Zunächst dominieren am Sonntagabend in der ARD zwei Routinierte. Die Kommissare Thorsten Lannert und Sebastian Bootz ermitteln im Stuttgarter Tatort bereits zum 32. Mal.

Danach jedoch, um 21.45 Uhr, gibt es eine Premiere. Nicht mehr Anne Will wird mit ihren Gästen über das Thema der Woche sprechen, sondern Caren Miosga.

Caren Miosga talkt ab Sonntag in der ARD, sie folgt Anne Will nach.
Caren Miosga talkt ab Sonntag in der ARD, sie folgt Anne Will nach.
Foto: NDR/Philipp Rathmer

Seit 20 Jahren ist Miosga Zuseherinnen und Zusehern bekannt. Die 54-Jährige moderierte zunächst das Medienmagazin Zapp und die Kultursendung ttt (titel, thesen, temperamente). 2007 kam sie zu den ARD-Tagesthemen, und von dort springt sie nun in den ARD-Talk-Olymp. Die Talk-Sendung am Sonntagabend ist die meistgesehene im deutschen TV.

Die Zeiten könnten diskussionswürdiger nicht sein. Krieg in der Ukraine, Krieg in Nahost, Bauerndemos in Deutschland, Geheimtreffen von Rechtsextremen und AfD-Vertretern – über Themenmangel kann sich Miosgas Redaktion nicht beschweren.

Wird Deutschlands Zukunft konservativ?

Doch sie setzt beim Debüt auf einen anderen Schwerpunkt. "Merz richtet die CDU neu aus – wird Deutschlands Zukunft konservativ?", so lautet der Titel der ersten Sendung.

Neben CDU-Chef Friedrich Merz kommen Zeit-Journalistin Anne Hähnig und der Soziologieprofessor Armin Nassehi.

Zumindest Merz ist ein alter Bekannter und Talkshow-Veteran. Man darf also gespannt sein, was sich ändert. Denn Miosga hat angekündigt, dass sie einiges anders machen wird als ihre Vorgängerin Anne Will.

Der augenscheinlichste Unterschied: Miosga bringt ihre Gäste an einem Tisch zusammen. Bei Anne Will saß und lümmelte man auch in tiefen Fauteuils, Miosga bittet auf weniger bequeme Stühle um einen Tisch. Man rückt somit auch räumlich enger zusammen, es schaut mehr nach Arbeitsatmosphäre aus.

Auch inhaltlich plant Miosga Abgrenzung. Wie diese aussehen soll, das hat sie in einem Interview mit dem Spiegel erklärt: "Ich möchte, sooft es geht, mit Einzelgesprächen beginnen. Ich glaube, dass Politikerinnen und Politiker anders antworten, wenn sie nicht das Gefühl haben, dass in der Runde lauter Rottweiler lauern, die sich gleich auf sie stürzen."

Auch AfD wird eingeladen

Dennoch, sagt Miosga, habe sie selbst keine Hemmungen, Politiker und Politikerinnen hart anzufassen. Das sollen auch Vertreterinnen und Vertreter der AfD zu spüren bekommen. Anne Will hatte diese in letzter Zeit nicht mehr eingeladen.

Diesen Kurs will Miosga nicht beibehalten. Sie hält nichts vom Argument, man solle Politikerinnen und Politikern der AfD am besten keine Bühne bieten. Miosga: "Die brauchen ARD und ZDF nicht. Sie finden ihre Wählerschaft auch ohne uns, über Social Media."

Die erste Sendung von Miosga werden auch die Vertreter der GVK verfolgen. Diese "Gremienvorsitzendenkonferenz", das oberste Kontrollgremium der ARD, ist mit dem Talkshow-Angebot der ARD nicht zufrieden.

Gegen den Talk-Einheitsbrei

"Es genügt nicht, sich durch unterschiedliche Moderatoren zu unterscheiden", monierte die GVK in einem internen Papier, aus dem die Süddeutsche Zeitung zitiert hat.

Man wünscht sich mehr Vielfalt bei den Gästen von Sandra Maischberger, Luis Klamroth und nun eben Miosga. "Talkshows müssen sich in ihrer Machart, ihrem Profil und Inhalt deutlich voneinander unterscheiden, um nicht zuletzt unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen", lautet der Auftrag.

Die Situation in der ARD ist damit ähnlich wie im ORF. Auch dort stehen die Diskussionsformate auf dem Prüfstand. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann hat die neue ORF-Chefredaktion damit beauftragt, "alle politischen Talkformate" zu evaluieren.

In ORF-Gremien wird immer wieder diskutiert, ob die Angebote noch zeitgemäß sind. Stiftungsrat Heinz Lederer etwa fordert Formate, die jüngere Menschen ansprechen.

Miosga hat derweil diesen Wunsch: " Wenn wir es schaffen, mehr Leute für Politik zu interessieren, haben wir schon viel erreicht." (Birgit Baumann, 21.1.2024)