Nikki und ihr Mann Franklin sind seit der Schulzeit verliebt, haben zwei Töchter und sind eigentlich ein glückliches Paar – eigentlich. Denn als Nikki erfährt, dass ihre beste Freundin "den Test" macht, ist sie sich plötzlich auch nicht mehr so sicher, ob Franklin wirklich der Richtige ist. Nikki beginnt, sich in ihrer Ehe zu langweilen. Überall sieht sie verliebte Paare, die einander intensiv in die Augen schauen oder eng angeschmiegt miteinander tanzen. Ihre eigene Ehe, so scheint es ihr, hat dagegen an Reiz eingebüßt. Sie ist zu bloßer Freundschaft verkommen. Sollte sie sich also vielleicht auch für den Test anmelden?

Die Geschichte von Nikki und Franklin ist Teil der Amazon-Prime-Serie Soulmates und spielt in der nahen Zukunft. Im Jahr 2035 ist ein neurologischer Test in der Lage, jedem Menschen seinen Seelenverwandten oder seine Seelenverwandte zu vermitteln. Die ganze Gesellschaft wird dadurch vor die schwierige Wahl gestellt: Bleibt man in seiner eigentlich ganz guten, aber wahrscheinlich nicht perfekten Partnerschaft? Oder lässt man sich mittels neuester Technologie an jemanden vermitteln, mit dem man allen Berechnungen zufolge eine glückliche und verliebte Beziehung führen wird? In der fiktionalen Zukunftswelt hat jeder und jede ein Paar im Freundeskreis, das die geheimnisvolle Dienstleitung in Anspruch genommen hat.

Ein Iris-Scan

Um sich dem Test zu unterziehen, suchen die Protagonistinnen und Protagonisten der Science-Fiction-Serie ein Institut auf. Durch einen Iris-Scan wird dort der Seelenverwandte oder die Seelenverwandte ermittelt, ist er oder sie bereits in der Datenbank registriert, erhält man die Kontaktdaten und kann sich verabreden. Wie das Verfahren genau aussieht, wird nicht deutlich. Aber die Serie wirft Fragen auf: Lässt sich Liebe so einfach berechnen? Könnte das, was in der Serie skizziert wird, irgendwann real werden?

Soulmates | Season 1 | Official Trailer | Amazon Prime Video
Soulmates is set 15 years into the future, when science has made a discovery that changes the lives of everyone on the planet – a test that unequivocally tells you who your soulmate is. Each of the six episodes will feature a different cast and explore an ent
Amazon Prime Video AUNZ

Dass das einmal möglich sein könnte, erscheint nicht ganz unwahrscheinlich. Immerhin feilen Verkupplungsplattformen schon jetzt an den Methoden, zwei Menschen möglichst optimal miteinander zu verbinden. Und auch Dating-Apps arbeiten stetig an den Methoden des "Matchings", um die Suche nach dem Traummann oder der Traumfrau effizienter zu gestalten. Die Fähigkeiten der künstlichen Intelligenz werden ebenfalls immer besser, und womöglich wird sie irgendwann einmal für das Dating eingesetzt.

Partnervermittlung der Zukunft

Ein Anruf bei der Psychologin und Psychotherapeutin Susanne Pointner. Sie sagt: "Im Moment stecken die Verfahren zur Partnervermittlung noch in den Kinderschuhen." Derzeit werde vor allem psychologisches Matching eingesetzt, bei dem gemeinsame Interessen abgefragt werden. "Das ist interessant, aber eigentlich haben Untersuchungen gezeigt, dass ähnliche Interessen noch nicht bedeuten, dass eine Beziehung auch funktioniert."

Genauere Informationen zum perfekten Partner oder der perfekten Partnerin, mutmaßt Pointner, könnte in fernerer Zukunft womöglich eine DNA-Analyse liefern. "So könnte man Menschen ermitteln, die ein zu uns passendes Immunsystem haben. Durch einen solchen Test könne es möglich sein, Menschen zusammenzuführen, die biologisch gesehen gut zusammenpassen, die gute Zeugungspartner sind." Aber auch eine solche Analyse wäre laut der Psychologin noch nicht aussagekräftig dafür, ob eine Beziehung auf Dauer Bestand hat.

Psychologische Faktoren

Eine Möglichkeit, um dem Ganzen noch näher zu kommen, könne eine Kombination einer solchen DNA-Analyse mit einem psychologischen Test sein. Auf diese Art und Weise sei es vielleicht möglich zu ermitteln, wie jemand aufgewachsen ist, was er erlebt hat – denn auch das seien ganz zentrale Faktoren für die Partnerwahl, erklärt Pointner. "Menschen, die über lange Zeit eine gute Beziehung führen, haben in der Regel gemeinsame biografische Themen, gemeinsame Lebensfragen, wenn auch oft in unterschiedlicher Form. Ein simples Beispiel wäre, dass sich die Eltern haben scheiden lassen oder zusammen unglücklich waren." Aber auch Werte, Weltanschauungen oder die Vorstellung davon, was im Leben zählt, sind zentrale Faktoren, und könnten noch besser erhoben werden.

Durch die Kombination eines biologischen und eines psychologischen Tests oder durch gezielte Interviews "könnte es denkbar sein, dass man künftig einen Kreis an Menschen herausfinden kann, der für uns interessant sein könnte". Um diese Tools zu entwickeln, werde aber noch viel Forschung notwendig sein. Klar ist jedoch: Dass es nur einen Traummann oder eine Traumfrau gibt, ist sowieso unrealistisch.

Berechnung statt Intuition

In Soulmates fällt es den Protagonistinnen und Protagonisten nicht leicht, dem Reiz der Berechnung zu entkommen. Zu nah scheint das Glück, das die Technologie verspricht. "Gleichzeitig nimmt man sich selbst eine gewisse Wahlfreiheit, wenn man sich auf so einen Test verlässt", sagt Pointner.

Aber warum sollten Menschen einer Computerberechnung mehr Gewicht geben als ihrer eigenen Intuition? In einer Zeit, in der Menschen mit den Möglichkeiten, die sie haben, überfordert sind, beobachtet die Psychologin eine Sehnsucht nach Orientierung. "Für viele ist es sehr schwer, mit der freien Wahl umzugehen. Es bleibt immer die Frage im Raum: Könnte ich nicht doch jemand anderen, besseren finden?"

Junges Paar, Verliebtheit, Liebe, Reisen
Was zwei Menschen füreinander passend macht, lässt sich schwer berechnen – zumindest derzeit noch. Ähnliche Interessen sind jedenfalls nicht alles, sagt die Psychologin Susanne Pointner.
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Immer neue Dating-Apps und immer ausgefeiltere Verkupplungsmöglichkeiten hätten also auch Folgen für Beziehungen – das Bekenntnis zueinander würde sinken. Das sei aber nicht die einzige Gefahr. In einer Gesellschaft, in der ständig nach dem Besseren gesucht wird – dem besseren Restaurant, dem besseren Handy, dem besseren Partner –, laufe man Gefahr, Dinge nicht einfach so zu nehmen, wie sie sind. "Es wäre schön, wenn wir uns auch einmal bewusst dafür entscheiden, dass etwas oder jemand das Beste ist. Und dann aufhören, ständig darüber nachzudenken, denn das nimmt uns ein Stück weit die Lebensfreude das gemeinsame Entwicklungspotenzial. Es ist leichter und einladender, zu leben, zu lieben und zu lernen, wenn der oder die andere zu mir steht."

Liebe bleibt ein Geheimnis

Was kein Test erheben kann und wahrscheinlich auch nie können wird, sind Gerüche, Mimik oder Gestik. Auch sie machen einen anderen Menschen für uns anziehend. Ebenso eine Rolle für das Verlieben spiele der Zufall: "Sich zufällig in einem Kurs zu treffen oder im Urlaub kennenzulernen, das ist sehr bindungsfördernd", erklärt Pointner. "Und dass das Leben auch mal auf uns zukommt und wir es nicht immer steuern, ist doch irgendwie auch ein schöner Gedanke."

Liebe kann auch abseits aller Erklärungen passieren, abseits von Berechnungen oder Vorhersagen. Bisher habe die Forschung das Geheimnis der Liebe sowieso noch nicht ganz entschlüsseln können. Abseits von Partner-Apps und Verkupplungsplattformen werde es auch noch in einigen Jahrzehnten Menschen geben, die einander einfach zufällig kennenlernen und füreinander entscheiden, ist sich die Psychologin sicher. (Lisa Breit, 15.1.2024)