Das Bild zeigt symbolische Bitcoin-Münzen, die auf einem Smartphone und einem Laptop liegen.
Die automatische Abfuhr der KESt bei Kryptogewinnen kommt ab 1. Jänner 2024 – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.
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Im Jahr 2023 zeigte der Markt für Kryptowährungen bisher deutliche Anzeichen einer Erholung. Zwar ist die Marktkapitalisierung noch weit von den historischen Höchstständen entfernt, doch stehen die Chancen für Gewinne nach dem Katastrophenjahr 2022 relativ gut. Wie diese Gewinne zu versteuern sind, wurde im Rahmen der ökosozialen Steuerreform "neu" festgelegt und ist bereits seit 1. März 2022 gültig. Am 1. Jänner 2024 wird nun eine weitere Regelung in Kraft treten. DER STANDARD hat sich angesehen, was es dabei zu beachten gilt. Es wird kompliziert.

Eine Automatik – mit Ausweichoption

Die Neuerung betrifft laut Verordnung im Wesentlichen die Verpflichtung inländischer Dienstleister, also österreichischer Krypto-Plattformen und Broker wie Bitpanda oder Coinfinity, die Kapitalertragsteuer (KESt) in der Höhe von 27,5 Prozent direkt bei der Veräußerung von Kryptowährungen einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Mit weitreichenden Folgen.

Auf den ersten Blick scheint das für viele Anlegerinnen und Anleger eine Erleichterung zu sein, da sie sich nicht mehr selbst um die Abfuhr der Steuer kümmern müssen. "Betroffen sind aber nur Anlegerinnen und Anleger mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich, die einen inländischen Dienstleister für den Verkauf der Kryptowährung in gesetzliches Zahlungsmittel nützen", sagt Natalie Enzinger.

Die Krypto-Steuerexpertin von crypto-tax.at weist zudem darauf hin, dass Anleger auch auf ausländische Dienstleister ausweichen können, um einen KESt-Abzug zu vermeiden. Werden Kryptowährungen von der betroffenen Personengruppe auf ausländischen Handelsplattformen wie Coinbase, Binance oder Kraken in Euro oder US-Dollar gewechselt, gibt es keinen KESt-Abzug. Erzielte Gewinne sind wie gehabt in der Steuererklärung zu deklarieren.

Erheblicher Mehraufwand

Für die inländischen Plattformen und Broker kommt erschwerend hinzu, dass sie detaillierte Informationen über die Anschaffungskosten und den Anschaffungszeitpunkt der verkauften Kryptowährungen erheben müssen, um die Höhe einer allfälligen KESt korrekt berechnen zu können. Die vom Kunden abgefragten Anschaffungskosten und Anschaffungszeitpunkte sind zudem von den inländischen Dienstleistern im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung, die automatisiert stattfinden kann, zu überprüfen. Dies ist einerseits mit einem enormen Mehraufwand für inländische Dienstleister verbunden, die entsprechende Prozesse in ihre technische Infrastruktur neu integrieren mussten.

Auf der anderen Seite kann das Bereitstellen dieser Informationen Anlegerinnen und Anleger, die meist nur einen möglichst unkomplizierten Verkauf im Sinn haben, auch überfordern: "Man muss plötzlich Informationen wie Anschaffungskosten und Anschaffungszeitpunkt wissen und eingeben, was im Kryptobereich nicht immer ohne weiteres leicht feststellbar ist", sagt Enzinger.

Wenn Transaktionen nicht richtig dokumentiert wurden und in weitere Folge nicht plausible Anschaffungskosten von Kunden bekanntgegeben werden, muss ein pauschaler KESt-Abzug durch den inländischen Dienstleister erfolgen. "Das führt dazu, dass Anlegerinnen und Anleger verpflichtet sind, diese Einkünfte weiterhin in die Steuererklärung aufzunehmen", gibt die Krypto-Steuerexpertin zu bedenken.

Nachweis bleibt entscheidend

Beim Verkauf von Kryptowährungen, die vor dem 1. März 2021 angeschafft wurden, fällt keine KESt an, da diese ja weiterhin als Krypto-Altvermögen gelten. Voraussetzung ist natürlich nach wie vor der Nachweis der Anschaffungskosten und des Anschaffungszeitpunktes. Bei der Veräußerung von Krypto-Neuvermögen (ab dem 1. März 2021) fällt KESt auf den Veräußerungsgewinn an, der sich aus der Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten errechnet. Die Plattformen bzw. Broker sind verpflichtet, diese Steuer direkt einzubehalten und abzuführen.

Sollten vom Anleger keine oder unrichtige Anschaffungskosten bzw. Anschaffungszeitpunkt angegeben werden, wird von Krypto-Neuvermögen ausgegangen und die Plattform bzw. der Broker hat einen pauschalen KESt-Abzug durchzuführen. Bei einem pauschalen KESt-Abzug werden die Anschaffungskosten mit der Hälfte des Veräußerungserlöses angesetzt. Im Falle eines pauschalen KESt-Abzuges muss der Anleger bzw. Anlegerin außerdem nach wie vor die Gewinne in der Steuererklärung erfassen. Die abgezogene KESt wird im Rahmen der Steuererklärung berücksichtigt.

Eine Adresse, zwei Möglichkeiten

Ein weiterer Sonderfall ergibt sich bei der Abwicklung von Transaktionen, wenn die Kryptowährung sowohl vor als auch nach dem 1. März 2021 erworben und auf derselben Adresse gespeichert wurde. In diesem Fall räumt der Gesetzgeber den Anlegerinnen und Anlegern das Recht ein, zu entscheiden, welche der vor oder nach diesem Datum erworbenen Coins sie zuerst verkaufen möchten. Im Zweifel wird davon ausgegangen, dass die zuerst gekauften Coins auch zuerst verkauft werden, es sei denn, die Anlegerinnen und Anleger treffen eine andere Entscheidung.

Um Diskussionen mit dem Finanzamt zu vermeiden, ist es trotz dieser scheinbar großzügigen Regelung ratsam, die Transaktionen auf Basis der Blockchain-Einträge so zu wählen, dass sie eindeutig als Alt- oder Neuvermögen identifizierbar sind. Besondere Bedeutung kommt dabei der Funktion "Coin Control" zu, die in einigen Bitcoin-Wallets wie Ledger und Trezor verfügbar ist. Durch den gezielten Einsatz dieser Funktion können Anlegerinnen und Anleger sicherstellen, dass ihre Transaktionen eindeutig als Krypto-Altvermögen oder Krypto-Neuvermögen zu werten sind und später keine Unklarheiten bei der steuerlichen Behandlung entstehen.

Nur je nach Anlageverhalten sinnvoll

Unter Berücksichtigung dieser Rahmenbedingungen sind die Schlussfolgerungen eigentlich klar: Für in Österreich ansässige Anlegerinnen und Anleger, die nur gelegentlich Kryptowährungen bei inländischen Anbietern in gesetzliches Zahlungsmittel tauschen und die Kryptowährungen auch durch einen inländische Dienstleister verwahren lassen, erscheint der KESt-Abzug tendenziell vorteilhaft. Sie müssen sich im Gegensatz zu früher steuerlich nicht weiter damit beschäftigen, wie die Gewinne in der Steuererklärung deklariert werden müssen. Diese Bequemlichkeit kann nur durch den Prozess der Angabe der Anschaffungskosten und des Anschaffungszeitpunkts getrübt werden.

Wer allerdings ein komplexeres oder großes Portfolio hat und auch ausländische Börsen und Plattformen verwendet, sollte genau abwägen, ob es sinnvoll ist, die Kryptowährung über inländische Dienstleister in gesetzliches Zahlungsmittel zu wechseln, rät Enzinger. Schließlich muss man bei der Verwendung ausländischer Dienstleister ohnedies eine Steuererklärung abgeben.

In diesem Fall besteht zudem auch ein gewisser Liquiditätsvorteil. Bei Nutzung eines inländischen Dienstleisters wird die Kapitalertragsteuer für den Kunden schließlich sofort vom Veräußerungserlös in Abzug gebracht. Bei der Nutzung ausländischer Dienstleister müssen hingegen die Einkünfte im Rahmen der jährlichen Steuererklärung angegeben werden, für diese haben Anlegerinnen und Anleger bekanntlich bis zum 30. Juni des Folgejahres Zeit. Die Steuer fällt hier erst später an.

Kleiner Trost: Bis auf den KESt-Abzug gibt es in Österreich zumindest bis 2024 keine Änderungen bei der Besteuerung von Kryptowährungen zu beachten. Damit dürften viele Anlegerinnen und Anleger aber ohnehin schon mehr beschäftigt sein, als ihnen lieb ist. (Benjamin Brandtner, 22.12.2023)