Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) will nach bayerischem Vorbild eine Art Genderverbot in der Verwaltung einführen. Wie die Tageszeitung "Heute" berichtet, sollen Binnen-I, Sternchen und Doppelpunkte bis 2030 der Vergangenheit angehören. "Sinnvoll" findet Nehammer dagegen das Ausschreiben beider Geschlechterformulierungen. Sein entsprechender Vorschlag soll offiziell bei einer Grundsatzrede in Wels am Freitag präsentiert werden.

Diese Linie soll nach Vorstellung des ÖVP-Chefs auch in den Bildungseinrichtungen implementiert werden: "Gendern darf nicht prüfungsrelevant und in wissenschaftlichen Arbeiten verpflichtend vorgeschrieben sein", zitiert "Heute" den Kanzler. Ferner plädiert Nehammer laut dem Bericht für ein Verbot von "Gender-Missbrauch". Der ÖVP-Obmann will "eine klare rechtliche Konkretisierung der Geschlechter". Außerdem brauche es geschlechterspezifische Räume, in denen sich Frauen "sicher fühlen".

Karl Nehammer hält am Freitag eine Grundsatzrede, Teile davon sind bereits bekannt.
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Erleichterungen

Nehammers Rede dürfte den Beginn seiner Nationalratswahlkampagne markieren. Zuvor hat die ÖVP bereits bekanntgegeben, dass sie unter anderem eine Steuersenkung "für die arbeitende Mitte" und Senkung der Lohnnebenkosten bis zum Jahr 2030 anstrebt. Demnach wird der Kanzler die Senkung des Eingangssteuersatzes von 20 auf 15 Prozent vorschlagen – mehr dazu hier. Er sieht auch Erleichterungen für Personen vor, die nicht Vollzeit arbeiten, um Pflege- oder Kinderbetreuungsaufgaben wahrzunehmen. Überstunden sollen steuerlich begünstigt werden.

Weiters wünscht sich die ÖVP, wie in der heurigen Rede Thema sein soll, eine Leistungsreform des Abgabensystems. Bis 2030 will sie eine Lohnnebenkostensenkung um 0,5 Prozentpunkte pro Jahr implementieren. Erreichen will man dies durch eine Reduktion der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sowie durch Überführung eines Teils der dienstgeberfinanzierten Beiträge des Familienlastenausgleichsfonds (Flaf) in das Bundesbudget.

Rede im Vorjahr Ansage gegen Grüne

Zudem wolle die ÖVP einen "Regimewechsel" in der Wirtschaftspolitik, mit einer Abkehr von Interventionen und Budgets der letzten vier Krisenjahre und einer Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft.

Schon im Vorjahr hatte Nehammer eine "Rede zur Zukunft der Nation" gehalten. Damals lag der Fokus auf dem "Autoland Österreich" – Nehammer sprach sich dabei unter anderem gegen ein Aus für Verbrennungsmotoren aus und kritisierte die sogenannten Klimakleber, die aus seiner Sicht "Untergangsirrsinn" verbreiten. Heuer soll die Rede in Wels stattfinden. Die Grünen erwarten nicht, dass die Grundsatzrede am Freitag die Politik der Koalition beeinflussen wird. (muz, APA, 23.1.2024)