Es ist nur ein kleiner Funken Hoffnung für die notleidende Bevölkerung in Gaza: Am Montag konnten erstmals 24 Lkw-Ladungen an Hilfsgütern den Grenzübergang Kerem Shalom, der Israel mit dem Gazastreifen verbindet, passieren. Bisher hatte Israel jede Abwicklung von Hilfslieferungen auf eigenem Territorium blockiert. Kerem Shalom ist jener Grenzübergang, auf dem vor Kriegsbeginn der größte Teil der Einfuhren nach Gaza abgefertigt wurde. Humanitäre Organisationen hatten seit langer Zeit bemängelt, dass der ägyptische Grenzübergang Rafah zu klein sei, um ausreichend Hilfe liefern zu können.

LKWs am Grenzübergang Kerem Shalom in Israel am 18. Dzember 2023.
Lkws am Grenzübergang Kerem Shalom in Israel am 18. Dezember 2023.
AP/Hatem Ali

Zum ersten Mal seit Kriegsbeginn soll zudem eine Hilfslieferung auf dem Seeweg den Gazastreifen erreichen. Ein Schiff der britischen Marine hat am Samstag den Hafen Larnaka verlassen, es soll rund 80 Tonnen an Hilfsgütern transportieren. Der Transport, der mit Israel und Ägypten abgestimmt ist, soll als eine Art Test gelten, um zu prüfen, ob ein dauerhafter Hilfskorridor auf dieser Strecke eingerichtet werden kann.

Es fehlt an Wasser und Nahrung

Die humanitäre Lage in Gaza spitzt sich indes immer weiter zu. Es fehlt an Wasser und Nahrung. Laut einer aktuellen Erhebung des Welternährungsprogramms (WFP) im Süden des Gazastreifens berichten 44 Prozent der dorthin geflüchteten Familien über schweren, akuten Hunger. In der letzten Erhebung des WFP Ende November waren es noch 24 Prozent gewesen. Jede zweite Familie im Süden gab an, dass Teile des Haushalts am Abend hungrig zu Bett gehen. Im Norden dürfte die Lage deutlich angespannter sein, da es kaum Hilfslieferungen in die nördlichen Gebiete gibt.

Da es an Gaskanistern fehlt, um Essen zuzubereiten, greifen viele Haushalte auf andere Brennstoffe zurück – oft Hausrat und Müll. Die Vereinten Nationen berichten über erhöhte Raten an Atemwegserkrankungen. Verwundete und Kranke können nicht adäquat versorgt werden. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind nur acht von 36 Krankenhäusern im Gazastreifen in Betrieb, und auch sie können nur eingeschränkt arbeiten. Es fehlt an Blutkonserven, aber auch an Medikamenten.

Die WHO wirft Israel vor, das Kemal-Adwan-Spital im Norden Gazas teilweise zerstört zu haben. Acht Patienten seien dabei gestorben, schrieb WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus Sonntagabend auf X. Tedros forderte einmal mehr einen Waffenstillstand.

Druck aus London und Rom

Für eine humanitäre Waffenruhe sprechen sich auch immer mehr Staats- und Regierungschefs aus, zuletzt auch der britische Premierminister Rishi Sunak. "Es ist eindeutig, dass zu viele Zivilisten ihr Leben verloren haben, und niemand möchte, dass dieser Konflikt einen Tag länger dauert als nötig", sagte Sunak. Israel habe ein Selbstverteidigungsrecht gegen den "entsetzlichen Terroranschlag der Hamas". "Aber es muss dies im Einklang mit dem humanitären Recht tun."

Der internationale Druck auf Israel nimmt zu und erreicht nun auch jene Verbündeten, die sich zuvor bedingungslos auf die Seite Israels gestellt hatten. Nach Vorwürfen der Tötung zweier Frauen, die in einer katholischen Kirche im Gazastreifen Schutz gesucht haben sollen, übte Italiens Außenminister Antonio Tajani seltene Kritik an Israel. "Es erscheint mir ein schwerwiegender Vorfall zu sein, wenn Scharfschützen in christliche Kirchen eindringen und schießen. Terroristen halten sich dort nicht auf."

"Terror" durch Israel?

Bei dem Vorfall in der katholischen Pfarre in Gaza sollen zwei Menschen getötet und sieben weitere verwundet worden sein. Papst Franziskus hatte den Fall verurteilt und nahegelegt, dass Israel in Gaza "terroristische" Taktiken anwende. Israels Armee hat in Reaktion darauf am Sonntagabend eine Untersuchung angekündigt.

Hinter den Kulissen wird indes weiter an einem neuen Deal zur Freilassung weiterer Geiseln aus der Gewalt der Hamas geschmiedet. Am Montag trafen einander Vertreter des Auslandsgeheimdiensts Mossad, der US-amerikanischen CIA und der Regierung von Katar in Warschau. Laut einem Bericht des israelischen Senders KAN, der sich auf eine informierte israelische Quelle beruft, stehe man in den Gesprächen aber erst "ganz am Anfang". (Maria Sterkl aus Jerusalem, 18.12.2023)