Der 33-jährige Ex-Rapidler Stefan Schwab zählt zu den Schlüsselspielern von PAOK. In der griechischen Liga wird Erfahrung geschätzt.
EPA/ROBERT PERRY

Stefan Schwab geht es gut, er hat keine Angst. Er lebt mit der Familie in Saloniki, der Blick aufs Meer ist wunderbar, der dreijährige Sohn geht bereits in den Kindergarten, sein neun Monate alter Bruder natürlich noch nicht.

Im Sommer 2020 wechselte Schwab von Rapid ablösefrei zu PAOK Saloniki, er nahm Stürmer Thomas Murg aus Hütteldorf mit, beide haben in Griechenland einen Vertrag bis 2024. Beide spielen regelmäßig, Trainer Răzvan Lucescu pflegt permanent zu rotieren, der 33-jährige Schwab ist zweiter Kapitän. Bei Rapid war er der erste, diese Form von Abstieg verschmerzt der Mittelfeldspieler locker. "Ich spiele eine wichtige Rolle, bin physisch voll da, war nie länger verletzt."

Bis zum 12. Februar 2024 muss Schwab in leeren Stadien kicken, die Regierung hat das beschlossen. Griechenlands Fußball wird von einer Welle der Gewalt überschwemmt. Auslöser dieser Maßnahme war übrigens das Volleyballspiel am 7. Dezember zwischen Olympiakos Piräus und Panathinaikos Athen. Ein Polizist wurde vor der Halle von einem Leuchtgeschoß getroffen und schwer verletzt, der 18-jährige Täter festgenommen. Rund 150 Hooligans randalierten.

Schwab könnte sagen, der Fußball sei auch nur ein Spiegelbild der Gesellschaft. "Natürlich stimmt das irgendwie, aber die Situation in Griechenland ist doch speziell."

Permanente Gefahr

Unlängst streikten die Schiedsrichter, weil zwei von ihnen bedroht worden waren. Ein Spieltag fiel aus. Und die Polizeigewerkschaft wies darauf hin, dass man nicht mehr gewillt sei, Beamte und Beamtinnen derartigen Gefahren auszusetzen. Man wolle nicht mehr für das Versagen der Klubs die Köpfe hinhalten. Schwab kann das nachvollziehen. In den Stadien sollen nun hochauflösenden Überwachungskameras und elektronische Zutrittssysteme installiert werden.

Griechenlands Fußball ist also ein Sonderfall. Seit 1983 gab es 13 Todesfälle, hinzu kamen unzählige Verletzte und hohe Sachschäden bei diversen Ausschreitungen. Immer wieder musste der Betrieb unterbrochen werden, die Uefa drohte mit dem Ausschluss aus den europäischen Bewerben.

Die vier Topklubs gehören Oligarchen, diese kontrollieren zudem die Massenmedien, pflegen enge Kontakte zur Regierung. Die ansonsten allmächtigen Reeder Evangelos Marinakis (Piräus), Jannis Alafouzos (Panathinaikos) sowie Dimitris Melissanidis (AEK Athen) und Großunternehmer Ivan Savvidis (PAOK) haben, um in der Schifffahrtssprache zu bleiben, ihre Passagiere nicht im Griff. Die Luxusdampfer drohen zu sinken. Schwab sagt: "Es ist hier alles etwas verfilzt, die Politik hat enormen Einfluss. In Österreich wäre es zum Beispiel unvorstellbar, dass ein Rapid-Präsident auch Liga-Präsident ist."

Die vier großen Vereine decken übrigens nahezu die gesamte Ballsportbreite ab. Rapid oder Sturm Graz sind nicht im Volleyball, Basketball oder Handball tätig. Also sind hierzulande Volleyballhallen auf der sicheren Seite.

Olympiakos-Besitzer Marinakis, ihm gehört auch der englische Premier-League-Klub Nottingham Forest, ist nun als Liga-Boss zurückgetreten. Der 56-jährige Milliardär verurteilte "unmissverständlich die Gewalt, die den Sport in den letzten Tagen getroffen hat", sowie "alle Formen von Gewalt in der Gesellschaft und im Fußball". Marinakis kritisierte weiter "bestimmte Personen" in der Liga, die seiner Meinung nach nicht dazu beigetragen haben, diese Gewalt zu bekämpfen. Er könnte rein theoretisch auch sich selbst gemeint haben.

Routiniers gefragt

Schwab ist logischerweise nicht in der Lage, die Problematik zu lösen, die Welt zu verbessern. "Gewalt ist immer und überall erschreckend." Für ihn als Routinier sei Griechenland sportlich betrachtet eine sehr gute Adresse. "Österreich versteht sich als reine Ausbildungsliga, als Zwischenstation. Man will Talente entwickeln und sie dann im Idealfall um Millionen verkaufen. Hier bei den vier Topklubs spielen Transfereinnahmen keine große Rolle. Man will einfach nur nationale Titel holen, setzt also auch auf erfahrene, mitunter sehr teure Spieler. Das kann man ein wenig mit Italien vergleichen."

Das Niveau sei, von Red Bull Salzburg abgesehen, in Griechenland etwas höher als in Österreich. "Die Fußballer werden zudem wie Götter verehrt, sie genießen einen enormen Stellenwert." Am 21. Dezember steigt die letzte Runde, die Pause ist kurz, der Winter in Griechenland milde. Die Meisterschaft geht am 4. Jänner in der Leere, die man aus Zeiten von Corona kennt, bereits wieder weiter. Die Familie Schwab wird dazwischen ein paar Tage daheim in Salzburg verbringen.

Schwab hat sein Sportmanagementstudium abgeschlossen. Was im Sommer passiert, ob ein Wechsel ansteht, weiß er noch nicht. "Ich habe keinen genauen Karriereplan, schließe nichts aus." Auch keine Vertragsverlängerung in Saloniki. Denn der Blick aufs Meer ist wunderbar. "Und topfit bin ich auch." (Christian Hackl, 17.12.2023)