Mädchen mit Handy
Auf Tiktok gehen Trends viral, die den Widerstand der GenZ gegen traditionelle Arbeitsmodelle zeigen.
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Für: Antrieb und Beitragswille fehlen

Social Media zeigen deutlich, was bei Jungen en vogue ist – und das am liebsten auf Neudeutsch: Lying Flat (auf dem Sofa liegen statt zu arbeiten), Quiet Quitting (nur so tun, als würde man arbeiten), Bare Minimum Monday (montags nur das Mindeste arbeiten), Coffee-Badging (nur zum Kaffeetrinken ins Büro und der Zeiterfassung ein Schnippchen schlagen). Und ein sichtbares Problem: Der Wunsch nach Teilzeit ist bei Jungen, vor allem unter Studierenden, hoch ausgeprägt, ergeben Umfragen unisono. Weniger Arbeitszeit bedeute weniger Wohlstand für alle, lautet der Vorwurf gerade an Junge.

Großes Thema schon bei den ersten Bewerbungsgesprächen ist die Work-Life-Balance, berichten auch die Personalverantwortlichen auf den Jobmessen im Lande. Zudem werden fehlende grundlegende Sozialkompetenzen rundum bemängelt – vom Respekt bis zur Unfähigkeit, Telefonate zu führen.

"Ihr kriegt euren Arsch nicht hoch", formuliert Autorin Evi Hartmann drastisch und sammelt Belege, dass gerade die Privilegierteren Jungen sich um sich selbst kümmern, statt sich im Job anzustrengen. Sie sorgen sich um ihre Freizeit und um Freunde, wie mehrere Studien belegen. Sinnerfassend lesen, sich selbst managen, pünktlich kommen – alles keine Tugenden der Jungen. Ständig beforschen sie sich selbst und tauschen auf Social Media freudig ihre (Selbst-)Diagnosen aus: ADHS, Mental Disorder, Body-Dismorphia, Fragen zur Fluidität ihres Geschlechts. Und wenn sie die Welt retten wollen, dann trinken sie grüne Smoothies oder gehen mit dem iPhone Klimakleben.

Wider: Sie wollen anders

Oben denken, unten ausführen. Brav die Karriereleiter aufsteigen und sich frustriert und krank arbeiten. Untergeben sein statt Augenhöhe, dienen statt mitwirken. Das haben Junge vielfach an den Elterngenerationen gesehen. Die Reaktion: So nicht. "Liebe dein Leben und nicht deinen Job" lautet das neue Motto. Zumindest ist nicht mehr für alle Jungen Hauptziel, lebenslang einer Firma Vollzeit zu gehören. Mit ein Grund sind die vielen Möglichkeiten, sich ein Jobleben im Patchwork zu organisieren. Damit haben sie schon viel von der hierarchischen, industriellen Ordnung in Unternehmen aufgebrochen.

Junge, die Geld verdienen müssen, knien sich rein. Das belegt auch die Jugendwerte-Studie des Instituts für Jugendkulturforschung 2023. Wer allerdings Spielraum hat, für den wird das Wofür, der Sinn, entscheidend. Was bewirkt meine Arbeit für die Firma wirklich, für unser Leben, für unsere Zukunft? Arbeitsklima, gutes Einvernehmen mit Kolleginnen und Kollegen und Flexibilität, Möglichkeiten zur Weiterentwicklung, Anerkennung und Wertschätzung entscheiden im Zweifel für oder gegen das Jobengagement. Gutes Geld ist wichtig – als Hygienefaktor.

Noch nie waren junge Generationen so massiv geprägt von globalen Krisen. 40 Prozent der jungen Erwachsenen sehen besonders die Klimakrise als sehr große Bedrohung. Generell sind die jungen Generationen jene mit dem größten Vertrauensverlust in Institutionen, zeigen internationale Studien, belegt auch die Ö3-Jugendstudie 2023: Nur 15 Prozent der 16- bis 25-Jährigen fühlen sich von der Politik angemessen vertreten. Nur mehr ein Viertel dieser Kohorten glaubt, dass akademische Abschlüsse in eine gute Jobzukunft führen, sagt die Jugendwertestudie 2023. Dieser Befund dürfte eher eine dramatische Botschaft für die älteren Generationen und ein dringender Appell sein, Jungen mehr Gehör und mehr Platz im öffentlichen Diskurs zu geben. (Karin Bauer, 5.1.2024)