Ein Geheimtipp ist Linux Mint schon lange nicht mehr: Die auf Ubuntu basierende Linux Mint erfreut sich seit Jahren großer Beliebtheit in der Welt der freien Software. Mit einer neuen Version setzt man den bisherigen Weg konsequent vor, nimmt dabei aber auch einen wichtigen Schritt in die Zukunft vor.

Ein Update ist da

Linux Mint 21.3 steht seit kurzem kostenlos zum Download, DER STANDARD hat die neue Version gleich mal unter die Lupe genommen. Wie gewohnt gibt es die Software in drei Varianten. Jene mit dem Mint-eigenen Cinnamon-Desktop sowie eine mit der Gnome2-Weiterführung Mate und noch eine mit dem schlanken Xfce. Das Folgende bezieht sich auf die meistgenutzte dieser Varianten, also jene mit Cinnamon, wobei sich die drei aber natürlich die gleiche Softwarebasis teilen.

Linux Mint 21.3
Der Desktop Linux Mint 21.3. Im Hintergrund zeigt der Bildanzeiger Pix die Katze Pixel an.
Proschofsky / STANDARD

Über die Installation gibt es wenig Worte zu verlieren: Sie verläuft gewohnt unaufregend – und das ist gut so. Die Zeiten, in denen die Einrichtung eines Linux-Systems eine Mühsal war, sind lange vorbei. Heutzutage startet man einfach mittels USB-Sticks in einen voll funktionstüchtigen Desktop, der also ganz ohne Installation ausprobiert werden kann. Gefällt das Gesehene, liegt das Icon für das Installationsprogramm am Bildschirm herum, mit ein paar Klicks ist das System dann fix eingerichtet.

Ein sanfter Start für Wayland

Einmal gestartet, präsentiert sich der Desktop, in diesem Fall also Cinnamon oder genauer Cinnamon 6, gibt es doch in Linux Mint 21.3 auch eine neue Version des Desktops. Mit dieser geht ein wichtiger Schritt für Linux Mint einher. Erstmals ist es möglich, den Desktop auf Wayland-Basis statt mit dem alten X-Server zu benutzen. Eine entsprechende Option steht im Login-Manager zur Wahl. Im besten Fall sollten die Nutzerinnen und Nutzer nach dem Wechsel wenig bemerken, handelt es sich dabei doch um eine Basistechnologie zur Darstellung des grafischen Geschehens und kein neues Feature.

Auf den ersten Blick scheint tatsächlich alles wie gewohnt zu funktionieren, beim Mint-Projekt verweist man trotzdem darauf, dass der Wayland-Support noch experimentell ist. Derzeit sei X11 weiterhin die stabilere und auch umfassendere Option. Tatsächlich werden auf einer eigenen Statusseite noch allerlei Baustellen gelistet.

Linux Mint 21.3
Beim Login kann manuell auf Wayland gewechselt werden.
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Einen baldigen Wechsel auf Wayland als Default-Lösung sollte man dabei nicht erwarten. Das Projekt selbst spricht davon, dass es auch in der nächsten Release-Serie – 22.x – noch nichts werden soll. Das würde einem Wechsel frühestens 2026 entsprechen. Aber zumindest gibt es einmal die Option, das ist auch bereits etwas wert. Zumal X11 seit Jahren praktisch nicht mehr entwickelt wird und Wayland auch sonst die modernere Option ist.

Wer zu all dem mehr wissen will, sei auf einen anderen Artikel verwiesen, der auf einfache Art versucht, die wichtigsten Linux-Begriffe zu erklären – darunter auch Wayland.

Keine billigen Zimtwitze hier, bitte

Die neue Version von Cinnamon bringt aber auch einige Funktionsverbesserungen mit sich. Dazu gehören etwa neu gestaltete Applets für Power und Sound oder auch der Support für Bilder im AVIF-Format. Eine neue Geste für den Desktop-Zoom gibt es ebenso wie eine Option, um zu entscheiden, auf welchem Bildschirm Benachrichtigungen angezeigt werden sollen.

Dazu kommt die Rückkehr von zwei früheren Features: die Möglichkeit, die Desktopdarstellung auf 75 Prozent zu skalieren, sowie ein Tastaturkürzel, um die Opazität von Fenstern zu verändern. Zudem lässt sich jetzt das Login-Fenster den eigenen Wünschen anpassen.

Viel Software mit dabei

Wie gewohnt sind bei Linux Mint jede Menge Programme vorinstalliert, zu den Eckpunkten gehören Firefox 121 sowie Libreoffice 7.3. Dazu kommen einige Mint-spezifische Programme. Da wäre etwa der Bilderanzeiger Pix, der nun bei Videos automatisch deren Orientierung in die Darstellung einbezieht. Hypnotix heißt ein Programm, das für frei erhältliche TV-Streams gedacht ist. Bei diesem lassen sich jetzt eigene Kanäle hinzufügen, prinzipiell funktioniert dafür so gut wie jede streambare Webadresse. Auch eine Favoritenfunktion ist hinzugekommen.

Linux Mint 21.3
Hypnotix lässt nun eigene Kanäle hinzufügen.
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Warpinator, ein Tool zum Übertragen von Dateien, kann jetzt eine manuelle Verbindung mit anderen Geräten aufnehmen. Das geht etwa über das Ansprechen der passenden IP-Adresse oder viel einfacher mit dem Austausch eines QR-Codes. Das Mint-eigene Programm zum Umbenennen von Dateien zeigt jetzt Vorschaubilder an.

Generell muss gesagt werden: Die große Zahl vorinstallierter Programme ist sicherlich Geschmacksfrage, der Autor ist etwa selbst bekennender Verfechter einer schlanken Default-Installation. Aber zumindest lässt sich unter Linux all das restlos entfernt und wird einem vor allem bei späteren Upgrades nicht einfach wieder aufs Auge gedrückt.

Add-ons heißen bei Cinnamon traditionell "Spices", in Linux Mint 21.3 gibt es eine neue Kategorie davon: Die "Actions" sind für den Dateimanager Nemo gedacht, und werden in dessen Kontextmenü, also jenes, das beim Rechtsklick angezeigt wird, integriert. Wie andere Spices auch können solche Aktionen zentral heruntergeladen und auch bewertet werden. Zum Start gibt es bereits einige passende Erweiterungen, etwa zum Überprüfen einer ISO-Datei oder auch, um eine Datei als Mail-Attachment zu verschicken.

Linux Mint 21.3
Warpinator kann zum schnellen Teilen von Dateien zwischen lokalen Rechnern verwendet werden. Jetzt auch mit der Möglichkeit, manuelle Verbindungen herzustellen.
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Ubuntu

Die Basis von Linux Mint bildet Ubuntu, und wie gewohnt ist damit die aktuelle LTS-Version gemeint – in diesem Fall ist das Ubuntu 22.04. Das gibt eine stabile Basis, heißt in diesem Fall aber auch, dass die Softwaregrundlagen schon fast zwei Jahre alt sind, was sich vor allem im Kernel niederschlägt – also Linux 5.15. Für aktuelle Hardware ist das eine unerfreuliche Nachricht, da diese von so einem alten Kernel nicht vollständig abgedeckt wird.

Allerdings dürfte in den kommenden Wochen wohl wieder eine neue EDGE-Version von Mint veröffentlicht werden. Dabei handelt es sich um eine Spielart der Distribution mit Cinnamon-Desktop und aktuelleren Softwaregrundlagen, darunter Linux 6.5. Wer einen aktuellen Laptop hat, dürfte mit dieser dann besser bedient sein. Alternativ heißt es noch ein halbes Jahr auf Linux Mint 22.0 zu warten, das dann auf dem im April kommenden Ubuntu 24.04 aufsetzen wird. Oder aber man wählt gleich eine andere Distribution mit aktuellerer Softwareausstattung.

Secure Boot

Einen erfreulichen Fortschritt gibt es in anderer Hinsicht: Linux Mint unterstützt nun – endlich – vollständig Secure Boot, passend dazu wurde der Support für unterschiedliche EFI- und BIOS-Implementationen erweitert. Als Bootloader kommt bei EFI-Systemen übrigens Grub zum Einsatz, während BIOS-Systeme Isolinux/Syslinux nutzen.

Dass die Basis Ubuntu ist, muss man wohl auch das explizit erwähnen. Die von Ubuntu-Hersteller Canonical forcierten Snap-Pakete werden bei Mint von Haus aus nicht unterstützt. Wer will, kann diesen Support aber nachträglich aktivieren. Das konkurrierende Flatpak-Format sowie das dazupassende Angebot von Flathub werden hingegen sehr wohl standardmäßig unterstützt. Entsprechende Programme können also direkt über die Anwendungsverwaltung aufgespürt und installiert werden.

Linux Mint 21.3
Die Einstellungen von Linux Mint bieten zahlreiche Optionen.
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Updates

Updates werden für Linux Mint 21.3 bis 2027 versprochen. Wie immer in der Linux-Welt ist das aber ohnehin nebensächlich, ist es doch leicht, einfach auf die nächste große Version zu wechseln. Wir sind ja hier nicht bei kommerziellen Betriebssystemen, dass einfach so der Support ausläuft.

Wer bereits Linux Mint nutzt, kann wie gewohnt direkt über das System aktualisieren oder wird es zumindest bald können. Diese Funktion wird üblicherweise erst etwas nach der Freigabe einer neuen Version angeboten.

Fazit

Linux Mint erweist sich einmal mehr als ein grundsolides Desktop-System mit vielen Funktionen, die Popularität ist also kein Wunder. Wer eine topaktuelle Softwareausstattung haben will, ist hier aber an der falschen Stelle. Das muss aber auch nicht notwendigerweise sein, viele werden die Stabilität zu schätzen wissen. Und zumindest gibt es mit dem experimentellen Wayland-Support einen wichtigen Schritt in die Zukunft. (Andreas Proschofsky, 16.1.2024)