Er ist der Chef des größten heimischen Wärmepumpenerzeugers setzt sich für den Klimaschutz und für Erneuerbare ein: Karl Ochsner, Chef von Ochsner-Wärmepumpen, wäre der typische Grünen-affine Unternehmer, wenn da nicht seine (frühere) Nähe zur FPÖ wäre. Der Trauzeuge von Heinz-Christian Strache wurde von der FPÖ unter Türkis-Blau in zwei wichtige Aufsichtsräte nominiert.

STANDARD: Ist es schon entschieden, wie wir in Zukunft heizen werden? Wird jedes Wohnhaus über eine Wärmepumpe verfügen in 20 Jahren, oder werden wir weiter Gas und Öl nutzen?

Ochsner: Die Fernwärme wird auch in Zukunft in Städten eine Rolle spielen und Biomasse eine gewisse Nischenrolle auf dem Land besetzen. Aber darüber hinaus ist die Sache recht klar: 80 Prozent der Wärmeerzeugung wird bis Mitte des Jahrhunderts mit Wärmepumpen geschehen, wie auch eine Studie des deutschen Fraunhofer-Instituts gezeigt hat. Es wird keine Energiewende ohne Wärmewende geben, und es wird keine Wärmewende ohne die Wärmepumpe geben.

STANDARD: Was sind die Vorteile einer Wärmepumpe?

Ochsner: Der elektrische Strom, der die Antriebsenergie liefert, ist die Leitenergie der Zukunft. Strom ist das Einzige, was wir selber erzeugen können, etwa mit einer Photovoltaikanlage am Dach. Die Wärmepumpe ist darüber hinaus die einzige Technologie, mit der sich heizen und kühlen lässt. Das ist in Zeiten des Klimawandels ein Vorteil, weil die Temperaturen nicht nur im Mittel wärmer werden, sondern auch die Wetterextreme zunehmen.

STANDARD: Im Einfamilienhaus gelten Wärmepumpen schon heute als effizienteste Technologie. Aber viele sind bei größeren Gebäuden pessimistisch.

Ochsner: Es funktioniert im Kleinen wie im Großen. Es gibt keine Grenzen für die Wärmepumpe: Sie können jeden Flughafen, jedes Shoppingcenter damit heizen. Es ist das gleiche Modell wie im Einfamilienhaus, nur nach oben skaliert. Die Wärmequelle ist bei der Pumpe immer die Sonne, das Grundwasser oder die Erdwärme. Diese drei Quellen liefern zwischen 60 und 80 Prozent der Gesamtenergie. Die restliche Energie kommt aus der Steckdose. Die Relation ist immer gleich, ob das Gebäude nun klein oder groß ist. Damit ist auch die Energieeinsparung immer gleich groß.

Karl Ochsner lässt in Österreich 10.000 Wärmepumpen pro Jahr bauen, einen Teil davon für Partnerfirmen.
Karl Ochsner lässt in Österreich 10.000 Wärmepumpen pro Jahr bauen, einen Teil davon für Partnerfirmen.
Florian Voggeneder, DER STANDARD

STANDARD: Funktioniert das schon in großen Wohnhäusern?

Ochsner: Absolut, bei Wohngebäuden mit 20 oder mehr Wohnungen hat Ochsner besonders hohe Marktanteile. Da werden große, zentrale Einheiten aufgestellt, im Keller zum Beispiel. Aber wir entwickeln außerdem gerade mit dem Austrian Institute of Technology eine Gasthermenersatz-Wärmepumpe für große Städte wie Wien. Bis zur Marktreife wird das noch ungefähr zwei bis drei Jahre dauern, aber wenn es einmal so weit ist, dann lassen sich auch in Wohnungen problemlos kleine, dezentrale Wärmepumpen installieren. Diese Lösungen sind also da, oder es wird sie bald geben.

STANDARD: Wo bewegen wir uns da aktuell preislich?

Ochsner: Bei einer Wohneinheit, egal ob Einfamilienhaus oder Wohnung, reden wir bei einem Einstiegsprodukt von 15.000 bis 20.000 Euro inklusive Installation. Und bei größeren Einfamilienhäusern oder größeren Wohnungen sind es 20.000 bis 35.000 Euro. In einem großen Mehrparteienhaus können es also auch 100.000 Euro sein, je nach Anzahl der Wohneinheiten.

STANDARD: Die Regierung wird den Ausstieg aus fossilen Heizsystemen stärker fördern. Aber ein fixes Enddatum für den Ausstieg aus Gas in der Raumwärme gibt es nicht mehr, geplant war das für 2040. Ein Fehler?

Ochsner: Dort, wo es Alternativen gibt, haben fossile Brennstoffe nichts verloren, und das ist in der Gebäudewärme der Fall. Ein Enddatum wäre im Sinne der Allgemeinheit wichtig gewesen, denn die Pariser Klimaziele, wonach die Erwärmung auf 1,5 bis zwei Grad zu begrenzen ist, sind heute schon kaum zu erreichen. Aber ein Anstieg der Temperaturen um drei Grad hätte für den Planeten fatale Folgen.

STANDARD: Ein Argument gegen einen verpflichtenden Austausch aller Gasthermen lautet: Das wird kapazitätsmäßig nicht machbar sein. Es gibt nicht genügend Installateure, heißt es.

Ochsner: Der russische Angriff auf die Ukraine hat in Österreich zu Panikkäufen von Wärmepumpen geführt, weil viele Menschen Angst hatten, es kommt kein Gas mehr. Inzwischen hat sich das beruhigt, und die Erzeuger haben ihre Kapazitäten ausgeweitet. Alles, was für den Austausch notwendig ist, ob ressourcentechnisch oder technologisch, ist vorhanden. Ein Installateur hat ja nicht wesentlich mehr Aufwand bei der Installation einer Wärmepumpe als beim Austausch einer Gasheizung. Es dauert ein bisschen länger, aber es ist kein Hexenwerk. Wir machen 50 Prozent unseres Geschäfts in der Sanierung, und innerhalb von zwei, drei Tagen ist ein Heizsystem getauscht. Hinzu kommt, dass wir zusätzliche Ressourcen nutzen können: Die Elektromobilität wird dafür sorgen, dass wir weniger Kfz-Mechaniker benötigen in Zukunft, weil Elektroautos weniger komplex sind. Diese Menschen können perfekt umgeschult werden. Es wird also genug Arbeitskräfte geben, um die Energiewende im Heizungsbereich zu schaffen.

STANDARD: Aktuell wird der Standort Österreich von Industriekapitänen infrage gestellt. Sie weiten Ihre Produktion dagegen aus in Österreich.

Ochsner: Da schlagen schon zwei Herzen in meiner Brust. 90 Prozent aller Ochsner-Wärmepumpen kommen aus Niederösterreich. Wir haben in Oed eine weitere Liegenschaft gekauft, in den nächsten zwei Jahren werden wird dort ein weiteres Werk bauen. Aber eine schleichende Deindustrialisierung in Österreich nehme ich schon wahr. Es schauen sich immer mehr Unternehmen nach alternativen Produktionsstätten im Ausland um. Da geht es nicht darum, die Firma zu verlegen. Aber neue Investitionen werden im Ausland getätigt.

STANDARD: Was sind die Probleme?

Ochsner: Der Metaller-Kollektivvertrag, der auch für uns relevant ist, brauchte zweimal höhere Abschlüsse. Dazu kommen hohe Lohnnebenkosten. Arbeit wird in Österreich zu stark belastet. Das führt dazu, dass sich die Lohnstückkosten in Österreich im Verhältnis zur EU immer schlechter entwickeln. Dazu kommen andere Themen: Bei den Energiekosten ist Österreich aktuell nicht wettbewerbsfähig. Und wir kämpfen mit einem Arbeitskräftemangel. Wenn Sie heute durch unsere Fertigung gehen, sind mindestens 60 Prozent unserer Beschäftigten Nicht-Österreicher. Wir beschäftigen 25 Nationen bei uns.

Karl Ochsner in der Zentrale seines Unternehmens in Haag in Niederösterreich
Karl Ochsner in der Zentrale seines Unternehmens in Haag in Niederösterreich.
Florian Voggeneder

STANDARD: Die FPÖ plakatiert aktuell den Slogan "Festung Europa".

Ochsner: Das ist eine ganz unglückliche Formulierung. Erstens, weil wir gezielt Menschen aus anderen Ländern brauchen, die zu uns kommen, um zu arbeiten. Ohne Migration wird es nicht gehen. Zweitens merkt man, dass solche Slogans Mitarbeiter aus anderen Ländern verunsichern: Überall dort, wo solche Sprüche geklopft werden, wissen die Leute nicht, ob sie noch willkommen sind. Aber wir brauchen ja Top-Fachkräfte: Entwickler, Konstrukteure, IT-Personal. Die pendeln nicht, sondern wollen mit ihren Familien hier leben. Diese Menschen müssen sich bei uns wohlfühlen, sonst kommen sie nicht. Überall dort, wo diese Sprüche geklopft werden und wo die FPÖ in der Regierung ist, hat man automatisch den Nachteil, dass die Leute nicht mehr wissen, ob sie noch willkommen sind. Aber die Top-Fachkräfte aus dem Ausland, die Entwickler, Konstrukteure, das IT-Personal, wollen mit ihren Familien hier leben. Diese Menschen müssen sich bei uns wohlfühlen, sonst kommen sie nicht.

STANDARD: Sie haben sich also von der FPÖ abgewandt. Sie haben früher bekannt, blau zu wählen …

Ochsner: …nein, ich hab einmal den Norbert Hofer gewählt im Bundespräsidentschaftswahlkampf.

STANDARD: Sie wurden jedenfalls auf einem FPÖ-Ticket 2018 in den Aufsichtsrat der ÖBB nominiert und in den Aufsichtsrat der Staatsholding Öbag entsandt.

Ochsner: Ich hätte das ÖBB-Aufsichtsratsmandat auch angenommen, wenn mich die SPÖ gefragt hätte, weil ich die Aufgabe spannend fand. Über dieses Mandat bin ich dann zur Öbag gekommen, wo ich zweimal verlängert wurde von türkisen Finanzministern (Gernot Blümel und Magnus Brunner, Anm.). Manche glauben wegen dieser Mandate, ich würde blaue Interessen vertreten. Aber ich kann mit Parteipolitik generell nicht viel anfangen. Eine gute Idee bleibt für mich eine gute Idee, egal ob sie von den Neos kommt, von der ÖVP, der FPÖ oder den Grünen.

STANDARD: Aber so kritisch wie jetzt waren Sie nicht immer: Die türkis-blaue Koalition unter Kurz war ja eine erklärte Antimigrationsregierung.

Ochsner: Das habe ich nie vertreten. Erinnern Sie sich an die damalige Stimmung zurück. Die türkis-blaue Koalition war 2017 angetreten, um die Jahre des rot-schwarzen Stillstands zu beenden. Es hat damals viele Unternehmer gegeben, die wie ich gesagt haben: Vielleicht macht das in gewisser Weise Sinn. Und es waren auch viele liberal Denkende von der Idee angetan. Heute sehe ich diesen liberalen Zugang gerade in der FPÖ überhaupt nicht mehr.

STANDARD: Sie wurden gerade zum Präsidenten von Niederösterreichs Industriellenvereinigung (IV) gewählt. Die IV bremst beim Klimaschutz, wo es geht.

Ochsner: Dass jemand an der Spitze steht, der aus den Erneuerbaren kommt, ist für mich ein schönes Zeichen und ein Statement. Wir dürfen nicht so tun, als hätte Österreichs Industrie kein Umweltbewusstsein. Aber im Gegensatz zum Gebäudebereich ist es so, dass es für die Industrie noch keine konkurrenzfähige Alternative zum Gas gibt. Solange das nicht der Fall ist, kann man den Betrieben das Gas nicht abdrehen.

STANDARD: Warum stemmen sich so viele Betriebe via IV gegen alles, was mit Klimaschutz zu tun hat?

Ochsner: Dort, wo ein Unternehmer sein Geschäft gefährdet sieht durch Vorgaben im Klimaschutz, kann man im ersten Schritt verstehen, wenn eine Gegenreaktion kommt. Aber der Klimaschutz bietet gerade der Industrie irrsinnig viele Chancen. Wir haben in vielen Bereichen den Anschluss verloren, bei E-Autos, E-Batterien ist zum Beispiel China die Marktmacht. Gerade bei Wärmepumpen und Erneuerbaren sind wir aber in Österreich führend. (INTERVIEW: András Szigetvari, 30.12.2023)