Donald Trump vor Gericht – ein Bild, wie man es 2024 noch öfter sehen wird (Gerichtszeichnung).
Donald Trump vor Gericht – ein Bild, wie man es 2024 noch öfter sehen wird (Gerichtszeichnung).
REUTERS/JANE ROSENBERG

Seinen Triumphzug ins Wahljahr 2024 hat sich Donald Trump wohl anders vorgestellt: Nach Colorado hat nun Maine als zweiter US-Bundesstaat den um ein Comeback bemühten Ex-Präsidenten von der Vorwahl der Republikaner ausgeschlossen. Ein ähnlicher Antrag in Kalifornien wurde hingegen abgelehnt: Trump darf im bevölkerungsreichsten US-Bundesstaat ganz normal kandidieren.

In Maine erklärte Staatsministerin (Secretary of State) Shenna Bellows den Vorwahlantrag des Ex-Präsidenten für "ungültig": Trump sei laut einem Verfassungszusatz "nicht für das Präsidentenamt qualifiziert", da er am 6. Jänner 2021 im US-Kapitol in Washington einen "Aufstand" gegen die Verfassung angezettelt habe – dieser Tatbestand sei auch ohne letztinstanzlich abgeschlossenen Prozess erwiesen. Da Bellows davon ausgehen kann, dass Trump gegen diese Entscheidung berufen wird, setzte sie diese formell gleich einmal aus. So war man auch wenige Tage zuvor in Colorado vorgegangen.

U.S. Supreme Court

Auch wenn in den kommenden Tagen und Wochen andere Bundesstaaten so entscheiden sollten: Berufen kann der Ex-Präsident immer – und letztlich wird das finale Urteil zu diesen Causen am Obersten US-Gericht, dem Supreme Court in Washington, gesprochen werden müssen. Dieses ist in seiner Zusammensetzung vorwiegend konservativ, was Trump entgegenkommen sollte. Es gilt aber als wahrscheinlich, dass sich das Gremium ohnehin Zeit lassen würde mit der Urteilsfindung – womöglich so lange, bis die Vorwahlen oder gar die Präsidentschaftswahlen längst vorbei sind. In der Praxis bedeutet das, dass Trump normal kandidieren kann – auch in jenen Staaten, die sein Antreten verhindern wollen.

Die Anhänger des demokratischen Amtsinhabers Joe Biden freuen sich indes schon über die zusätzlichen juristischen Kalamitäten des wahrscheinlichen republikanischen Anwärters aufs Weiße Haus: Schließlich muss Trump im Wahljahr 2024 nicht nur Millionen unentschlossener Wähler und Wählerinnen auf der Wahlkampfbühne und bei TV-Debatten von sich überzeugen, sondern er wird seine Kampagne auch etliche Male unterbrechen müssen, um bei mehreren Gerichtsverfahren persönlich zu erscheinen.

Vorwahlmarathon

Zunächst aber gilt es für alle Kandidaten in beiden Lagern – Republikaner wie Demokraten –, den Vorwahlmarathon zu überstehen. Den Anfang macht für die Republikaner der Iowa Caucus am 15. Jänner. Es folgen, mehr oder weniger im Wochenrhythmus, New Hampshire, South Carolina, Michigan und andere Staaten. Eine erste Vorentscheidung wird am Super Tuesday am 5. März erwartet, wenn in mehr als 15 Bundesstaaten gleichzeitig gewählt wird.

Trump gilt trotz aller juristischen Hindernisse als haushoher Favorit bei den Republikanern. Sein Vorsprung in den parteiinternen Umfragen ist so groß, dass er auf die Teilnahme an bisher vier großen TV-Debatten verzichten konnte – und dennoch drehte sich fast alles nur um ihn.

Der Nominierungsparteitag der Republikaner wird vom 15. bis 18. Juli in Milwaukee, Wisconsin stattfinden – erst dann beginnt formell der tatsächliche Wahlkampf gegen den demokratischen Kandidaten, der aller Voraussicht nach Joe Biden sein wird. Aber auch der Amtsinhaber muss das Procedere mit Vorwahlen und Parteitag absolvieren.

Prozessmarathon

Doch die Mühen und der Stress der Wahlkampagne werden für Trump, der im kommenden Juni 78 Jahre alt wird, nicht die einzige Belastung sein: Gleichzeitig muss der Kandidat vier Strafverfahren, zwei Zivilverfahren und womöglich etliche Wahlrechtsverfahren wie in Colorado und Maine ausfechten.

Bereits im März, nur wenige Wochen nach dem Super Tuesday, könnte das von Sonderermittler Jack Smith angestrengte Verfahren wegen Trumps Rolle beim Aufstand im US-Kapitol am 6. Jänner 2021 starten. Trump muss sich darin persönlich vor Geschworenen in Washington verantworten, ein Urteil will Smith schon bis Anfang oder Mitte Juli erzielen – also knapp vor dem Nominierungsparteitag der Republikaner. Im Fall einer Verurteilung ginge Trump, zumindest erstinstanzlich, strafrechtlich verurteilt in das Wahlkampffinale.

Ebenfalls im März könnte in New York ein Prozess zu Schweigegeldzahlungen und missbräuchlicher Verwendung von Wahlkampfgeldern beginnen. Hier geht es um die medial seit Jahren bekannte Causa um die Pornodarstellerin Stephanie Clifford, besser bekannt als Stormy Daniels. Zuletzt verdichteten sich Anzeichen dafür, dass der Prozess vertagt werden könnte.

Im Mai soll ein Verfahren starten, in dem es um nicht zurückgegebene und unterschlagene Geheimdokumente aus der Zeit Trumps im Weißen Haus geht. Diese waren im Privatwohnsitz Trumps in Mar-a-Lago in Florida sichergestellt worden.

Trump und 18 Mitangeklagte sollen ab August im Bundesstaat Georgia wegen versuchter Fälschung von Wahlresultaten 2020 und Betrugs von Wählerinnen und Wählern vor Gericht stehen. Ein Urteil wird lange nach der geschlagenen Wahl 2024 erfolgen.

Auf zivilrechtlicher Ebene wartet Trump im Zusammenhang mit Betrugsvorwürfen zum Wert des Trump-Konzerns auf ein Strafmaß – ebenso wie in einem Verfahren zu Belästigung und sexuellem Missbrauch. (Gianluca Wallisch, 29.12.2023)