US-Präsident Joe Biden
Ein erfolgreiches Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Joe Biden gilt als unwahrscheinlich.
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Das US-Repräsentantenhaus hat am Mittwoch eine formelle Untersuchung zur möglichen Amtsenthebung Joe Bidens abgesegnet. Von den Republikanern angestoßene Ermittlungen laufen bereits seit September, konnten allerdings bisher keine stichhaltigen Ergebnisse liefern. Worum es bei den Vorwürfen der Republikaner geht und was diese für Biden bedeuten, hat sich DER STANDARD angesehen.

Frage: Welche Schritte haben die Republikaner bisher für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Biden gesetzt?

Am Mittwoch stimmte das republikanisch geführte US-Repräsentantenhaus für die formale Genehmigung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Joe Biden. Mit 221 zu 212 Stimmen wurde eine entsprechende Resolution von den Republikanern abgesegnet.

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Bereits vor drei Monaten begannen republikanische Abgeordnete informell mit einer Untersuchung gegen Biden: Ihm wird zur Last gelegt, in fragwürdige internationale Geschäfte seines Sohnes Hunter Biden verwickelt gewesen zu sein und sein ehemaliges Amt als Vizepräsident zur finanziellen Bereicherung seiner Familie missbraucht zu haben. Bisher konnten dazu allerdings keine konkreten Beweise vorgelegt werden. Biden wies die Vorwürfe entschieden zurück und bezeichnete die Ermittlungen in einer offiziellen Erklärung als "grundlosen politischen Schachzug".

Die nun anlaufenden offiziellen Ermittlungen erteilen den Republikanern ihrer Ansicht nach weitreichendere Befugnisse im Rahmen der Untersuchung. Ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten wird damit allerdings nicht eröffnet. Zuvor hatte das Weiße Haus alle Versuche, eine Herausgabe von Informationen zu erzwingen, mit Hinweis auf eine solche Abstimmung zurückgewiesen. Laut Tom Cole, dem Vorsitzenden des Geschäftsordnungsausschusses, befinden sich die Republikaner nun "in der stärksten rechtlichen Position, um benötigte Informationen zu verfolgen und Vorladungen durchzusetzen", wie er am Dienstag erklärte. Die rund 40.000 Seiten beschlagnahmter Bankunterlagen und zahlreichen Zeugenaussagen haben bisher allerdings keine konkreten Hinweise auf korruptes Verhalten Bidens hervorgebracht.

Frage: Um welche Vorwürfe geht es konkret?

Die Republikaner werfen US-Präsident Biden vor allem Korruption, Bestechung und Amtsmissbrauch während seiner Amtszeit als Vizepräsident (2009 bis 2017) vor. Einer dieser Vorwürfe wurde bereits im Jahr 2019 publik: Joe Biden soll demnach die ukrainische Regierung unter Druck gesetzt haben, ihren obersten Staatsanwalt Wiktor Schokin zu entlassen, um eine Untersuchung des Energieunternehmens Burisma zu stoppen. Damals saß sein Sohn Hunter Biden in dessen Vorstand. Allerdings soll die Entlassung laut der damaligen US-Regierung unter dem Gesichtspunkt erfolgt sein, dass Schokin nicht ausreichend gegen die Korruption in der Ukraine vorgegangen sei. Ein unbestätigter Hinweis an das FBI stieß damals Ermittlungen des Justizministeriums an, die allerdings nach acht Monaten wegen unzureichender Beweise eingestellt wurden.

Zusätzlich behaupten die Republikaner im Repräsentantenhaus, dass strafrechtliche Untersuchungen gegen Hunter Biden vom Justizministerium "behindert" und "verzögert" würden. Bestätigt wurde dies teilweise von zwei Informanten des Internal Revenue Service (IRS), wie aus einem Bericht der BBC hervorgeht. Demnach soll die Regierung Ermittlungsschritte "hinausgezögert" haben. Das Justizministerium bestreitet die Vorwürfe. Andere von den Republikanern im Juli vorgeladenen Zeugen sollen jegliche Einmischung von Präsident Biden und Justizminister Merrick Garland verneint haben.

Das sogenannte Oversight Committee gab zuvor an, dass die Familie Biden und ihre Geschäftspartner in den Jahren 2014 und 2019 mehr als 24 Millionen Dollar aus dem Ausland erhalten haben, darunter aus China, Kasachstan, Rumänien, Russland und der Ukraine. Allerdings wurden bisher keine stichhaltigen Beweise vorgelegt, die auf konkrete Zahlungen an Biden hinweisen. Zwei Sachverständige der Republikanischen Partei gaben bereits bei der ersten Anhörung im September an, dass man über zu wenige Beweise verfüge, um ein solches Amtsenthebungsverfahren zu legitimieren.

Zuletzt widersetzte sich Hunter Biden einer nicht öffentlichen Vorladung des Kongresses und gab Reportern am Capitol Hill bekannt, nur in einem öffentlichen Setting aussagen zu wollen. Bewiesen ist bisher: Der Sohn Bidens soll in der Vergangenheit Kunden in dem Glauben gelassen haben, ihnen Zugang zum Vizepräsidenten verschaffen zu können – wie Reuters berichtet. Belege dafür, dass Präsident Biden jenen Unternehmen offiziell geholfen oder von ihnen profitiert hat, gibt es allerdings keine.

Frage: Wird Biden des Amtes enthoben werden?

Dieses Szenario gilt als sehr unwahrscheinlich, da für eine Amtsenthebung auch die zweite Kongresskammer – der Senat – zustimmen müsste. Dieser wird derzeit mit einer knappen Mehrheit von den Demokraten geführt. Insgesamt müssten zwei Drittel der Senatoren für eine Amtsenthebung Bidens stimmen, um diese zu erwirken.

Zusätzlich haben sich nicht alle republikanischen Abgeordneten explizit für ein vollständiges Amtsenthebungsverfahren ausgesprochen. Der Republikaner Ken Buck sprach dem "Guardian" zufolge von "Vergeltungsklagen" seiner Partei vor dem Hintergrund der beiden Amtsenthebungsverfahren gegen Ex-Präsident Donald Trump. Ein weiterer republikanischer Abgeordneter, Dusty Johnson, soll sich ebenfalls zögerlich geäußert haben: Biden habe "wahrscheinlich" kein klagbares Vergehen begangen.

Frage: Warum halten die Republikaner trotz Beweisnot am Amtsenthebungsverfahren fest?

Sowohl die Republikaner als auch die Demokraten blicken auf die bevorstehende Präsidentschaftswahl 2024. Sollte sich das Amtsenthebungsverfahren in die Länge ziehen, könnte es den Republikanern eine Plattform bieten, Behauptungen über das angeblich korrupte Verhalten Bidens zu unterstreichen. Dahinter wird eine Wahlkampfstrategie der Republikaner vermutet, um damit möglichst viel Einfluss auf potenzielle Wähler auszuüben. (Vanessa Steiner, 15.12.2023)