Wie lässt sich wissenschaftlich untersuchen, was glücklich macht?

Die österreichische Redensart "Das Glück ist ein Vogerl" betont die Flüchtigkeit des Glücks, wie rasch es kommen und wieder verschwinden kann. Ab und an fliegt es einem zu – und dann ist es auch schon wieder weg. Auch als Forschungsgegenstand scheint sich das Glück zu entziehen, es ist kaum wissenschaftlich zu fassen.

Natürlich wollen Wissenschafterinnen und Wissenschafter dennoch herausfinden, was uns Menschen glücklich macht, und um dieser Frage näher zu kommen, hat die Glücksforschung äußerst aufwendige Studiendesigns entwickelt. Die aussagekräftigsten Glücksstudien begleiten ihre Probandinnen und Probanden über Jahrzehnte hinweg, oft den Großteil ihres Lebens. Die wichtigste Studie zum Thema ist die Harvard Study of Adult Development, für die Generationen von Forschenden mehr als 2000 Menschen über 80 Jahre lang begleitet haben. Regelmäßige Befragungen stehen dabei ebenso auf dem Programm wie diverse physiologische Untersuchungen, von Gehirnscans bis zu Blutuntersuchungen. Auch 25 Gehirne wurden von verstorbenen Teilnehmern gespendet. Die Harvard-Studie läuft nach wie vor und ist die größte Glücksstudie, die es je gegeben hat.

Zwei Mädchen, Freundinnen, sitzen im Gras und hören gemeinsam Musik
Welche Art der Beziehung glücklich macht, ist von Person zu Person unterschiedlich.
IMAGO/Westend61

Was macht uns also glücklich?

Wie die Harvard-Studie und andere Glücksstudien in breiter Übereinstimmung herausgefunden haben, sticht ein Faktor heraus, der für ein glückliches Leben entscheidend ist: gute zwischenmenschliche Beziehungen. Quer durch alle Altersschichten, Kulturkreise und sozioökonomische Situationen geben Menschen mit großer Übereinstimmung an glücklich zu sein, wenn sie gute soziale Beziehungen führen und sich nicht isoliert fühlen.

Was das genau für Beziehungen sind und wie intensiv sie sind, ist wiederum individuell höchst unterschiedlich. Für manche sind romantische Partnerschaften für ein glückliches Leben entscheidend, für andere sind es Eltern oder Kinder. Manche Menschen decken ihre sozialen Bedürfnisse ab, indem sie immer wieder nett mit der Nachbarin von nebenan plaudern oder mit Zufallsbegegnungen auf der Straße ein nettes Wort wechseln. Es gibt kein richtig und kein falsch bei der Form und Intensität von Beziehungen, die für alle Menschen die Beste wären. Wichtig für ein glückliches Leben ist aber, dass man sich nicht einsam und isoliert oder ausgenutzt und missbraucht fühlt. "Wenn wir alle 84 Jahre der Harvard-Studie nehmen und sie zu einem einzigen Lebensprinzip zusammenfassen, wäre es dieses: Gute Beziehungen machen uns gesünder und glücklicher", betonen die beiden Direktoren der Harvard-Glücksstudie Robert Waldinger und Marc Schulz.

Macht Geld glücklich?

Ein glückliches Leben ist freilich nicht nur von einem einzigen Faktor abhängig. Neben erfolgreichen Beziehungen schlagen sich natürlich auch der Gesundheitszustand, gesellschaftliche Anerkennung und die sozioökonomische Situation auf das Wohlbefinden nieder. Reichtum ist etwas, das viele Menschen mit Glück verbinden.

Wissenschaftlich betrachtet ist das Zusammenspiel von Geld und Glück komplex. In zahlreichen Studien konnte inzwischen gezeigt werden, dass es dabei so etwas wie eine magische Schwelle gibt, die meist leicht unter dem Durchschnitt des jeweiligen Landes liegt: Hat man deutlich weniger Geld zur Verfügung als der Durchschnitt, wirkt sich zusätzliches Geld tatsächlich positiv auf das Wohlbefinden aus. Je ärmer man ist, umso stärker hilft Geld dabei, den Alltag zu meistern und sorgenfreier zu leben. "Bei niedrigeren Einkommensstufen bringt Geld greifbare Vorteile, die für das Überleben, die Sicherheit und das Gefühl der Kontrolle notwendig sind", sagen Waldinger und Schulz. Je ärmer man ist, umso stärker wird jedes zusätzliche Einkommen die Zufriedenheit erhöhen.

Doch oberhalb der magischen Schwelle, die etwa beim Durchschnittseinkommen liegt, spielt Geld eine andere Rolle: Es geht dann mehr darum, Status und Stolz zu bedienen – das macht aber nicht unbedingt glücklich. Auch in Studien bei Menschen, die beim Lotto eine hohe Summe gewinnen, zeigt sich, dass die Zufriedenheitswerte in den Monaten nach dem Gewinn überdurchschnittlich sind. Doch nach einiger Zeit flachen sie wieder ab, und die Gewinnerinnen und Gewinner sind genauso glücklich oder unglücklich wie die Durchschnittsbevölkerung.

Was ist das beste Rezept für ein glückliches Leben?

Man möchte meinen, dass das Glück eine höchst individuelle Angelegenheit ist und es daher nicht die eine goldene Regel gibt, deren Befolgung zum Glücklichsein führt. Interessanterweise zeigt die Wissenschaft aber etwas anderes: Nachdem Glücksstudien in großer Übereinstimmung die Bedeutung von guten Beziehungen für ein glückliches Leben nachweisen, lässt sich daraus auch ein praktischer Ratschlag ableiten. Den Menschen, die einem nahestehen, mehr Aufmerksamkeit zu schenken ist für Waldinger und Schulz "die beste Investition" für ein glückliches Leben.

Was steht uns beim Glücklichsein im Weg?

Den geliebten Menschen mehr Aufmerksamkeit zu schenken, Freunde öfter zu kontaktieren, etwas gemeinsam zu unternehmen oder ein vertrautes Gespräch zu führen – das klingt alles vergleichsweise einfach. Was steht uns dann eigentlich beim Glücklichsein im Weg? Laut dem renommierten Glücksforscher Robert Waldinger, der auch als Psychoanalytiker und Zen-Priester tätig ist, sind das vor allem falsche Vorstellungen vom Glück.

Immer wieder wird Glück – fälschlicherweise – als ein Preis betrachtet, den man durch Leistung oder Zufall gewinnen kann und dann für immer behält. Oder als finales Ziel, zu dessen Erreichung zahlreiche Hindernisse überwunden werden müssen. "Natürlich funktioniert das so nicht", sagt Waldinger. Wer sein Glück davon abhängig macht, beispielsweise eine gewisse Checkliste zu erfüllen, missachtet, was der gelernte Österreicher schon immer wusste – dass das Glück ein flüchtiges Vogerl ist. (Tanja Traxler, 29.12.2023)