Die schwangere Prinzessin Kate mit Prinz William
Catherine, Princess of Wales – das Bild zeigt sie während ihrer dritten Schwangerschaft –, war in allen drei Schwangerschaften extrem übel, sie wurde deshalb sogar im Krankenhaus behandelt. Nun dürfte man den Grund für das Phänomen erforscht haben.
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Als Catherine, Princess of Wales, im Herbst 2012 zum ersten Mal schwanger war – damals war sie noch Herzogin von Cambridge –, schockte sie die Nation, weil sie ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Der Grund dafür: massive morgendliche Übelkeit. Eine gewisse Übelkeit verspüren ja fast alle Schwangeren, aber dass man, so wie Kate, deshalb ärztlich versorgt werden muss, ist nur selten der Fall.

Lange wusste man nicht, wieso Schwangeren schlecht wird und sie sich übergeben müssen – und schon gar nicht, warum das manchmal gefährliche Ausmaße annimmt. Betroffenen Frauen ist dann so übel, dass sie nichts mehr bei sich behalten können, Nährstoffunterversorgung und Dehydrierung drohen.

Nun haben Forschende der englischen University of Cambridge ein Hormon identifiziert, das dafür verantwortlich sein dürfte, wie die Fachzeitschrift "Nature" berichtet. Der Übeltäter ist ein vom Fötus produziertes Hormon, GDF15. Und sie dürften auch geklärt haben, warum manche werdenden Mütter kränker sind als andere.

Das hängt nämlich offensichtlich davon ab, wie viel Hormon vom Fötus produziert wird, wie empfindlich die Mutter darauf regiert und wie hoch dieser Hormonspiegel schon vor der Schwangerschaft in ihrem Blut war. Ihre Erkenntnisse haben die Forschenden vor kurzem als Preprint publiziert.

Schutzmechanismus

Ungefähr 70 Prozent aller Frauen leiden während einer Schwangerschaft unter Übelkeit und Erbrechen. Häufig spricht man von morgendlicher Übelkeit, obwohl das Problem zu jeder Tageszeit auftreten kann. Zwischen 0,3 und zwei Prozent sind von Hyperemesis gravidarum betroffen: Ihre Symptome sind so schwerwiegend, dass sie Schwierigkeiten beim Essen, Trinken und bei alltäglichen Aktivitäten haben – wie eben Herzogin Kate. Im schlimmsten Fall kann eine Frau dann sogar an Dehydrierung sterben.

Eigentlich dürfte es sich bei diesem Hormon um einen körpereigenen Schutzmechanismus handeln: Untersuchungen haben gezeigt, dass GDF15, das in geringen Mengen von Organen wie Prostata, Blase und Nieren produziert wird – auch wenn keine Schwangerschaft besteht –, Übelkeit auslösen kann, indem es an spezielle Rezeptoren im Hirnstamm bindet. Der Spiegel des Hormons steigt, wenn man toxische Substanzen zu sich nimmt, und auch in der Frühphase der Schwangerschaft. Und dieses Ansteigen löst Übelkeit aus. "Normalerweise ist es im ersten Trimester am schlimmsten und lässt dann allmählich nach", sag Stephen O'Rahilly, Stoffwechselforscher an der Universität Cambridge und Co-Autor der Studie.

Man geht davon aus, dass sich GDF15 möglicherweise entwickelt hat, um Menschen vor einer Selbstvergiftung zu schützen – und auch, um den sich entwickelnden Fötus vor einer Vergiftung zu bewahren. Das ist an sich auch kein Problem. O'Rahilly betont: "In der frühen Phase der Schwangerschaft ist es nicht notwendig, viel zu essen und Masse aufzubauen. Viel wichtiger ist, bei der Ernährung vorsichtig zu sein, um den Nachwuchs vor Giftstoffen zu schützen."

Genetisches Risiko

Dieses Hormon wird also nicht nur während einer Schwangerschaft produziert, sondern von jedem Menschen. Und auch vom Fötus im Mutterleib. Mit diesem Wissen konnten die Forschenden nun feststellen, dass jene Frauen, die vor der Schwangerschaft bereits einen hohen GDF15-Spiegel hatten, nur minimale Übelkeitssymptome in der Schwangerschaft erfuhren.

"Wir haben jetzt zum ersten Mal eine klare Vorstellung von der Ursache dieses Problems. Das eröffnet neue Wege für Behandlung und Prävention", freut sich O'Rahilly. Für die Studie untersuchten die Forschenden den GDF15-Spiegel von rund 120 schwangeren Frauen, etwa 60, die mit Übelkeit zu kämpfen hatten, und 60, die fast keine solchen Symptome hatten. Der Hormonspiegel war im Blut jener Schwangeren mit starker Übelkeit deutlich höher.

In einem weiteren Schritt verglichen sie unterschiedliche Arten von GDF15 und stellten fest, dass jene Schwangeren mit besonders hohen Levels hauptsächlich eine Hormonvariante in sich trugen, die von Zellen der Plazenta und des Fötus produziert wird. Vor allem fötale Zellen produzierten bei ihnen besonders viel GDF15. Außerdem konnte man bei diesen Untersuchungen feststellen, dass bestimmte genetische Varianten von GDF15 dafür sorgen, dass man einen niedrigeren Spiegel des Hormons im Blut hat. Und genau bei Frauen mit dieser genetischen Variante äußert sich die Schwangerschaftsübelkeit besonders stark – offensichtlich, weil sie dann vom Fötus damit "geflutet" werden.

Die Übelkeit abdrehen

Auf Basis dieser Erkenntnisse hat man nun erstmals einen Heilungsansatz für dieses Problem. "Man kann womöglich Personen, die ein erhöhtes Risiko für Hyperemesis gravidarium haben, vor einer potenziellen Schwangerschaft eine höhere Dosis des Hormons verabreichen, um sie so zu desensibilisieren", sagt O'Rahilly.

Eine Alternative dazu wäre die Gabe von Antikörpern, die GDF15 oder GDF15-Rezeptoren blockieren, um so Übelkeit und Erbrechen zu reduzieren. Dazu sind aber noch einige Studien nötig. "Wir wissen nichts über die Rolle von GDF15 in einer normalen Schwangerschaft", sagt Catherine Williamson, Professorin für Frauenmedizin am Imperial College in London. Bevor man solche Behandlungen andenken könne, müsse man erst klären, ob eine Veränderung der Hormonaktivität schädliche Nebenwirkungen haben könnte. (Pia Kruckenhauser, 20.12.2023)