Ein Astronomenteam hat in nur 72 Lichtjahren Entfernung einen Exoplaneten erspäht, der ziemlich genau so groß ist wie die Erde und einen Stern umkreist, der ein Zwilling unserer Sonne sein könnte. Für alle, die auf eine "zweite Erde" mit lebensfreundlichen Bedingungen gehofft haben, kommt nun jedoch die bittere Pille: Der Exoplanet unterscheidet sich von unserer Heimat im All durch einen wesentlichen Faktor: Er ist viel näher an seinem Muttergestirn, was ihn praktisch zu einer planetaren Hölle macht – oder zumindest die eine Hälfte des Planeten.

Exoplanet, HD 63433 d
HD 63433 d ist nur rund 400 Millionen Jahre alt und zumindest auf einer Hemisphäre glühend heiß.
Illustration: NASA/Ames/JPL-Caltech/T. Pyle

Fleißiger Planetenentdecker

Entdeckt wurde die kleine, felsige Welt von einer Forschungsgruppe um Benjamin Capistrant von der University of Florida auf Aufnahmen der Transiting Exoplanet Survey Satellite (Tess). Das Weltraumteleskop der US-Raumfahrtbehörde Nasa wurde speziell für die Aufgabe ins All gebracht, mithilfe der Transitmethode nach Exoplaneten Ausschau zu halten.

Dafür misst das Instrument den Helligkeitsabfall, wenn ein Planet aus Sicht der Erde über seinen Stern hinwegzieht. Die Intensität der Verdunkelung ermöglicht Rückschlüsse auf den Durchmesser des Planeten. Seit seinem Start im Jahr 2018 hat Tess rund 4.000 potenzielle Exoplaneten entdeckt, mehrere Hundert davon konnten bereits bestätigt werden.

Infernalische Hälfte

Der nun im "Astronomical Journal" vorgestellte Exoplanet HD 63433 d umkreist seinen Heimatstern in einer Distanz, die nur zwölf Prozent der Entfernung zwischen Merkur und Sonne entspricht. Das ist so nahe, dass der Planet für einen vollständigen Umlaufbahn nur 4,2 Erdtage benötigt. Aufgrund des geringen Abstandes haben sich Umlaufzeit und Rotation des Planeten angeglichen, sodass er – wie der Mond bei uns – seinem Stern stets die selbe Seite zukehrt.

Mit anderen Worten: Während eine Hemisphäre vom nahen Stern gegrillt wird, herrscht auf der abgewandten Seite permanente Finsternis. Die Oberflächentemperaturen auf der Tagseite sind mit 1.260 Grad Celsius entsprechend infernalisch. Capistrant und seine Kolleginnen und Kollegen halten es für wahrscheinlich, dass die heiße Hälfte von HD 63433 d von einem riesigen Ozeans aus glühender Lava bedeckt ist.

Exoplaneten, HD 63433, System
Um den Stern HD 63433 kreisen drei bekannte Exoplaneten, allesamt in einem äußerst geringen Abstand.
Illustration: Alyssa Jankowski/University of Wisconsin–Madison

Jung und nah

Doch bemerkenswert finden die Astronomen den Exoplaneten eigentlich aus einem ganz anderen Grund: Die (halb-)höllische Welt ist mit einem Alter von rund 400 Millionen Jahren extrem jung. Kein anderer so junger Planet von Erdgröße war bisher bekannt gewesen, schon gar nicht in dieser geringen Distanz. Zum Vergleich: Die Erde und der Rest unseres Sonnensystems sind etwa 4,5 Milliarden Jahre alt.

HD 63433 d ist nicht der einzige Planet des Systems. Im Jahr 2020 entdeckte man dort HD 63433 b und HD 63433 c. Ersterer ist ein neptungroßer Planet mit der etwa fünffachen Masse der Erde, der ebenfalls in sehr kleinem Abstand seinen Stern umkreist. Ein Jahr dauert dort nur 7,1 Erdtage. HD 63433 c ist noch ein Stück größer. Der Planet mit rund siebenfachem Erddurchmesser braucht für eine ganze Runde immerhin 20,5 Erdtage.

Lohnendes Ziel

Die einzigartigen Eigenschaften der Exoplaneten um den Stern HD 63433 machen ihn zu einem vorrangigen Ziel für weitere Beobachtungen, erklärte Capistrant. Nicht nur die völlig unterschiedlichen Oberflächenbedingungen der geteilten Welt HD 63433 d seien es wert, näher untersucht zu werden.

"Wenn wir etwa eine Atmosphäre nachweisen würden, könnten wir auch überprüfen, ob und wenn ja, wie diese ins All fortgeblasen wird. Das würde uns viel über die Entwicklung terrestrischer Planeten verraten", meinte Co-Autorin Melinda Soares-Furtado von der University of Wisconsin–Madison. Auch wenn sich das System deutlich von unserem Sonnensystem unterscheidet, könne es wertvolle Erkenntnisse darüber liefern, was in Planetensystemen kurz nach ihrer Entstehung abläuft. (Thomas Bergmayr, 18.1.2024)