Die Geschichte von Amy und Ano klingt wie eine düstere Version des Films "Ein Zwilling kommt selten allein": Amy und Ano konnten einander nach Jahren, in denen sie nicht wussten, dass sie Zwillingsschwestern waren, durch eine Talentshow im Fernsehen und durch Tiktok wiederfinden. Ihr Fall ist einer von vielen, bei denen Kinder aus georgischen Krankenhäusern illegal an Familien verkauft wurden. Die BBC berichtete.

Seit zwei Jahren versuchen Amy und Ano Licht in ihre gemeinsame Vergangenheit zu bringen. Alles begann mit der georgischen Fernsehtalentshow "Georgia's Got Talent". Amy war im Haus ihrer Oma am Schwarzen Meer und sah im Fernsehen ein Mädchen, das ihr gespenstisch ähnlich sah. "Alle riefen meine Mutter an und fragten: 'Warum tanzt Amy unter einem anderen Namen?'", wird die junge Frau von der BBC zitiert. Nachdem Amy das identische Mädchen im Fernsehen gegenüber ihrer Familie erwähnte, hat diese die Ähnlichkeit als Zufall heruntergespielt. Jeder hätte einen Doppelgänger – die Sache rückte in den Hintergrund.

Als jedoch sieben Jahre später Ano durch ein Tiktok-Video auf Amy aufmerksam wurde, kamen sich die Schwestern näher. Im November 2021 hatte Amy ein Video von sich mit blauen Haaren gepostet, nachdem sie sich ein Augenbrauenpiercing hatte stechen lassen. Eine Freundin Anos schickte ihr laut Bericht dieses Video, was Ano veranlasste, nach ihrem eineiigen Zwilling zu suchen. Sie leitete das Video in eine Uni-Gruppe auf Whatsapp weiter und hatte Glück: Jemand kannte Amy und hatte ihren Kontakt. Die Mädchen lernten sich erst virtuell kennen. "Ich habe so lange nach dir gesucht", wird eine Nachricht von Amy zitiert. Ano habe mit "ich auch", geantwortet. Wenige Wochen später kam es zum Treffen. "Es war, als würde man in einen Spiegel schauen, genau dasselbe Gesicht, genau dieselbe Stimme. Ich bin sie, und sie ist ich", wird Amy zitiert.

Nahaufnahme Handy non Neugeborenen Zwillingen.
Die Mädchen wurden nach ihrer Geburt im Jahr 2002 im Entbindungskrankenhaus von Kirtskhi getrennt.
Ano Sartania via Facebook

Suche nach der Mutter

Ihre Familien gaben an, die Mädchen gegen viel Geld aus dem Krankenhaus abgeholt zu haben. Keine der Adoptivfamilien hätte gewusst, dass die Mädchen Zwillinge seien. Dass die Adoption ihrer Töchter illegal war, hätten sie auch nicht gewusst.

Ano und Amy wollten wissen, wo ihre biologische Mutter ist, und suchten in einer Facebook-Gruppe, die georgische Familien vereint, nach Antworten. Dem Bericht nach hatte eine junge Frau in Deutschland auf ihre Anfrage geantwortet: Ihre Mutter habe 2002 im Entbindungskrankenhaus von Kirtskhi, wo Amy und Ano geboren wurden, Zwillingsmädchen zur Welt gebracht. Nach DNA-Tests kam heraus, dass das Mädchen aus der Facebook-Gruppe die Schwester der Zwillinge ist. Ihre leibliche Mutter lebte in Deutschland, und beide Mädchen konnten sie treffen. Die Mutter gab laut dem Bericht an, nach der Geburt beider Mädchen in ein Koma gefallen zu sein. Als sie aufwachte, sagte man ihr, die Babys seien gestorben.

Die Facebook-Gruppe, auf der Amy und Ano ihre Mutter finden konnten, wurde von der Journalistin Tamuna Museridze gegründet, die 2021 selbst herausgefunden hatte, adoptiert zu sein. Wie viele Kinder in der tragischen Zeit in Georgiens Geschichte verkauft wurden, ist nicht bekannt. Die Gruppe zählt mehr als 230.000 Mitglieder. Die georgische Regierung hat die Gesetze gegen Menschenhandel 2006 verschärft und startete 2022 Ermittlungen zum Kinderhandel. (wisa, 26.1.2024)