Hubert Christian Ehalt
Umtriebiger Wissenschafter und für viele Jahre Wiens wichtigster Wissenschaftsvermittler: Hubert Christian Ehalt (1949–2023).
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Es gibt wohl nur weniger Wissenschafter in Österreich, deren Name auf so vielen Buchcovern aufscheint wie der von Hubert Christian Ehalt. Das hatte auch mit jener Einrichtung zu tun, für die der Historiker und Anthropologe rund 30 Jahre lang verantwortlich war und die wohl seine bedeutendste Lebensleistung war: die "Wiener Vorlesungen", die er 1987 als Wissenschaftsreferent der Stadt Wien (ab 1984) mitbegründete und bis zu seiner Pensionierung 2017 leitete.

In diesen rund drei Jahrzehnten fanden rund 1.500 solcher Vorlesungen mit rund 5.000, oft hochkarätigen Vortragenden aus allen Kontinenten statt. Die Bandbreite der Veranstaltungen war in jeder Hinsicht groß und umfasste sowohl geistes- und naturwissenschaftliche Themen, aber auch solche von kultur- und gesellschaftspolitischer Relevanz. Sie machten das Wiener Rathaus zu einem wichtigen Begegnungsort von Wissenschaft und Gesellschaft, von Forschenden aus aller Welt mit interessierten Wienerinnen und Wienern.

Ungewöhnliche Bandbreite

Rund um die "Wiener Vorlesungen", die in einer reduzierten Version weitergeführt werden, erschienen neun Buchreihen und rund 250 Bände, etliche davon mit Ehalt als (Ko-)Autor oder Herausgeber. Dessen eigene Forschungstätigkeit konzentrierte sich auf den Bereich der Sozialgeschichte der Neuzeit und der historischen Anthropologie, war aber thematisch ebenfalls ungewöhnlich breit und reichte von "Ausdrucksformen absolutistischer Herrschaft", dem Gegenstand seiner Dissertation, bis zu Publikationen über Wiener Beisln. Ab 1996 leitete er neben seiner Tätigkeit als Wissenschaftsreferent der Stadt Wien auch noch für zehn Jahre das Ludwig-Boltzmann-Institut für historische Anthropologie.

Ehalts ungewöhnliche thematische Breite und seine vielfältigen Interessen zeichneten sich schon früh ab: 1949 in Wien geboren, studierte an der Universität Wien Geschichte, Kunstgeschichte, Soziologie, Philosophie, Psychologie und Pädagogik sowie Malerei an der Akademie der bildenden Künste. Im Jahr 2000 habilitierte er sich an der Universität Wien für Sozialgeschichte der Neuzeit. 2003 wurde ihm der Berufstitel "Universitätsprofessor" verliehen. Bereits ab 1979 wirkte er als Lehrbeauftragter, später als Dozent an diversen österreichischen Universitäten.

Erfolgreicher Vermittler

Für seine vielseitigen Aktivitäten und weiteren wissenschaftlichen Publikationen wurde Ehalt mit zahlreichen hohen nationalen, aber auch internationalen Auszeichnungen gewürdigt, so unter anderem mit dem französischen Chevalier dans l'Ordre des Arts et des Lettres. In Österreich war er unter anderem Ehrenbürger der Universität Wien, Honorarprofessor an verschiedenen Universitäten und Ehrenmitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Deren Präsident Heinz Faßmann würdigte Ehalt als "erfolgreichen Volksbildner im positiven Sinn, der sich um die Förderung der Wissenschaften hochverdient gemacht hat". Ihm sei der "Kampf gegen Mythen, Vorurteile und politische Propaganda extrem wichtig" gewesen, "und sein Vertrauen in die aufklärende Kraft der Wissenschaften war ungebrochen". Ehalt starb am 27. Dezember 2023 nach langer, schwerer Krankheit mit 74 Jahren in seiner Geburtsstadt, wo er sich viele Jahrzehnte erfolgreich und nachhaltig für die Vermittlung von Wissenschaft engagiert hatte. (tasch, 4.1.2024)