Venus
Nur wenige zehn Grad Anstieg der Temperatur lassen die Erde um hunderte Grad erwärmen und quasi zur Venus werden.
via REUTERS/NASA

Potenziell bewohnbare Planeten gibt es außerhalb unseres Sonnensystems einige. Auf den Nachweis von Leben müssen wir bisher aber weiter warten. Das hat auch damit zu tun, dass der Grat von bewohnbar zu lebensfeindlich äußerst schmal ist. Denn selbst wenn ein Planet über erdähnliche Zustände verfügt, können schon geringfügige Änderungen wie Temperaturanstieg und erhöhter Wasserdampf dafür sorgen, dass dieser für sämtliche Lebewesen völlig unbewohnbar wird, zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Genf.

Dieses Zusammenspiel von Temperatur und Wasserdampf wird als Runaway-Treibhaus-Effekt beschrieben. Das Prinzip dahinter ist einfach: Erhöhen sich die Temperaturen auf einem Planeten, verdunstet mehr Wasser. Der Wasserdampf in der Atmosphäre verhindert, dass Sonneneinstrahlung in Form von Wärmestrahlung in den Weltraum zurückgestrahlt wird. Er hält die Wärme also ähnlich wie eine Rettungsdecke zurück.

Wenige zig Grad reichen

Auf der Erde würde laut der Studie im Fachmagazin "Astronomy & Astrophysics" ein Anstieg der globalen Temperatur von einigen zig Grad ausreichen, um diesen irreversiblen Prozess in Gang zu setzen. In einem solchen Szenario würde sich sich ein Planet wie die Erde von einem gemäßigten, erdähnlichen Zustand auf über 1.000 Grad Celsius erhitzen und damit nicht nur für den Menschen absolut lebensfeindlich werden. Auf eine genaue Temperaturangabe verzichten die Forschenden in einer Aussendung der Universität Genf, es geht allerdings um Steigerungen im niedrigen zweistelligen Bereich, die in weiterer Folge zu 1.000 Grad Hitze führen.

Für den Menschen und viele andere Lebewesen und Pflanzen wird es freilich schon viel früher gefährlich. Steigt die mittlere Temperatur um die nun befürchteten drei Grad an, könnte bis zu einem Drittel der Erde für Menschen nicht mehr oder nur unter enormem technischen Aufwand bewohnbar sein. Auch Kipppunkte von bestimmten Ökosystemen können viel schneller erreicht werden.

Wolken Himmel Morgenrot
Wolken machen den Prozess irreversibel – ein Planet kühlt dann einfach nicht mehr ab.
IMAGO/Wolfram Weber

In der aktuellen Studie geht es hingegen um unumkehrbare Kettenreaktionen, die jegliches Leben völlig unmöglich machen. "Es gibt eine kritische Schwelle für diese Menge an Wasserdampf, jenseits derer der Planet nicht mehr abkühlen kann. Von dort aus läuft alles aus dem Ruder, bis die Ozeane vollständig verdampfen und die Temperatur mehrere Hundert Grad erreicht", erklärte der Hauptautor der Studie, Guillaume Chaverot.

In der neuen Studie haben Astronominnen und Astronomen der Unige und des Nationalen Zentrums für wissenschaftliche Forschung in Frankreich diesen Runaway-Effekt aber zum ersten Mal simuliert, um zu verstehen, wie er sich entwickelt und welche Faktoren dazu beitragen. Einer der Schlüsselpunkte der Studie beschreibt laut Unige das Auftreten eines sehr eigenartigen Wolkenmusters, das den Runaway-Effekt verstärkt und den Prozess irreversibel macht.

Wolkenphänomen

Zum Start dieses Prozesses bilden sich demnach dichte Wolken in der oberen Atmosphäre, die die Struktur der Atmosphäre tiefgreifend verändern. "Die für die Erdatmosphäre typische Temperaturinversion, die die beiden Hauptschichten der Atmosphäre – die Troposphäre und die Stratosphäre – voneinander trennt, ist nicht mehr vorhanden", erklärte Chaverot.

"Dank früherer Studien hatten wir bereits eine solche kritische Wasserdampfschwelle vermutet, aber die Entstehung des Wolkenmusters ist eine echte Überraschung", sagte Studienautorin Émeline Bolmont. Mit ihrem Klimamodell zeigten die Forschenden außerdem, wie dieser Runaway-Prozess auf der Erde aussehen würde. Eine Verdunstung von zehn Metern der Ozeanoberfläche würde demnach zu einem Anstieg des atmosphärischen Drucks am Boden um ein Bar führen.

Mars Oberfläche Steine
Sind die Ozeane einmal verdampft, bleibt der nackte Untergrund über – wie etwa auf dem Mars.
imago stock&people

"Innerhalb weniger Hundert Jahre würden wir am Boden eine Temperatur von über 500 Grad Celsius erreichen. Später würden wir sogar bis zu 273 Bar Druck und über 1.500 Grad Celsius erreichen, wenn schließlich die gesamten Ozeane verdampft sind", so Chaverot.

Die neuen Erkenntnisse zum entstehenden Wolkenmuster sind laut den Forschenden für die Erforschung des Klimas auf anderen Planeten von großer Bedeutung. "Durch die Untersuchung des Klimas auf anderen Planeten wollen wir vor allem herausfinden, ob sie Leben beherbergen können", erklärte Bolmont. In Zukunft sollen Messinstrumente in der Lage sein, die Wolkenmuster auf fremden Planeten zu erkennen, die zeigen, dass ein solcher Runaway-Treibhaus-Prozess im Gange ist. (APA, red, 19.12.2023)