Viele Autos von Tesla werden von Problemen mit der Aufhängung oder dem Lenker geplagt. Die Fehler dürften bereits in den Werken passieren.
AFP/SUZANNE CORDEIRO

Wenn man ein Auto um saftige 55.000 Dollar (ca. 50.000 Euro) kauft, dann erwartet man sich auch, dass die Qualität stimmt. Keinesfalls geht man davon aus, dass man 24 Stunden später eine Rechnung von der Werkstatt über 14.000 Dollar (12.800 Euro) präsentiert bekommt. Genau das ist dem Käufer eines Tesla Model Y in England passiert. Die Reaktion von Tesla fiel allerdings denkwürdig aus: Die Firma weigerte sich zu zahlen mit der einigermaßen originellen Begründung, das Fahrzeug wies bereits "frühere" Schäden auf.

Als Shreyansh Jain mit seinem neuen Tesla Model Y nach Hause fuhr, gab in einer Kurve plötzlich die Aufhängung des rechten Vorderrads nach. Jain verlor die Kontrolle über das Fahrzeug. Der Tesla schlitterte über die Straße und blieb schließlich stehen. Jain blieb glücklicherweise unverletzt.

Tesla zahlt nicht

Die Reparatur des Schadens nahm insgesamt 40 Arbeitsstunden in Anspruch. Dabei wurden unter anderem die Aufhängung erneuert und die Lenksäule ausgetauscht. Ein Mitarbeiter teilte Jain zunächst in einer Textnachricht mit, dass sie "keine Anzeichen für einen äußeren Schaden" gefunden hätten, und deutete an, dass Tesla für die Reparatur des Fahrzeugs aufkommen würde. Was bei einem Neuwagen auch zu erwarten wäre. Die endgültigen Kosten beliefen sich auf rund 14.000 Dollar.

Doch Tesla weigerte sich plötzlich zu zahlen. Die Begründung: Der Unfall des Elektroautos sei auf "frühere" Aufhängungsschäden zurückzuführen. Jain musste einen Selbstbehalt bezahlen und den Schaden seiner Versicherung melden, woraufhin diese natürlich die Raten kräftig anhob. Anschließend verkaufte der verärgerte ehemalige Tesla-Fan das reparierte Model Y für 45.000 Dollar, 10.000 Dollar weniger, als er ursprünglich gezahlt hatte. Das Auto hatte zu diesem Zeitpunkt 185 Kilometer am Tacho.

Angeblich tausende ähnliche Fälle

Die ganze Episode wäre als besonderes Pech schnell vergessen, doch wie Recherchen von "Reuters" ergaben, dürfte der Schaden am Model Y kein Einzelfall gewesen sein. Vielmehr soll es zu tausenden ähnlichen Qualitätsmängeln gekommen sein. Reuters beruft sich dabei auf interne Tesla-Dokumente sowie mehr als 20 Interviews mit Kunden, neun ehemaligen Tesla-Managern und Servicetechnikern.

Demnach betreffen Mängel an den Aufhängungen und an den Lenkern die gesamte Tesla-Produktpalette. Reuters schreibt weiter, dass Tesla seit langem vom Ausmaß der Qualitätsmängel bei seinen Elektrofahrzeugen weiß, dies aber weder gegenüber Kunden noch den Verkehrsbehörden offenlegt. Tesla gibt stattdessen den eigenen Kundinnen und Kunden die Schuld und richtet ihnen aus, die Teile seien nicht fehlerhaft, es liege ein Fahrfehler oder eben eine vorherige durch den Kunden verursachte Beschädigung vor.

Das Problem ist auch nicht auf Teslas aus den USA beschränkt, auch bei Autos, die in der Gigafactory nahe Berlin gefertigt wurden, gibt es ähnliche Berichte. Auch hier sollen immer wieder Fahrzeuge mit fehlerhaften Aufhängungen ausgeliefert werden.

Behörden leiten Untersuchungen ein

Tesla-Fahrzeuge waren in der Vergangenheit bereits Gegenstand mehrerer Untersuchungen der National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA). Die Behörde kündigte diesen Monat einen Rückruf aller Fahrzeuge an, die das Unternehmen in den USA aufgrund von Autopilot-Fehlern verkauft hat. In diesem Zusammenhang hat eine aktuelle Studie ergeben, dass Tesla-Fahrer in mehr Unfälle verwickelt sind als Fahrer anderer Automarken. Die Ursache dafür ist unklar. Darüber hinaus muss Tesla 120.000 Fahrzeuge zurückrufen, weil sich bei einem Unfall die Türen öffnen könnten. Die schwedische sowie die norwegischen Verkehrsbehörden teilten in der Vorwoche mit, dass sie aktuell Fehler in der Aufhängung von Fahrzeugen von Tesla prüft.

Tesla-CEO Elon Musk erklärt die Qualitätsmängel in einem Interview auf dem Jahr 2021 so: "Wenn man schneller wird, passieren diese Dinge einfach".

Arbeitskampf in Skandinavien

Das ist längst nicht das einzige Problem, das den Elektroautobauer aus den USA plagt. In Europa steht das Unternehmen mitten in einem Arbeitskampf mit Servicemechanikern, nachdem Elon Musk fixe Mindestlöhne abgelehnt hatte und sich gegen Gewerkschaften aussprach.

Vor allem in Skandinavien solidarisierten sich zahlreiche andere Gewerkschaften mit den Tesla-Angestellten. So stellt die schwedische Post keine Nummernschilder für Teslas mehr zu, finnische Hafenarbeiter weigern sich, Teslas zu entladen und Elektriker haben die Wartung von Tesla-Ladesäulen in Schweden eingestellt. Reinigungspersonal ist aufgerufen, die Ausstellungsräume des Herstellers nicht mehr zu säubern. (pez, 25.12.2023)