Ein Vater hält sein Baby.
Die Neuerungen sollen auch Anreize für mehr Gleichberechtigung bei der Care-Arbeit schaffen.
Getty Images/iStockphoto

Im Gastbeitrag erklärt die Juristin Sarah Haubmann, welche Neuerungen die Reform der Elternkarenz bringt.

Seit 1. November 2023 gibt es im Arbeitsrecht einige Neuerungen, die größtenteils auf die Umsetzung der sogenannten Work-Life-Balance-Richtlinie der EU zurückgehen. Es kam unter anderem zu Änderungen der Elternkarenz.

Verkürzung und Ausnahmen

Die Änderungen gelten für Geburten seit 1. November 2023 bzw. hinsichtlich Kindern, die ab diesem Datum adoptiert oder in unentgeltliche Pflege genommen werden. Die wichtigste Änderung ist, dass die maximale Karenzdauer von 24 auf 22 Monate verkürzt wurde. Von dieser Grundregel bestehen allerdings Ausnahmen.

Es bleibt weiterhin bei einem Anspruch bis zum 24. Lebensmonat des Kindes, wenn sich die Eltern die Karenz teilen. Dabei muss jeder Teil der Karenz mindestens zwei Monate betragen. Ziel dieser Regelung ist es, Anreize für eine ausgeglichenere Aufteilung der Kinderbetreuung zwischen Müttern und Vätern zu setzen. Eine weitere Ausnahme besteht für Personen, die im Zeitpunkt der Karenzmeldung Alleinerzieher sind. Das umfasst Fälle, bei denen kein anderer Elternteil vorhanden ist, weil der andere Elternteil bereits verstorben oder nicht feststellbar ist. Wenn der andere Elternteil nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, ist man ebenfalls Alleinerzieher. Die Voraussetzungen sind vom Dienstnehmer schriftlich zu bestätigen.

Schließlich gibt es auch eine Sonderregelung für Fälle, in denen der andere Elternteil keinen Anspruch auf Karenz hat (Arbeitslose, Studierende, Selbstständige etc.). Insgesamt steht in diesem Fall nur eine Karenz im Ausmaß von 22 Monaten zu. Allerdings verlängert sich die Karenzmöglichkeit bis zum 24. Lebensmonat des Kindes, wenn der Elternteil, der das Kind zunächst betreut, keinen Anspruch auf Karenz hat und der andere Elternteil den Karenzantritt frühestens nach Ablauf von zwei Monaten ab dem frühestmöglichen Beginn der Karenz bzw. der Frist gemäß § 5 Abs 1 Mutterschutzgesetz (in der Regel acht Wochen nach der Entbindung) meldet. Alleinerzieher sind wie oben dargestellt davon ausgenommen.

Aufgeschobene Karenz

Auch hinsichtlich der aufgeschobenen Karenz kam es zu Neuerungen. Der Dienstnehmer konnte mit dem Dienstgeber schon bisher vereinbaren, dass drei Monate der Karenz aufgeschoben und bis zum Ablauf des siebenten Lebensjahres des Kindes verbraucht werden. Wie bisher muss der aufgeschobene Teil der Karenz dem Dienstgeber spätestens drei Monate vor dem gewünschten Zeitpunkt bekanntgegeben werden. Neu ist eine schriftliche Begründungspflicht des Dienstgebers bei Ablehnung der Absicht einer aufgeschobenen Karenz, sofern binnen zwei Wochen keine Einigung zustande kommt. Der Dienstgeber kann binnen weiterer zwei Wochen Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht einbringen. Tut er dies nicht, gilt die Zustimmung als erteilt.

Zudem wurde ein Motivkündigungsschutz für die aufgeschobene Karenz eingeführt. Eine Kündigung wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen aufgeschobenen Karenz kann beim Arbeits- und Sozialgericht angefochten werden. Der Dienstgeber hat auf schriftliches Verlangen des Dienstnehmers (binnen fünf Kalendertagen ab Zugang der Kündigung) eine schriftliche Begründung der Kündigung (binnen fünf Kalendertagen ab Zugang des Verlangens) auszustellen. Unterbleibt eine schriftliche Begründung, führt dies zwar nicht zur Rechtsunwirksamkeit der Beendigung, doch empfiehlt es sich im Hinblick auf ein allfälliges Gerichtsverfahren, der Begründungspflicht nachzukommen.

Diskriminierungsschutz und Fristen

Das Gleichbehandlungsgesetz erfasst jetzt auch Diskriminierungen, bei denen zwar der Diskriminierungsgrund Geschlecht nicht vorliegt, die aber mit einer Elternkarenz im Zusammenhang stehen. Schon bislang wurden Kündigungen und Entlassungen häufig aufgrund einer Diskriminierung des Geschlechts angefochten. Nun wurde der Fall im Gesetz ausdrücklich geregelt.

Eine wichtige Änderung betrifft nicht zuletzt die Hemmung des Ablaufs von laufenden Verjährungs- und Verfallsfristen. Durch Verfall und Verjährung können (bestehende) Ansprüche nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden. Eine bereits begonnene Verjährungsfrist bzw. Verfallsfrist für Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, die der Dienstnehmer zu Beginn der Karenz bereits erworben hat, kann während der Karenz (bzw. bis zum Ablauf von zwei Wochen danach) nunmehr nicht enden. Der Dienstnehmer hat daher jedenfalls nach der Karenz die Möglichkeit, Ansprüche geltend zu machen. (Sarah Haubmann, 20.12.2023)