Nach einem Jahr diplomatischer Bemühungen seitens der rumänischen und der bulgarischen Regierung hat Österreich nun sein Veto gegen den Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum Schengen-Raum gelockert. Ab 31. März 2024 werden auf den Flughäfen und an den Seegrenzen die Passkontrollen aufgehoben. An den Landgrenzen ist das noch nicht möglich. "Der Rat wird sich bemühen, einen Beschluss zur Aufhebung der Personenkontrollen an den Landgrenzen zu fassen", heißt es allerdings in seiner jüngsten Entscheidung vom 30. Dezember.

Die Weichen stehen auf Schengen, auch für Rumäniens Zöllner.
AP/Vadim Ghirda

Der Innsbrucker EU-Recht-Experte Walter Obwexer erklärt dem STANDARD, dass deshalb ein Aufheben der Kontrollen zwischen einzelnen Schengen-Mitgliedern auf bilateraler Basis nicht möglich sei. Denn laut den EU-Beitrittsverträgen ist die Abschaffung der Personenkontrollen "erst anwendbar, wenn der Rat der EU einstimmig einen entsprechenden Beschluss gefasst hat". Alles andere wäre eine klare Verletzung von EU-Recht, sagt Obwexer. "Ohne die Zustimmung des österreichischen Vertreters im Rat der EU ist ein Vollbeitritt Rumäniens und Bulgariens zu Schengen rechtlich nicht möglich“, so der Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Innsbruck. Österreich kann also weiter blockieren.

Wien stellt Bedingungen

Die österreichische Regierung hat bereits den ersten Lockerungsschritt an Bedingungen geknüpft, die nicht im Schengen-Vertrag enthalten sind. So wurde in einer gemeinsamen Erklärung Österreichs, Rumäniens und Bulgariens am 29. Dezember festgehalten, dass mindestens dreimal mehr Beamte der EU-Grenzschutzagentur Frontex an die bulgarisch-türkische Grenze geschickt und Frontex auch an der serbisch-bulgarischen Grenze aufgestockt werden soll. EU-Mittel werden zudem für Geländefahrzeuge, Drohnen, elektronische Überwachungssysteme und einen Zaun bereitgestellt.

Die drei Staaten verständigten sich auch darauf, dass Rumänien und Bulgarien alle Migranten, die in den beiden Staaten registriert wurden und danach nach Österreich kamen, laut der Dublin-Verordnung innerhalb eines Monats zurücknehmen. Damit sollen bedeutend mehr Migranten, für deren Verfahren die beiden Staaten zuständig sind, in kürzerer Zeit zurückgebracht werden.

"Wir setzen das Zeichen, dass Asylbewerber nicht ihr Zielland wählen können", heißt es in dem Statement. Zudem will Österreich Berater an die Flughäfen in Bulgarien und Rumänien schicken, um Stichproben durchführen zu können. Deutschland hat seit Jahren auf einigen griechischen Flughäfen solche Beamte stationiert.

Suche nach Termin

Im Gegenzug für diese Zugeständnisse verpflichtete sich Österreich innerhalb der Vereinbarung, "im Jahr 2024 einen Termin für eine mögliche Aufhebung der Kontrollen an den Landgrenzen zu besprechen“, welcher auch davon abhängig sein soll, wie erfolgreich die Maßnahmen umgesetzt werden und ob sich die Migrationssituation für Österreich verbessert hat.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte nach der Einigung: "Meine Glückwünsche an Bulgarien und Rumänien: Diese große Errungenschaft ist das Ergebnis Ihrer harten Arbeit, Ihres Engagements und Ihrer Beharrlichkeit." Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) twitterte: "Bis zum Schengen-Vollbeitritt beider Länder ist es aber noch ein langer Weg. Europa muss sich wirksam gegen unkontrollierte Migration schützen, darauf werden wir weiterhin bestehen."

In Rumänien und Bulgarien gab es auch Kritik daran, dass die Regierungen auf die Bedingungen Österreichs eingingen. (Adelheid Wölfl, 2.1.2024)