"Bergkarabach – und zum ersten Mal die Geräusche des Krieges, ich fühlte mich sehr gut. Genau das habe ich gesucht", erzählt Rick. Er braucht den Adrenalinkick, unternimmt immer wieder Reisen in Kriegsgebiete. "Es war wie in einem Bruce-Willis-Film, für mich war es die tollste Sache der Welt." Er gründete die Agentur Warzone Tours, mit der er Reisen in Konfliktregionen wie etwa den Irak, nach Syrien, Somalia, Libanon und Bergkarabach organisiert. Und das Geschäft läuft gut, täglich bekommt er Anfragen. "Die Leute wollen an die Orte, von denen sie in den Nachrichten hören", sagt er. "Weil es ein Nervenkitzel ist, den sie normalerweise nicht erleben", so Rick. Und die Menschen wüssten, worauf sie sich einlassen würden.

Auf manche Menschen üben Kriege offenbar eine ganz eigene Faszination aus, sie verbringen ihren Urlaub dort, wo andere sterben. Und zahlen dafür viel Geld. Wer sind diese Menschen, die diese Touren in Kriegsgebiete buchen? Die Dokumentation "Kriegstouristen – Gefahren inklusive" – zu sehen am Dienstagabend um 23.20 Uhr auf Arte – begleitet einige von ihnen. Kriegstourismus sei ein Teil des Wirtschaftszweiges Erlebnistourismus, so Regisseurin Vita Drygas, der Umsatz dieser Branche wurde bereits 2012 auf 265 Milliarden US-Dollar geschätzt – und wächst weiter.

Kolja bei einer Gruppenreise nach Kolumbien.
Kolja bei einer Gruppenreise nach Kolumbien.
Foto: Drygas Film Production

Andrew Drury ist einer dieser Urlauber, mit denen Drygas gesprochen hat, er war etwa im Sudan unterwegs. "Das hier ist ein Stück Mensch", sagt er und zeigt einen Knochen, den er gefunden hat. Er zeigt auch Überreste einer Rakete aus Tschetschenien. Drury ist Kriegstourist, er macht dort Urlaub, wo andere sterben. Die Doku geht der Frage nach, worin der Reiz dieser lebensgefährlichen Touren liegt. "Die Aufregung macht süchtig, man sehnt sich danach", erzählt Drury. In den letzten 15 Jahren hat er seine Ferien in Kriegsgebieten verbracht, "das bereitet mir Freude", sagt er. Seine Familie, seine Freunde, seine Arbeit, all das ist ihm nicht genug.

Kolja erzählt über seine Sehnsucht, er ist Geschäftsmann aus München und gründete den "Extreme Traveler International Congress". Dort treffen sich jene, deren Hobby diese gefährlichen Reiseziele sind. Bei Zigarren und Drinks tauschen sie sich etwa über die Zerstörung in Aleppo aus, reden über die Lebensfreude jener, die dort geblieben sind.

Kriegstouristin Eleonora beim Trainieren mit dem Militär in Afghanistan.
Kriegstouristin Eleonora beim Trainieren mit dem Militär in Afghanistan.
Foto: Drygas Film Production

"Wenn du in ein Kriegsgebiet fährst, hast du keine Zeit für Luxus, es ist roh, real und rau", sagt Eleonore, die immer wieder in Kriegsgebieten unterwegs ist, auch sie liebt den Kick, sie reist allein, diesmal nach Afghanistan. Organisiert von einer italienischen Agentur für rund 4.000 Dollar. Sie will alles sehen, was mit Waffen zu tun hat, sagt sie ihrem lokalen Guide. In Syrien wird einer Gruppe von Kriegstouristen von der Mutter angeboten, ihre vierjährige Tochter mitzunehmen, "vielleicht hat sie es dann besser", sagt die Mama zu den Männern, die hier auf Abenteuertrip sind. Und in Kolumbien sieht man Kriegstouristen beim Selfies-Machen mit Farc-Kämpfern.

Gary und Rick von einer Agentur für Kriegstourismus.
Gary und Rick von einer Agentur für Kriegstourismus.
Foto: Drygas Film Production

"Das Leben ist komplex, wenn man wieder nach Hause kommt", sagt Andrew nach der Rückkehr aus Somalia, Gefahr hingegen sei einfach. "Was bekommt man für das Risiko?", fragt sein ehemaliger Begleiter, der auf solche Reisen in Zukunft verzichten will. "Am Ende einen Kopfschuss? Was hätten wir davon? Nichts." Auch Rick gibt sich zunehmend selbstkritisch, "du siehst, was passiert. Und was bringt das?" Seine Agentur hat er geschlossen, "Krieg ist etwas Saudummes". (Astrid Ebenführer, 30.1.2024)