Bis zu 30.000 Menschen haben sich nach Angaben der Polizei Köln am Dienstagabend  auf dem Heumarkt versammelt, um gegen die AfD zu demonstrieren.
Bis zu 30.000 Menschen haben sich nach Angaben der Polizei Köln am Dienstagabend auf dem Heumarkt versammelt, um gegen die AfD zu demonstrieren.
IMAGO/Guido Schiefer

Ein Geheimtreffen in einem brandenburgischen Hotel, bei dem Rechtsextreme, unter anderem der Österreicher Martin Sellner, mit AfD-Politikern über die massenhafte Vertreibung von Menschen aus Deutschland beraten – das hat den Stein in Deutschland ins Rollen gebracht.

Seit die Recherche-Plattform "Correctiv" Details zu diesem Treffen enthüllt hat, belassen es immer mehr Deutsche nicht mehr bei verbal geäußerter Kritik, sondern zeigen ihren Widerstand gegen Rechtsextremismus auf der Straße. In diesen Tagen finden in vielen deutschen Städten Demonstrationen statt, und diese haben hohen Zulauf.

"Bündnis gegen Rassismus"

In Köln hatten Privatpersonen unter dem Motto "Bündnis gegen Rassismus" am Dienstagabend eine Demo angemeldet und mit 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gerechnet. Zum Start wurde die Zahl auf 7.000 nach oben korrigiert, nach Polizeiangaben kamen dann 30.000 Menschen. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur bezeichnete ein Polizeisprecher die Stimmung als "durchweg friedlich".

Auch in Leipzig (Sachsen), Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) und Essen (Nordrhein-Westfalen) protestierten Zehntausende. Es sind breite gesellschaftliche Bündnisse, die zum Protest auf der Straße aufrufen. In Rostock etwa engagiert sich die Bürgerinitiative "Bunt statt braun", die im Jahr 2000 gegründet worden war. Ihr Zeichen ist ein bunter Schmetterling, dieser war schon zur Wendezeit in der DDR Symbol des gewaltfreien Widerstandes. Als Ziel nennt "Bunt statt braun": "Als überparteilicher, nichtstaatlicher, bürgernaher Verein verfolgen wir das Ziel, rechtsextremistischen Bestrebungen in der Gesellschaft langfristig den Nährboden zu entziehen."

Auch in Postdam gab es eine Demo, dieser schlossen sich auch der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) an.
In Postdam gab es ebenfalls eine Demo, dieser schlossen sich auch der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) an.
IMAGO/Martin Müller

In Leipzig ist das 2009 gegründete Aktionsnetzwerk "Leipzig nimmt Platz" aktiv. Es hat immer wieder Aufmärsche von Neonazis verhindert und agiert auf Grundlage der "Leipziger Erklärung". In dieser heißt es: "Wir werden den Neonazis den Weg versperren. (...) Wir selbst sind verantwortlich für die Stadt und die Gesellschaft, in der wir leben." Unterzeichnet haben die Erklärung auch Vertreterinnen und Vertreter der Grünen, der SPD und der Linken. Das Netzwerk arbeitet mit Organisationen in anderen ostdeutschen Städten zusammen, etwa "Dresden Nazifrei" oder dem "Bündnis für Zivilcourage Halle".

Doch es stehen hinter den Protesten nicht nur Privatpersonen. In Rotenburg an der Wümme (Niedersachsen) etwa soll es am Samstag eine Demo "gegen Rassismus, Ausgrenzung und Hass" geben. Zu dieser rufen die Grünen, die Linke, die SPD und die CDU gemeinsam auf. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi beteiligen sich.

Hand in Hand um das Parlament

In Berlin ist am 3. Februar eine Großdemo geplant. Organisiert wird diese vom Bündnis "Hand in Hand", das es erst seit kurzem gibt. Laut dem Berliner "Tagesspiegel" haben bereits mehr als 160 Organisationen den Aufruf #WirSindDieBrandmauer unterzeichnet. Unter diesem Motto soll bei der Demo zum Schutz der Demokratie eine Menschenkette um den Reichstag in Berlin gebildet werden.

Heruntergespielt hingegen wird das Geheimtreffen von Rechtsextremen und AfD-Politikern in der AfD selbst. Deren parlamentarischer Geschäftsführer Bernd Baumann erklärte, es seien nur einzelne Leute privat hingegangen. Die Chefs der AfD-Landtagsfraktionen in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Sachen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern betonen in einer gemeinsamen Erklärung, dass massenhafte Vertreibung durchaus auf dem Plan stehe.

Die Erklärung, in der es heißt
Die Erklärung, in der es heißt: "Deutschland muss wieder deutscher werden", hat auch der Thüringer Partei- und Fraktionschef der AfD, Björn Höcke, unterschrieben.
IMAGO/Jacob Schröter

In dem Papier heißt es: "Remigration ist das Gebot der Stunde. Die Sozialmigration nach Deutschland muss beendet und rückabgewickelt werden. Dafür werden wir nach der Regierungsübernahme sorgen." Man werde "Recht und Gesetz anwenden", um die Grenzen zu schützen, und Deutschland vor "weiterer Sozialmigration bewahren". Der Prozess werde "Jahrzehnte brauchen". Aber: "Wir werden beginnen, sobald wir in Regierungsverantwortung stehen". Die Erklärung schließt mit den Worten: "Deutschland muss wieder deutscher werden." (Birgit Baumann aus Berlin, 17.1.2024)