Die meisten Sterne in der Milchstraße sind deutlich masseärmer als die Sonne (0,25 Sonnenmassen und weniger), der Großteil wird zur Spektralklasse der sogenannten M-Zwerge gezählt. Für die Exoplanetensuche ist das keine gute Nachricht, denn solche ultrakühlen roten Zwergsterne strahlen sehr schwach und hauptsächlich im infraroten Bereich des Lichtspektrums. Unter solchen Umständen tun sich Technologien zur Planetensuche schwer, viele arbeiten vor allem mit optischen Wellenlängen.

LHS 3154b, Exoplanet, Roter Zwerg
Ein Neptun-großer Exoplanet in einer engen Umlaufbahn um einen Zwergstern der Spektralklasse M? Die etablierten Planetenentstehungstheorien können ein solches Szenario kaum erklären.
Illustr.: ESO/L. Calçada

Aus diesem Grund gibt es nur wenig verlässliche Daten über Planetensysteme um massearme und kühle M-Zwerge. Freilich hat man einige Vermutungen und einzelne Beobachtungen. Auf dieser Grundlage kam man zu dem Ergebnis, dass Gasplaneten, die insbesondere nahe um ihren Mutterstern kreisen, in einem M-Zwergsternsystem eigentlich nicht vorkommen dürften. Das würde sich unter anderem aus den Theorien zur Planetenentstehung ergeben. Einem Forschungsteam um Guðmundur Stefánsson von der Princeton University (New Jersey, USA) ist es nun mit einer Beobachtung gelungen, diese Annahme ins Wanken zu bringen.

Viele erdgroße Welten

Zwei bekannte Sternsysteme untermauern die These vom Mangel an Gasriesen um M-Zwerge: Trappist-1 (40 Lichtjahre) und Teegardens Stern (12,5 Lichtjahre) sind zwei kompakte Systeme mit kleinen und vermutlich felsigen Planeten. Im Trappist-1-System kreisen sieben bekannte Exoplaneten um einen roten Zwerg, von denen keiner mehr als 1,4 Erdmassen "auf die Waage" bringt. Bei Teegardens Stern geht man von mindestens zwei etwa erdgroßen Exoplaneten aus.

"Die Bildung solcher Systeme lässt sich gut mit der Theorie der Kernakkretion vereinbaren", erklärt Stefánsson. "Bei dieser Theorie hängt das Ergebnis der Planetenbildung stark von der angenommenen Gesamtmasse des Partikelstaubs in der protoplanetaren Scheibe ab." Beobachtungen protoplanetarer Scheiben hätten demnach gezeigt, dass die Staubmasse bei massearmen Sternen tendenziell geringer ist, sodass sich zwar erdgroße, aber keine wesentlich massereicheren Planeten bilden können.

LHS 3154b, Exoplaneten, Größenvergleich
Sonne und Erde im Größenvergleich zum roten Zwerg LHS 3154 und seinem Planetenkandidaten.
Illustr.: Penn State University

Ausnahme von der Regel

"Den Unsicherheiten in den Modellen und der großen beobachteten Streuung der Staubmassen erwächst jedoch die faszinierende Möglichkeit, dass die Akkretion es einem massearmen Stern vielleicht gelegentlich ermöglicht, Planeten mit Massen von mehr als zehn Erdmassen zu bilden, die ihn eng umkreisen", sagte Stefánsson. Tatsächlich hat man bereits einige wenige massereiche Planetenkandidaten um ultrakühle Sterne gesichtet, aber in allen Fällen haben die Planeten sehr weite Umlaufbahnen.

Nun jedoch ist die Gruppe um Guðmundur Stefánsson bei Beobachtungen des Sterns LHS 3154 auf Hinweise auf eine solche Ausnahme von der Regel gestoßen. Der ultrakühle rote Zwergstern befindet sich in 51,4 Lichtjahren Distanz im Sternbild Herkules und ist rund neunmal masseärmer als die Sonne.

Das Team nutze für seine Untersuchungen den Habitable-Zone-Planet-Finder-Spektrografen am Hobby Eberly Teleskop des McDonald Observatory (Austin, Texas). Präzise Radialgeschwindigkeitsbeobachtungen deckten Dopplerverschiebungen auf, die stark für das Vorhandensein einer Welt von 13,2 Erdmassen sprechen. Dies würde beinahe der Masse des Neptun entsprechen, wie die Forschenden im Fachjournal "Science" berichten. Der Exoplanetenkandidat mit der Bezeichnung LHS 3154b braucht nur 3,7 Tage für einen vollständigen Umlauf, kreist also sehr nahe an seinem Muttergestirn.

Planet Too Big For Its Star
Video: Forschende entdeckten einen für sein Heimatsystem zu großen Exoplaneten.
Penn State University

Zehnmal größer

Wie es in einem solchen System zur Entstehung dieses Planeten kommen konnte, bleibt vorerst ein Rätsel. Die Forschenden zogen ihre Modelle zurate und ließen Simulationen zur Planetenentstehung laufen. Dabei zeigte sich, dass die Staubmenge in der protoplanetaren Scheibe zehnmal größer sein müsste, als man bisher um massearme Sterne beobachtet hat, damit dort Planeten wie LHS 3154b heranwachsen können.

"Die Entdeckung von LHS 3154b bestätigt zum ersten Mal, dass ultrakühle Zwerge tatsächlich auch große Planeten in engen Umlaufbahnen bilden können", sagte Stefánsson. Aber die Entdeckung rüttelt an den etablierten Auffassungen: "Sowohl die Theorie der Kernakkretion als auch die Theorie der gravitativen Instabilität für die Planetenbildung können dieses System nicht erklären", so der Astronom. (tberg, 17.12.2023)