Haltegriff eines Krankenbettes vor einem Arzt, der gerade ein Krankenzimmer verlässt
Österreichs Plätze in forensisch-therapeutischen Einrichtungen sind nicht unbegrenzt, daher verdienen auch private Einrichtungen mit der Betreuung der Betroffenen.
APA / dpa / Britta Pedersen

Wien – Auch psychisch kranke Menschen, die Straftaten begangen haben und deshalb strafrechtlich in einem forensisch-therapeutischen Zentrum untergebracht werden, werden älter. Der damit verbundene Abbau der psychischen und physischen Leistungsfähigkeit kann, wie im Fall von Josef Fritzl, dazu führen, dass psychiatrische Gutachter und Gutachterinnen diagnostizieren, dass ihr Zustand bedeutet, dass sie keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit sind und die Unterbringung nicht mehr nötig ist.

Dies trifft aber primär auf Personen zu, die zwar zurechnungsfähig, aber aufgrund einer Störung gefährlich sind. Daneben gibt es aber auch die Gruppe jener, die aufgrund einer Erkrankung gar nicht wissen, was sie tun, oder nicht begreifen, dass sie eine Straftat begangen haben. In diesen Fällen verschwindet die Erkrankung nicht einfach mit fortschreitendem Alter, die Betroffenen benötigen aber andere Pflege, für die die forensisch-therapeutischen Zentren ja eigentlich nicht vorgesehen sind.

Wie ein Insider dem STANDARD berichtet, nehme die Zahl dieser sogenannten 21(1)-Fälle, benannt nach dem ersten Absatz des Paragrafen 21 im Strafgesetzbuch, zu. Er selbst habe überrascht festgestellt, dass derartige Betroffene mittlerweile auch vermehrt in privaten Pflegeeinrichtungen untergebracht seien, was vom Justizministerium bezahlt werde. Mittlerweile planen private Betreiber demnach sogar, eigene Trakte für diese Gruppe zu errichten.

"Extramurale Unterbringung"

Beim Justizministerium bestätigt man auf STANDARD-Anfrage diese "extramurale Unterbringung", wie in der Fachsprache die Behandlung und Betreuung der Betroffenen außerhalb der Mauern von forensisch-therapeutischen Anstalten genannt wird. 210 Menschen sind es, die derzeit nicht in Gebäuden der Justiz leben, weiß Sina Bründler, Sprecherin des Justizministeriums.

Allerdings wird diese "Unterbrechung der Unterbringung", also eine Lockerung des Vollzuges, nicht nur bei Pflegebedarf durchgeführt, stellt Bründler klar. In der Mehrzahl der Fälle dient es der Vorbereitung auf eine bedingte Entlassung und das Leben in Freiheit. Möglich sind diese Maßnahmen nur bei Betreibern, "die über das notwendige Wissen der Kriminaltherapie verfügen und in der Lage sind, die geforderte Doppelfunktion von einerseits Therapie und andererseits Kontrolle zu übernehmen", hält die Sprecherin fest.

14,5 Millionen Euro für Betreiber

Rund 30 Betroffene sind derzeit in betreuten Pflegeeinrichtungen im Rahmen ihrer Entlassungsvorbereitung. Zusätzlich werde aber auch für geeignete Nachbetreuung gesorgt, wenn bedingt Entlassene beispielsweise keine Angehörigen haben oder gerade kein Platz in einem öffentlichen Heim frei sei, um eine Obdachlosigkeit zu verhindern.

Den privaten Anbietern dieser extramuralen Unterbringung bringt das durchaus Geld. Im Jahr 2022, aus dem die jüngsten verfügbaren Daten stammen, zahlte das Justizressort insgesamt 14,5 Millionen Euro, also nicht ganz 70.000 Euro jährlich pro Betroffenen. (Michael Möseneder, 22.1.2024)