Um die Klimakrise zu bekämpfen, braucht es einen raschen und vollständigen Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Hier ist sich die Wissenschaft einig, der Öffentlichkeit ist das, auch dank der Arbeit von Klimabewegungen, mittlerweile bewusst, und selbst in der Politik kommt diese Botschaft zunehmend an. Dass aber auch die Landnutzung, also Land- und Forstwirtschaft, eine zentrale Rolle im Klimaschutz spielen wird, das erfährt weniger öffentliche Aufmerksamkeit. Dabei tragen Landwirtschaft, Forstwirtschaft und andere Landnutzungen gemäß dem sechsten Sachstandsbericht des IPCC etwa 22 Prozent zu den globalen Treibhausgasemissionen bei.

Drei Charakteristika der Landnutzung machen sie besonders relevant für den Klimaschutz. Erstens: Ökosysteme, besonders Wälder, können nicht nur Emissionen verursachen, sondern auch Kohlenstoff aufnehmen. Sie können also als "negative emissions technologies" wirken, wenn sie mehr Kohlenstoff aufnehmen als abgeben. Zweitens: Die Nutzung von Biomasse kann emissionsintensive Produkte oder Prozesse ersetzen und dadurch, soweit es nachhaltige Produktionspotenziale zulassen, Emissionssteigerungen reduzieren. Drittens: Landwirtschaft, insbesondere die Haltung von Wiederkäuern wie Rindern, verursacht einen hohen Anteil der Methan-Emissionen. Methan ist ein kurzlebiges Klimagas, das in der Atmosphäre zerfällt und das Klima nur für wenige Jahrzehnte anheizt – dafür in diesem kurzen Zeitraum aber 30- bis 80-mal stärker als CO2. Eine Reduktion der globalen Methan-Emissionen kann deshalb rasche positive Klimaeffekte haben und damit wesentlich zur Erreichung der Klimaziele beitragen.

Geschlägertes Holz liegt im Wald
Die knappe Ressource Holz sollte möglichst lange in Verwendung bleiben, um effizient eingesetzt zu werden.
Simone Gingrich

Doch wie sieht die Lage in Österreich aus? Ist Österreich ein Musterland ökologischer Landwirtschaft und nachhaltiger Forstwirtschaft, das in der Landnutzung nicht an Klimaschutz denken muss? Oder gibt es auch hier Möglichkeiten, durch Veränderungen in der Landnutzung zum Klimaschutz beizutragen?

Der Faktor Wald

Zunächst zum heutigen Beitrag der Landnutzung an den österreichischen Treibhausgasemissionen: Nach der jüngsten Treibhausgasinventur wirken Wälder als Kohlenstoffsenke. Durch den Aufbau von Biomasse kompensierten sie im Jahr 2021 etwa 13 Prozent der jährlichen fossilen Emissionen, wobei hier große Schwankungen zwischen den Jahren und hohe Unsicherheiten, insbesondere aufgrund von Emissionen aus Böden, zu berücksichtigen sind. So stellten Österreichs Wälder etwa in den Jahren 2018 bis 2019 eine Emissionsquelle in der Größenordnung von zwei bis sechs Prozent der Gesamtemissionen dar. Zugleich verursachen landwirtschaftliche Aktivitäten (Emissionen aus Viehhaltung und Bodenbewirtschaftung) etwa neun Prozent der jährlichen nationalen Fossilenergie-Emissionen.

Die Klimaeffekte von Landnutzungswandel haben sich ganz anders entwickelt als jene von fossilen Emissionen, welche besonders seit der Mitte des 20. Jahrhunderts stetig und beinahe exponentiell zugenommen haben: In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts endete die Entwaldung in Österreich, und Österreichs Wälder verwandelten sich von einer Kohlenstoffquelle in eine Kohlenstoffsenke. Landwirtschaftliche Intensivierung, Biomasse-Importe und zunehmender Einsatz von Kohle verringerten den Druck auf Wälder. Zugleich führten die Verbannung landwirtschaftlicher Praktiken wie der Waldweide und der Umstieg auf rationale Waldbewirtschaftung zu einem rascheren Waldwachstum. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts führten diese Prozesse dazu, dass über Jahrzehnte der Biomassebestand in Österreichs Wäldern zunehmen konnte, während gleichzeitig die Holzernte stieg – eine Dynamik, die bis heute anhält.

Heute stehen Wälder vor großen Herausforderungen: Der Klimawandel setzt den rasch wachsenden Fichtenbeständen insbesondere außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes in wärmeren Lagen schon heute zu, Tendenz steigend. Häufige Kalamitäten führen zu einer Reduktion der durchschnittlichen jährlichen Kohlenstoffsenke und erfordern einen graduellen Umstieg auf besser angepasste (Laubbaum-)Arten. Dadurch könnte mittelfristig das jährliche Waldwachstum wieder sinken. Eine dauerhafte Bereitstellung von Holz kann aber nur dann in Einklang mit Klimaschutzzielen gewährleistet werden, wenn sie die Biomassebestände im Wald nicht reduziert oder sogar einen weiteren Netto-Zuwachs sicherstellt. Es wird notwendig sein, die knappe Ressource Holz so einzusetzen, dass sie möglichst viele fossile Emissionen substituiert und gleichzeitig möglichst lange in Verwendung bleibt, zum Beispiel im Bausektor.

Nutztierhaltung verändern

Nun zur Landwirtschaft: Eine jüngste Analyse zeigt, dass sich Emissionen in Österreich ganz anders entwickelt haben als jene von fossilen Energieträgern. Die landwirtschaftlichen Emissionen waren schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts recht hoch und wurden erst 1878 von fossilen Emissionen überschritten. Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts setzte dann ein rascherer Zuwachs ein, der bis in die Mitte der 1980er-Jahre anhielt. Bereits ab diesem Zeitpunkt gingen landwirtschaftliche Emissionen allerdings deutlich zurück, vor allem aufgrund eines Rückgangs der Rinderpopulation und Effizienzsteigerungen in der tierischen und pflanzlichen Produktion.

Kühe auf einer Weide
Insbesondere die Haltung von Wiederkäuern verursacht einen hohen Anteil der Methan-Emissionen. Gleichzeitig würde eine andere Ernährungsform auch zur menschlichen Gesundheit beitragen.
Simone Gingrich

Diese historischen Trends landwirtschaftlicher Emissionen machen deutlich, dass eine Reduktion der tierischen Produktion ein zentraler Hebel ist, um landwirtschaftliche Emissionen zu senken und das Klima zu schützen. Eine der Herausforderungen besteht auch angesichts der langen Tradition der Tierhaltung in Österreich allerdings darin, die Nutztierhaltung auf sozial verträgliche Weise zu extensivieren.

Auch wenn die Landnutzung neben dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern eine kleinere Baustelle im Klimaschutz ist: Auch in Österreich kann sie effektiv zur Erreichung der Klimaziele beitragen. Besonders kurz- und mittelfristig kann sie eine wichtige Brückentechnologie bilden, bis die Dekarbonisierung des Energiesystems erreicht ist. Ein weiterer Vorteil am Klimaschutz in der Landnutzung: Die damit einhergehenden Änderungen der Landnutzung und der Ernährung hätten positive Auswirkungen auf die Biodiversität und menschliche Gesundheit. (Simone Gingrich, Karl-Heinz Erb, Christian Lauk, 10.1.2024)