Sein Vater, der Bastler: Es hat mit einem "Tretrad und einem Mofamotor" angefangen, den ihm sein Vater zusammengebastelt hatte, als er vier Jahre alt war. Die Leidenschaft für den Motorsport ist bei Michael Schumacher sehr früh entfacht worden. Weniger weil sein Vater ein Motorsportfanatiker war, sondern weil er als Tüftler galt, der seine Söhne auf den Geschmack brachte. Auch oder gerade weil der eine oder andere Laternenmast daran glauben musste, die Weichen waren jedenfalls rasch gestellt und Michael Schumachers Leidenschaft für den Motorsport geweckt.

Michael Schumacher, eine Ikone des Motorsports.
Michael Schumacher, eine Ikone des Motorsports.
imago images/Pakusch

50 Jahre und sieben Weltmeistertitel später befindet sich die 54-jährige Formel-1-Legende in medizinischer Rehabilitation. Und das bereits seit zehn Jahren. Am 29. Dezember 2013 zog sich Schumacher bei einem Skiunfall im französischen Méribel so schwere Kopfverletzungen zu, dass er seitdem hermetisch von der Öffentlichkeit abgeschirmt wird. Wie es ihm geht, geht nur seine Familie etwas an. Exakt zehn Jahre nach dem Unfall zeichnet die fünfteiligen Doku-Serie "Being Michael Schumacher" den Weg des Jungen auf der Kartbahn an der Kiesgrube in Kerpen zu einer Motorsportlegende nach.

Leben an der Kartbahn

Michaels um sechs Jahre jüngerer Bruder Ralf führt die Zuseherinnen und Zuseher dorthin, wo alles begann. Zur Kartbahn. Während die beiden Schumi-Brüder im Kreis fuhren, stand ihre Mutter Elisabeth hinter der Bude, um den Imbiss zu führen. Mit zehn Jahren durfte Michael einen kleinen Fiat steuern. "Er musste schalten, kuppeln, Gas geben, bremsen, weil das Auto keine Automatik hatte. Das macht er auch alles, aber das macht er, während er in dem Auto steht, weil sitzend kommt er noch nicht an die Pedale. Dafür ist er noch zu klein", schildert ein Weggefährte Schumachers Anfänge im Rennauto.

Michael sei in allem extrem gewesen, so charakterisiert ihn sein Vater – zu sehen und zu hören auf den vielen Archivaufnahmen, die Teil der Doku sind. Während Jungs seines Alters in die Disco gingen, habe sein Sohn auf der Kartbahn trainiert. Die jungen Jahre der Schumacher-Brüder sind gut dokumentiert. In Wort und Bild, der Weg zum Olymp des Motorsports war vorprogrammiert – vom Kartfahren über die Formel 3 und Sportwagen-Weltmeisterschaft bis zur Formel 1. Und das mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten, aber privaten Förderern wie Gerhard Noack, Präsident des Kart-Clubs Kerpen. Er nahm Schumacher unter seine Fittiche und führte in raus aus dem Mikroskosmos der Kartbahn in die glamouröse Welt des Motorsports.

Es begann mit einer Lüge

Michael Schumachers Einstieg in die Formel 1 begann mit einer Lüge. Da Jordan-Fahrer Bertrand Gachot eine Gefängnisstrafe verbüßte – er attackierte einen Taxifahrer mit Tränengas –, sollte Schumacher 1991 beim Grand Prix im belgischen Spa als sein Ersatzfahrer fungieren. Gefüttert mit Geld von Peter Sauber und dank einer Bürgschaft von Mercedes. Aufgrund der anspruchsvollen Strecke wollte Jordan-Teamchef Eddie Jordan davor wissen, ob Schumacher den Kurs kenne. Sein Management um Willi Weber versicherte ihm, dass das der Fall sei, weil sich Schumachers Heimatort Kerpen in der Nähe befinde. Schumacher ist die Strecke zuvor tatsächlich einmal gefahren, und zwar mit einem Fahrrad. Er musste mit seinem Manager in einer Jugendherberge übernachten, weil Jordan vergessen hatte, ein Hotelzimmer für ihn zu buchen. Solche Geschichten zementieren den Legendenstatus.

Aus nach 500 Metern

Das Rennen selbst war schnell wieder vorbei. Nach Platz sieben im Qualifying und einem fulminanten Start, der ihn bereits auf Platz fünf katapultierte, kam Schumacher nur 500 Meter weit, weil der Jordan einen Kupplungsschaden hatte. Schumacher verließ Jordan nach nur einem Rennen, um im Benetton Ford zu landen. Der Rest ist 20 Jahre dauernde Motorsportgeschichte. Seinen ersten Grand Prix gewann Schumacher 1992 just in Belgien, wo er als Formel-1-Fahrer debütierte. Bei Benetton wurde er 1994 und 1995 Formel-1-Weltmeister, für Ferrari gelang ihm das Kunststück, die Weltmeisterschaft fünfmal in Folge zu gewinnen (2000 bis 2004). Am Ende seiner Karriere standen in 307 Grand Prix 91 Siege zu Buche.

"Schummel-Schumi"

Das Schöne an der Doku von Andreas Troll ist, dass sie sowohl Schumachers sportliche Erfolge mitsamt den zahlreichen Kontroversen würdigt, man erinnere sich an das Jahr 1997, als er Jacques Villeneuve im letzten Rennen ins Aus rammen wollte, als auch den Menschen hinter der Rennmaschine zeigt. Er blieb privat zwar immer bodenständig und ein Familienmensch, mit Kritik konnte er aber nicht gut umgehen. Sein Spitzname "Schummel-Schumi" geht auf sein umfangreiches Sündenregister als Fahrer zurück. Er war auf der Rennstrecke einer, der alles dem Erfolg untergeordnet hat. Koste es, was es wolle. Skandale und Strafen pflasterten seinen Weg.

Der Privatmensch ist viel netter als der Rennfahrer, sagte Schumacher einmal über sein Alter Ego. Seine Weggefährten sprechen von zwei Schumachers, die es gab: den harten, unnahbaren auf der Strecke und den lustigen Kumpeltyp sowie sensiblen Familienmenschen außerhalb des Rennanzugs. Das zweite Gesicht wollte er nicht so oft zeigen.

"Meine Damen und Herren, schlechte Nachrichten von Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher." Mit diesen Worten leiteten die ARD-Tagesthemen am 29. Dezember 2013 jene bittere Nachricht ein, die die Fans von Michael Schumacher erschütterte. Zehn Jahre später lohnt es sich, auf eine außergewöhnliche Karriere zurückzublicken. (Oliver Mark, 28.12.2023)