Jimmy Lai während eines AFP-Interviews im Juni 2020.
Ein Foto von Jimmy Lai während eines AFP-Interviews im Juni 2020. Am Montag ist er vor Gericht geladen.
AFP/ANTHONY WALLACE

Hongkong – In Hongkong hat der Prozess gegen den Verleger und Demokratieaktivisten Jimmy Lai wegen unterstellter Verstöße gegen das umstrittene Sicherheitsgesetz begonnen. Der 76-Jährige erschien am Montag vor einem Gericht im Stadtteil West Kowloon.

Lai ist Gründer der prodemokratischen Hongkonger Zeitung "Apple Daily". Das Blatt wurde 2021 zwangsweise eingestellt, nachdem es wegen angeblicher Verstöße gegen das Sicherheitsgesetz ins Visier der Behörden geraten war. Das Sicherheitsgesetz, das 2020 infolge von Massenprotesten für mehr Demokratie in Kraft trat, richtet sich gegen die prodemokratische Opposition und gegen Aktivitäten, die Peking als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht. Zahlreiche Aktivisten wurden seit dem Ende der Proteste bereits verurteilt oder sind ins Ausland geflohen.

Lai wurde bereits zu zwei Haftstrafen verurteilt und sitzt seit drei Jahren im Gefängnis. Sollte Lai, wie erwartet, auch in dem nun beginnenden Prozess schuldig gesprochen werden, droht ihm im schlimmsten Fall eine lebenslange Haftstrafe. Der Prozess, der schon mehrmals verschoben worden war, soll bis ins neue Jahr andauern.

Gesetz als Vorwand

Die britische Regierung forderte die sofortige Freilassung des Verlegers. Die politisch motivierte Strafverfolgung des 76-Jährigen, der auch einen britischen Pass hat, müsse umgehend eingestellt werden, sagte Außenminister David Cameron. Der frühere Premierminister zeigte sich besorgt über das umstrittene Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit, gegen das Lai verstoßen haben soll. China breche damit seine internationalen Verpflichtungen, sagte Cameron. "Es hat Hongkong geschadet und Rechte und Freiheiten erheblich ausgehöhlt. Verhaftungen auf der Grundlage des Gesetzes haben die Stimmen der Opposition zum Schweigen gebracht."

Der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, kritisierte das Verfahren gegen Lai. "Kurz vor diesem historischen Prozess ist es wichtiger denn je, dass sich die internationale Gemeinschaft hinter Jimmy Lai stellt", sagte Mihr laut einer Mitteilung. "Das Gericht muss sich an die Rechtsstaatlichkeit halten und dieses fadenscheinige Verfahren einstellen."

In den vergangenen drei Jahren hätten die Behörden das Sicherheitsgesetz und andere Gesetze als Vorwand genutzt, um mindestens 28 Journalistinnen und Journalisten sowie Verteidiger der Pressefreiheit in Hongkong zu verfolgen. Seit dem 1. Juli 1997 gehört die frühere britische Kronkolonie wieder zu China und wird nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme" regiert. Diese Vereinbarung sieht eigentlich vor, dass Hongkonger für 50 Jahre bis 2047 "ein hohes Maß an Autonomie" und viele Freiheiten genießen. Seit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes reden viele jedoch nur noch von "Ein Land, ein System". (APA, red, 18.12.2023)