Palworld
Die Mischung aus knuffigen Wesen und martialischen Waffen ist gewöhnungsbedürftig und wird familienintern wohl für Diskussionen sorgen.
Pocketpair

"Ich mag 'Fortnite' spielen", mussten sich viele Eltern in den letzten Jahren regelmäßig vom Nachwuchs anhören. 2017 erschienen, sorgte das Ballergame mit Comic-Optik für zahlreiche familieninterne Diskussionen. Irgendwie Shooter, aber nicht so realistisch wie "Call of Duty", war so der Eindruck vieler Erziehungsberechtigten. Also gaben viele Eltern mit Kindern im Alter von 13 plus nach. Sohn oder Tochter spielt ja zumindest mit Freunden, und Dinge aufbauen war ja auch irgendwie ein Teil des Spiels.

Der Erfolg von "Fortnite" war und ist sexy. 5,1 Milliarden Dollar machte das Spiel allein im Jahr 2020. Gut, da war auch Corona, aber auch jetzt ballern die Entwickler laufend Erweiterungen nach, zuletzt dank einer Kooperation mit Lego ein eigenes Survival-Crafting-Spiel a la "Minecraft" sowie ein Rennspiel mit dem Namen "Rocket Racing".

Als Antwort auf diesen Erfolg haben pfiffige Entwickler aus Japan am vergangenen Freitag "Palworld" veröffentlicht. Ein Mix aus dem erwähnten "Fortnite", man kann in Comic-Optik ballern, aber auch sehr starke Anleihen an einer der erfolgreichsten Spiele-Serien aller Zeiten – "Pokémon" – scheinen gute Vorzeichen für eben dieses "Palworld" zu sein.

Tatsächlich wollten am Release-Wochenende die Erfolgsmeldungen nicht abreißen. Vier Millionen Mal verkaufte sich der bis dahin unbekannte Titel, der aktuell noch als "in Entwicklung" befindliche Version angeboten wird. Außerdem spielten das Game am Sonntag über eine Million Spieler gleichzeitig allein auf Steam. Das haben vor "Palworld" lediglich fünf andere Spiele geschafft. Da der Titel derzeit auch kostenlos im Gamepass-Abo von Microsoft herunterzuladen ist, kann man sicher noch einmal ein paar Tausende, wenn nicht Hunderttausende Spieler hinzuaddieren.

Zeit also, sich für Diskussionen mit dem Nachwuchs zu rüsten. Was ist "Palworld" – und wer soll es spielen?

Palworld
Erst sechs Spiele konnten auf der Gaming-Plattform Steam eine Million Spieler gleichzeitig erreichen. "Palworld" ist seit dem vergangenen Wochenende eines davon.
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Geschickter Mix

Um was geht es in "Palworld"? Man erstellt sich einen Charakter und wird dann in eine offene Welt entlassen, die es zu erforschen gilt. Das Spiel besteht aus zwei Hauptaufgaben. Zunächst einmal muss man ein Lager bauen, das zu Beginn nur aus einer Holzbank besteht, auf der man neue Dinge bauen kann. Später kann dieses Lager zu einer großen Fabrik aufgebaut werden, aber dazu später. Der zweite Bestandteil ist das Bekämpfen und Sammeln von sogenannten Pals, also Kumpeln. Diese hüpfen in der Welt herum und können – wie beim großen Vorbild "Pokémon" – mit kleinen Kugeln gefangen werden.

In "Palworld" kann man diese eingefangenen Pals nicht nur als Unterstützung in Kämpfen nutzen, nein, diese können auch als Arbeiter im Lager eingesetzt oder sogar gegessen werden. In einer von Memes und Social Media geprägten Welt sorgen solche kleinen Aufreger natürlich schnell für Aufmerksamkeit.

Ansonsten findet man sich, ähnlich wie in "Minecraft" oder diversen Survival-Games, in der Regel am Einsammeln von Ressourcen, mit denen neue Waffen und funktionale Gegenstände hergestellt werden können. Mit steigendem Erfahrungslevel und besserer Ausrüstung wagt man sich dann immer weiter in die Welt von "Palworld", um neue Ressourcen und vor allem Monster zu finden.

Palworld
Das Lager kann mit allerlei Verbesserungen erweitert werden.
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Palworld
Allein oder gemeinsam geht man auf Monsterjagd.
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Warum der Erfolg?

Erste Reaktionen auf das Spiel waren durchwegs positiv. Die Fachpresse schrieb in ersten Eindrücken, dass die Kämpfe Spaß machen und die einzelnen Elemente im Spiel gut funktionieren, damit Spieler geschickt an der Stange gehalten werden. Auch der Humor des Spiels findet Anklang. Bei den Spielern hat "Palworld" auf Steam aktuell eine Einschätzung "sehr positiv" erhalten.

Im Selbsttest musste der Autor dieser Zeilen feststellen, dass man tatsächlich schnell in den "Loop" des Abbauens und Kämpfens kommt. Das Einsammeln der Monster macht Spaß, und zumindest zu Beginn des Spiels gibt es keinerlei Hürden, die einen lange aufhalten. So lernt man schnell, Steine zu klopfen und Monster an seiner Seite arbeiten und kämpfen zu lassen.

Von zahlreichen bereits veröffentlichten Videos weiß man, dass die Möglichkeiten schon in der frühen Phase des Spiels sehr umfangreich sind. Von fliegenden Wesen über ganze Fabriken, in denen dutzende Monster für den Spieler Rohstoffe herstellen können, bis hin zum Multiplayer, wo man genau diese Reise mit Freunden erleben kann.

Über so manche Fehler, die man im Spiel noch findet, sollte man sich übrigens nicht wundern. Da sind Menüs zum Teil mit Platzhaltern versehen, und aufgrund der Server-Last am Wochenende konnte kurzfristig nicht im Multiplayer-Modus gespielt werden. Das Spiel ist noch nicht fertig, das geben die Entwickler offen zu. Das nennt sich beispielsweise auf Steam "Early Access". Wer es trotzdem kaufen will, der kann das für knapp 30 Euro tun. Im Xbox Gamepass ist das Spiel enthalten und kann sowohl auf die Xbox als auch auf den PC geladen werden.

Palworld
Vor allem dieser Vergleich macht aktuell im Internet die Runde. Rechts sieht man das Pokémon von Nintendo, links die Interpretation von Pocketpair.
Pocketpair/Nintendo

Wie viel "Rip-off" ist erlaubt?

Wer "Pokémon" kennt, dem werden bei so manchem Tier in "Palworld" Ähnlichkeiten auffallen. Viele Meinungsmacher in der Branche gehen aktuell davon aus, dass die Wesen im neuen Hype-Titel KI-generiert sind. So hat der verantwortliche Artist Zaytri zuvor an einem Titel namens "AI: Art Imposter" gearbeitet. Der CEO von Pocketpair, Takuro Mizobe, lobte in der Vergangenheit die Möglichkeiten von KI-generierten Bildern und Inhalten.

Deshalb wird von mehreren Nutzerinnen und Nutzern in Foren und auf Social Media bereits gefragt: "Wie viel Rip-off ist noch okay?" Abgesehen von stark inspirierten Spielelementen, speziell mit einem Ball Monster zu fangen, die dann für einen kämpfen, ist vor allem die Darstellung mancher Monster sehr nah an den Nintendo-Originalen aus "Pokémon". Die Anwälte von Nintendo werden deshalb vielleicht schon die Bleistifte spitzen, aber nachdem die Rechtslage in Sachen KI-generierter Inhalte noch auf sehr wackeligen Beinen steht, sind die Erfolgschancen, die "Palworld"-Entwickler zu klagen, wahrscheinlich überschaubar.

Bei Pocketpair sieht man das wohl ähnlich. 2022 veröffentlicht einer der CEOs einen Tweet, dass er eine Zukunft sehe, wo generative KI so fortgeschritten sein wird, dass man sämtliche "Copyright-Probleme vermeiden" könne. Bereits 2021 zeigte eben jener CEO in einem Posting, wie KI ein eigenes "Pokémon" designen konnte. Offiziell hat Pocketpair nie zugegeben, dass die aktuellen Designs ihrer Monster auf KI-Entwürfen basieren. Sieht man sich die Historie an, liegt die Vermutung allerdings nahe.

Bleibt "Palworld" – und für wen ist es?

Die Games-Industrie hat schon viele Hypes erlebt und viele davon sind auch schnell wieder abgeebbt. Bei "Palworld" kann man davon ausgehen, dass das Spiel erfolgreich bleibt – außer Nintendo klagt erfolgreich gegen so manches Monster-Design oder es folgen neue KI-Auflagen in den nächsten Jahren, die die Entwicklung in irgendeiner Form beeinträchtigen könnten. Immer davon ausgehend, dass die Designs von "Palworld" tatsächlich KI-generiert sind.

Die Zielgruppe ist klar. Von den kleinen "Pokémon"-Fans bis hin zu den etwas größeren "Fortnite"-Spielern oder auch den Bau-Enthusiasten aus "Minecraft". Wer sein Kind bereits "Fortnite" hat spielen lassen, der braucht vor "Palworld" wohl auch keine Angst zu haben. Es handelt sich beim Spiel um eine Fantasy-Welt, aber es gibt natürlich Raketenwerfer – in die man die Pals zum Teil ebenfalls stecken kann, um sie als Munition zu verwenden – oder auch Maschinengewehre. Wer das für sein Kind unpassend empfindet, der sollte das Thema am Esstisch besser nicht aufbringen. Bis es dann halt von Kindesseite heißt: "Ich mag 'Palworld' spielen." (Alexander Amon, 22.1.2024)