Das Bild zeigt das neue Carrera-Rennbahnsystem
"Carrera Hybrid": keine Schienenführung, dafür viel Sensoren und eine KI, die dafür sorgt, dass die Flitzer auf der Fahrbahn bleiben.
Carrera

Die Marke Carrera ist seit sechs Jahrzehnten aus vielen Kinderzimmern nicht wegzudenken – und dank erwachsener Fans auch danach noch ein Synonym für packenden Miniaturrennsport. Kein Wunder: Es hat nichts an Faszination eingebüßt, mit einem pistolenartigen Regler bewaffnet detailgetreue Miniboliden über festgelegte Routen zischen zu lassen. Die Streckenführung zu verinnerlichen, nicht aus den Kurven zu fliegen und dennoch schneller als die Mitstreiter über die Pisten zu bügeln ist eine fordernde Kunst, die beim Slotcarfahren gelernt sein will. Aber auch ein Konzept, das jetzt vom Hersteller selbst überholt wird.

Bekannt für sein Schienensystem, das meist für Miniaturrennwagen in den Maßstäben 1:32 und 1:24 ausgelegt ist, steht Carrera nun vor einer bedeutenden Veränderung. Auf der Technikmesse CES in Las Vegas stellte man mit "Carrera Hybrid" ein System vor, das mit jahrzehntelanger Tradition bricht: Die kleinen Boliden werden von der einschränkenden Schienenführung befreit und können stattdessen nun frei auf der glatten, schwarzen Oberfläche der Rennstrecke navigieren. Das neue Konzept erlaubt es, die Fahrzeuge jederzeit frei zu lenken oder Überholmanöver auszuführen, was die Fahrdynamik für die Spielzeugrennbahn völlig auf den Kopf stellt.

Ein Smartphone als Lenkrad

Die Steuerung der Autos erfolgt über eine Smartphone-App, die via Bluetooth mit den Fahrzeugen verbunden ist. Statt des traditionellen Handreglers mit Beschleunigungsknopf lenken die Spieler ihre Autos nun durch Neigen ihres Smartphones und regeln die Geschwindigkeit mit Buttons auf dem Touchscreen. Eine weiteres Novum ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz, die es den Fahrzeugen ermöglicht, selbstständig auf der Fahrbahn zu bleiben. Damit sich die Flitzer auf der Strecke orientieren können und nicht in die Auslaufzone abdriften oder verunfallen, sollen sie mit modernen Sensoren und Prozessoren ausgestattet sein.

Carrera Hybrid
Brand Education

Bis zu 30 Fahrer aus aller Welt sollen sich so über einen Remote-Play-Modus auf der "gleichen" Strecke tummeln können, ohne physisch im gleichen Raum zu sein - vorausgesetzt man folgt einem Streckenlayout, das von der App unterstützt wird. Generell sollen diverse Spielmodi für Abwechslung sorgen, darunter Zeitrennen, Qualifying und Rundenrennen – oder gar ein Free-Roam-Modus, der es den Fahrzeugen ermöglicht, die Strecke zu verlassen und sich frei im Raum zu bewegen.

Das Bild zeigt das neue Rennbahn-System
Vorerst sind zwei Sets zu "Hybrid" geplant, das System soll sich künftig erweitern lassen.
Carrera

Geplant ist die "Carrera Hybrid" für Herbst 2024 und wird in zwei Varianten – in den Sets "Devil Drivers" und "Speedway to Hell" – auf den Markt kommen, zu einem Preis von jeweils rund 200 Euro. Auf Looping, Brücke und Zubehör muss man noch warten: Jedes Set beinhaltet eine Auswahl an Geraden, Kurven und einer Start- und Zielgeraden sowie zwei lizenzierte Modelle des Porsche 911 GT3, deren integrierter Akku sich über USB-C-Anschluss aufladen lässt. Der Hersteller verspricht aber, dass sich "Hybrid" in Zukunft ähnlich modular erweitern lassen wird, wie man es vom traditionellen System gewohnt ist.

Ohne Carrera ist es niemals passiert

Ganz neu ist die Idee einer Spielzeugrennbahn ohne Schienenführung freilich nicht. Der mittlerweile insolvente US-Hersteller Anki hatte bereits vor mehr als zehn Jahren versucht, ein ähnliches Produkt unter dem Namen "Anki Drive" und später als "Anki Overdrive" auf den Markt zu bringen. Schon damals sollte künstliche Intelligenz das Slotcar-Racing revolutionieren. Daraus geworden ist nichts – unter anderem deshalb, weil das System zu unzuverlässig und die Akkulaufzeit der kleinen Rennwagen zu kurz gewesen sein soll.

Anki Overdrive
Digital Dream Labs

"Carrera Hybrid" scheint offenbar auch keine reine Eigenentwicklung des Spielzeugherstellers zu sein. Vielmehr kooperiert man mit dem Unternehmen Sturmkind, das vor ein paar Jahren mit der Marke "Dr!ft" ein ähnliches Rennerlebnis präsentierte und kurzzeitig für Aufsehen sorgte. Es bleibt abzuwarten, ob Carrera mit seinem bekannten Markennamen und der inzwischen vermutlich feingetunten Technik erfolgreicher sein wird als die geistigen Vorgänger. Solange das klassische System nicht aufgelassen wird, könnten parallele Ambitionen zur Modernisierung aber durchaus eine interessante Abwechslung sein. (bbr, 12.1.2024)