Luke Humphries mit der Sid Waddell Trophy.
Luke Humphries ist Darts-Weltmeister und feiert mit der Sid Waddell Trophy.
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London – Der Engländer Luke Humphries hat sich am Mittwochabend zum Darts-Weltmeister gekrönt. Der 28-Jährige schlug in einem spannenden Finale in London seinen Landsmann Luke Littler mit 7:4 und verhinderte damit den historischen Titelsturm des erst 16 Jahre alten "Prince of the Palace". Humphries kassiert für seinen erstmaligen WM-Triumph 500.000 Pfund (knapp 600.000 Euro) und die Sid Waddell Trophy. Mit dem Finaleinzug hatte er sich bereits zur neuen Nummer eins der Weltrangliste gekürt.

Littler hingegen verpasste es, Michael van Gerwen als jüngsten Champion der Professional Darts Corporation (PDC) abzulösen. Der Niederländer hatte 2014 im Alter von 24 Jahren triumphiert.

Humphries überwältigt

"Ich kann nicht in Worten beschreiben, wie gut sich das anfühlt", sagte "Cool Hand Luke" Humphries nach dem Match. Vor dem Matchdart "habe seine Hand zu zittern begonnen". Er bedankte sich bei seinen Eltern, seiner Freundin und seinem 15 Monate alten Sohn. "Das sind die Leute, die dich zu dem machen, was du bist."

Luke "The Nuke" (die Atombombe) Littler gratulierte seinem Landsmann. "Luke hat es sich verdient", sagte der Youngster. "Beim WM-Debüt Vizeweltmeister zu werden ist unglaublich."

Der 16-Jährige war erst im November Juniorenweltmeister geworden, mit einem derartigen Erfolgslauf bei den Erwachsenen hatte niemand gerechnet. Auf dem Weg ins Finale eliminierte Littler unter anderem die ehemaligen Weltmeister Raymond van Barneveld (Niederlande/4:1) und Rob Cross (England/6:2).

Littler blickt in die Kamera.
Luke Littler.
EPA/ANDY RAIN

Im Finale galt trotzdem Humphries als Favorit, er hatte nacheinander den World Grand Prix, den Grand Slam of Darts sowie die Players Championship Finals gewonnen.

Sieben gewonnene Sätze waren im Finale für den WM-Titel nötig. Um einen Satz zu gewinnen, muss man jeweils drei Legs für sich entscheiden. Um ein Leg zu holen, muss man sich von 501 Punkten genau auf null herunterspielen und am Ende ein Doppelfeld treffen. Die Spieler haben dafür abwechselnd jeweils drei Darts zur Verfügung.

Anfangsnervosität, dann Schlagabtausch

Zumindest etwas Anfangsnervosität, im Turnierverlauf zuvor ein Fremdwort für ihn, war Littler im Finale anzumerken. Er verpasste zu oft die so wichtigen Triplefelder. Humphries ging per Break 1:0 in Führung. Littler schlug im zweiten Satz zurück. Mit einem 142er- und 120er-Finish glich er aus. Es entwickelte sich ein Break-Festival. Erst im fünften Satz brachte Littler als erster Spieler seinen Anwurf durch und ging 3:2 voran. Satz sechs verlief einseitig: Littler gewann alle drei Legs.

Das Match war bis dahin von einem Hin und Her geprägt. In dieser Phase war Littler gefühlt daran, das Spiel auf seine Seite zu drehen. Er verpasste aber mit zwei schlechten Aufnahmen (59 und 58) und einem verpassten Doppel-Zwei-Feld das 5:2. Humphries verkürzte stattdessen auf 3:4. Der Weltmeister sagte später: "Wenn Luke hier auf 5:2 stellt, wäre es mühsam geworden."

Er wirft.
Luke Humphries.
IMAGO/Action Plus/Shaun Brooks

Humphries übernahm wieder das Kommando. Satz sieben gewann er mit einem starken 113-Drei-Darts-Durchschnitt, Satz acht mit 114. Inklusive Finishs von 170, dem höchst möglichen, und 121. 4:4-Satzausgleich!

Im neunten Satz holte sich Humphries zwei Legs mit 108-Finishern und stellte kurz darauf auf 5:4. Im zehnten Satz glänzte Littler mit einem 170er-Finish und ballte erstmals sichtlich emotional die Fäuste. Anders als in den Runden zuvor interagierte er diesmal kaum mit dem Publikum. Humphries war aber nicht mehr zu stoppen. Mit einem Wurf ins Doppel-Acht-Feld krönte er sich kurz darauf zum Champion.

Humphries in Statistik voran

Humphries hatte sich auf dem Weg ins Finale zusehends gesteigert. Im Halbfinale, beim klaren 6:0 gegen Landsmann Scott Williams, warf er einen unfassbaren 108-Drei-Darts-Durchschnitt gepaart mit einer 60-Prozent-Doppelquote.

Auch im Endspiel sprach die Statistik letztlich für den Weltmeister, sowohl beim Drei-Darts-Durchschnitt (103,67 vs. 101,13) als auch bei der Doppelquote (43,1 vs. 36,5 Prozent) und bei der Anzahl der geworfenen 180er (23 vs. 13), der mit drei Darts höchstmöglich erreichbaren Punktzahl (dreimal Triple-20).

Bray blickt in Kamera.
Russ Bray fungierte noch ein letztes Mal als Caller in einem WM-Finale.
IMAGO/ActionPlus/Shaun Brooks

Abschied einer Legende

Littlers Sensationslauf bei der diesmaligen WM könnte der Beginn einer neuen Ära sein. Eine andere Ära ging dafür am Mittwoch zu Ende. Der 66-jährige Russ Bray fungierte ein letztes Mal in einem WM-Finale als Caller. Der Mann verkündete die geworfene Punktzahl im Ally Pally stets mit seiner legendären Reibeisenstimme. Fortan wird "The Voice" als Botschafter des Sports agieren. (Andreas Gstaltmeyr, sid, APA, 4.1.2024)