbl-Cortella: "Wenn kein ausreichender Anfangsverdacht gegeben ist, vernehmen wir die Angezeigten normalerweise nie."

Satire oder ironischer Unterton?

Scheuba war im ersten Rechtsgang deshalb freigesprochen worden, weil das Erstgericht von einer "satirischen Kolumne" ausging und kein strafbares Verhalten feststellen konnte. Das OLG sah das anders. Scheuba habe in seiner regelmäßig im STANDARD erscheinenden Kolumne Holzer "unmissverständlich vorgeworfen, er hätte gezielt die von ihm geforderten und erwarteten sowie auch tatsächlich gebotenen und nötigen Ermittlungsschritte trotz der Vorlage hinreichender Beweismittel nicht gesetzt, also verweigert". Scheubas Beitrag sei zwar "ein ironischer Unterton zu entnehmen", die Vorwürfe der Untätigkeit und der Arbeitsverweigerung würden jedoch "vollkommen nüchtern beschrieben und als Fakten dargestellt, so dass sich dem angesprochenen Leserkreis der Tageszeitung der STANDARD tatsächlich nicht erschließt, dass es sich auch und gerade bei diesen Vorwürfen um Satire hätte handeln könne", hieß es in der OLG-Entscheidung (18 Bs 308/22h).

Und weiter führte das OLG ins Treffen: "Insbesondere führt die Verwendung einzelner humoristischer Begriffe sowie die Einflechtung ironischer Passagen nicht dazu, dass die angesprochenen Leser den Artikel in seiner Gesamtheit und alle darin enthaltenen Äußerungen als Satire auffassen." Vielmehr sei davon auszugehen, dass die STANDARD-Leserschaft "trotz Kenntnis der Tätigkeit des Angeklagten als Kabarettist" die inkriminierten Äußerungen "als Vorwurf der auch subjektiv geprägten und damit gezielten Verweigerung eines Polizeibeamten, die geforderten und erwarteten sowie tatsächlich gebotenen und nötigen Ermittlungsschritte zu setzen, versteht". In Richtung Scheuba wurde auch noch angemerkt, dieser sei "auch als Kabarettist (...) zweifellos gefordert, sorgfältig auf seine Formulierungen zu achten". (APA, 12.12.2023)