Jahreszahl 2024 am Boden, daneben steht ein Mann in den Startlöchern
Bereit für neue Herausforderungen: Zum Jahreswechsel wollen viele neu durchstarten. Viel wichtiger als der Plan ist aber die Strategie zur Umsetzung.
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Der Jahreswechsel steht vor der Tür und für viele damit die Zeit der Vorsätze. In puncto Neuanfang inklusive Zielsetzung gibt es zwei große Gruppen: jene, die eine lange Liste an Vorsätzen hat und die fix verwirklichen will. Und jene, die den 1. Jänner diesbezüglich einfach ignoriert. Wobei nicht alle in dieser Gruppe strikte Gegner von lebensverändernden Maßnahmen sind. Einige fassen nur ab und zu einen Vorsatz. Andere stoßen sich am vermeintlichen Zwang vom ersten Tag des Jahres und fangen bereits ein paar Tage vorher an – oder auch erst Mitte Jänner.

Energie des Anfangs

Aber egal, zu welchem Team man gehört, das Weiterdrehen der Jahreszahl ist doch für viele ein Ansporn, so manches zu überdenken. Und dieser Zeitpunkt ist auch wirklich ein gutes Datum, um einen Neubeginn anzugehen, findet Psychologin Heide-Marie Smolka, die sich auf Glücksforschung spezialisiert hat: "Natürlich könnte man an jedem beliebigen Tag im Jahr starten oder beispielsweise auch jeden Montag. Aber zum Jahreswechsel entsteht eine gewisse Aufbruchsenergie, und es kann helfen, diese für sich zu nutzen." Will man nicht mitten in den Ferien oder im Urlaub durchstarten, kann man das ja auch auf den 8. Jänner schieben.

Bei den Vorsätzen, die gefasst werden, gibt es eine gewisse Häufung im Bereich des Lifestyles. Mehr Fitness, gesündere Ernährung, weniger Kilos auf der Waage führen die Listen an. Das zeigt sich auch an immer beliebteren Challenges wie Veganuary, dem veganen Jänner, oder Dry January, dem Verzicht auf Alkohol im ersten Monat des Jahres.

Auch Fitness- und Yogastudios sind zu dieser Zeit immer besonders voll, euphorisch werden Jahresverträge abgeschlossen – die dann womöglich in erster Linie Kosten verursachen, aber wenig des geplanten Nutzens bringen. Wie man es vermeiden kann, viel Geld in einen Vorsatz zu investieren, den man nicht umsetzt, dazu hat Smolka einige Tipps. Und die Glücksforscherin regt noch einen anderen Neubeginn an: Gedankenhygiene.

Die Gedanken durchlüften

Aus der Gehirnforschung ist bekannt, dass man Emotionen genauso wie Muskeln trainieren kann. "Im Moment habe ich aber den Eindruck, die Menschen trainieren eher ihr 'Sorgenzentrum'. Denn wenn man sich viele Sorgen macht, potenziert sich das und sie werden immer noch mehr", sagt Smolka. Dafür sollte man sich bewusstmachen: "Worüber denke ich im Lauf des Tages nach? Wie lasse ich die Ereignisse am Abend Revue passieren? Setze ich den Fokus darauf, was gut gelaufen ist und mir Freude bereitet hat? Oder überlege ich eher, was nicht gepasst hat?" Es wäre auch ein guter Vorsatz, hier mehr positive Energie hineinzubringen, findet die Psychologin, egal ob als individuelle Person, in der Familie oder auch im Arbeitsalltag.

Damit das besser gelingt, hat Smolka eine einfache Übung entwickelt: Man legt drei Zettel auf den Boden, einer symbolisiert die Raunzerzone, einer gilt als neutraler Bereich und einer steht für gute Laune. Man steigt nun bei jedem Gedanken, der einem durch den Kopf geht, in den Bereich, der den Gedankenspirit am ehesten symbolisiert. "Dadurch wird einem ganz klar vor Augen geführt, ob man eher negativ oder auch positiv denkt."

Mit sich selbst geduldig sein

Das heißt natürlich nicht, dass alles "'happy-peppy' und rosarot sein soll. Unangenehme Gefühle sind wichtig und berechtigt. Aber wenn sie überhandnehmen, kann sich daraus eine toxische Negativität entwickeln. Und dieser kann man eben mit mehr Bewusstsein entgegenwirken", betont Smolka.

Schließlich empfiehlt die Expertin noch Geduld. "Gerade wenn ein Vorhaben eine größere Veränderung bedeutet, ist es ganz normal, wenn es nicht gleich klappt." Dann hilft es, wenn man es einfach am nächsten Tag wieder probiert – und nicht gleich aufgibt.

Schritt für Schritt

Ein Vorsatz ist schnell gefasst – und scheitert dann an der Umsetzung. Oft auch deshalb, weil das Ziel zu groß ist und damit nicht bewältigbar scheint. Da hilft ein Konzept aus dem lösungsorientierten Coaching, weiß Smolka: Man teilt das große Ganze in viele Miniziele ein – und zwar umso kleinere, je umfassender das Vorhaben ist.

Will man etwa zehn Kilo abnehmen, plant man, jeden Monat ein Kilo zu verlieren. Am Anfang vielleicht sogar nur ein halbes, so wird der Erfolg viel wahrscheinlicher. Und jedes Mal, wenn man dieses kleine Ziel erreicht hat, feiert man das. "Nimmt man sich zu viel vor, ist die Wahrscheinlichkeit zu scheitern viel größer. Dann ist man frustriert und pfeift gleich vollends darauf. Mit Minischritten kann man das verhindern."

Besser zu zweit

Gemeinsam statt einsam ist ein guter Ansatz. Und da sich viele Neujahrsvorsätze ähneln, sollte es gelingen, einen Mitstreiter oder eine Gleichgesinnte zu finden, egal ob für mehr Sport, gesündere Ernährung oder einen Rauchstopp. "Verbündete motivieren sich gegenseitig. Außerdem entsteht ein gewisser Gruppendruck, man hält sich eher an das Vorhaben", sagt Smolka.

Beispiel Rauchstopp: Wenn zwei – oder mehr – vereinbaren, zu pofeln aufzuhören, weiß man, dass der Drang zur Zigarette irgendwann kommt. Doch bevor man eine anzündet, muss man jemanden aus der Gruppe anrufen und darüber berichten. Allein schon durch dieses Hinauszögern kann man das Bedürfnis oft überspielen. Und man überlegt doppelt, ob man sich diese Blöße gibt.

Rituale bilden

Man steht am Morgen auf und putzt die Zähne. Man denkt nicht darüber nach oder entscheidet täglich neu, ob man das heute tatsächlich tut. Es ist selbstverständlich. Genau so funktionieren Rituale. Und wenn man aus seinen Vorsätzen Rituale macht, will man sie irgendwann nicht mehr missen.

Das schafft dann wieder eine gewisse Freiheit, meint Smolka. Etwa wenn der Vorsatz lautet, sich mehr zu bewegen. Man nimmt sich vor, jeden Tag eine Yogasequenz zu machen – aber nicht immer hat man genug Zeit. "Dann kann man auch einmal nur zehn Minuten Nacken und Schultern dehnen. Das geht sich immer aus. Diese Freiheit in der täglichen Umsetzung hilft, die eigene Motivation nicht zu untergraben und dranzubleiben."

Klare Ziele

Hat man einen Plan, ist es wichtig, diesen so genau wie möglich auszuarbeiten. "Ich will mehr Sport machen" oder "Im kommenden Jahr entrümple ich den Keller" sind im besten Fall fromme Wünsche. Ihre Chance auf Umsetzung ist denkbar gering.

Viel erfolgversprechender ist es, wenn man sich ganz konkret überlegt, was man eigentlich durchziehen möchte. Das könnte sein, endlich zehn Liegestütze am Stück zu schaffen. Nicht öfter als zweimal pro Woche Alkohol zu trinken. Oder der Reihe nach jede Umzugskiste, die noch im Keller steht, auszupacken und Stück für Stück zu überlegen, ob man das noch braucht. Marie Kondo hatte schon ein bisschen recht in ihrem Aufräumfimmel, wenn sie fragte: "Does it spark joy?" Alles, was keine Freude bereitet, muss weg.

Kalender füllen

Steht ein Arbeitstermin im Kalender, hält man sich daran. Immer – oder zumindest fast immer. Absagen, weil man keine Lust hat, ist keine Option. Diese Disziplin, die man dem Arbeitgeber entgegenbringt, sollte man auch sich selbst gönnen. Will man also mehr Sport machen, sollte man diese Einheiten genau so handhaben wie einen beruflichen Termin, den man im Kalender einträgt und der dann für andere Aktivitäten blockiert ist.

Natürlich kann es passieren, dass man nicht fit ist oder eine andere, noch wichtigere Sache dazwischenkommt. Deshalb sollte man sich immer einen wöchentlichen Extratermin eintragen. Fällt ein anderer aus, hat man das gleich wieder ausgeglichen. Und halten alle, dann hat man einen Bonus – mit Feel-good-Effekt danach. (Pia Kruckenhauser, 28.12.2023)