Screenshot Oscar Stories – eine App, die Kindergeschichten via KI generiert.
Dies ist die Protagonistin, wie die App Oscar Stories sie in der Kindergeschichte dargestellt.
Oscar Stories

Haben Sie am Abend Ihrem Kind schon einmal eine Geschichte erzählt? Dann wissen Sie sicher, dass es gar nicht so einfach ist, sich immer neue Erzählungen aus dem müden Ärmel zu schütteln. Hier moderne Mittel nutzen zu können, die unterstützend eingreifen, muss also erlaubt sein. Nachgewiesenermaßen können KI-Sprachmodelle wie ChatGPT sehr gut Geschichten erzählen. Es gehört eigentlich zu ihren Kernfunktionen, könnte man sagen. Darauf aufbauend, haben sich manche Anbieter spezialisiert: Das aus Wien stammende Start-up Oscar Stories rund um die Gründer Dima Rubanov und Matthias Neumayer hat zum Beispiel eine App entwickelt, die auf das Erstellen von Kindergeschichten mithilfe von künstlicher Intelligenz fokussiert ist. Am 30. Jänner präsentieren sie Rubanov und Neumayer auch in der Puls-4-Gründershow "2 Minuten 2 Millionen".

Oscar Stories ist für Android und iPhone verfügbar. Auf Android wurde die App über 10.000-mal heruntergeladen und kommt auf eine durchschnittliche Bewertung von 4,7 von fünf Sternen, bei Apple wird die App durchschnittlich mit 4,6 Sternen bewertet.

Kosten und Abo

Der Download per se ist gratis, allerdings ergeben sich im Rahmen eines Freemium-Modells rasch zusätzliche Kosten: Für 4,99 Euro können fünf Coins erworben werden, mit denen wiederum fünf Geschichten generiert werden, alternativ kann je eine Münze ausgegeben werden, um über eine Text-to-Speech-KI aus dem erstellten Text ein Hörbuch zu generieren.

Im Abo für 4,99 Euro pro Monat oder 39,99 Euro pro Jahr können unbegrenzt viele Geschichten oder Hörbücher erstellt werden. Beim erstmaligen Start stehen zwei Coins zur Verfügung, mit denen also entweder zwei Geschichten oder eine Geschichte und ein Hörbuch erstellt werden können. Eine kostenlose Probephase für das Abo gibt es nicht.

Oscar Stories ausprobiert

Die Erstellung der Geschichten ist äußerst intuitiv. Im Gegensatz zu herkömmlichen Sprachmodellen wie ChatGPT oder Google Bard müssen hier keine Prompts eingegeben werden, stattdessen werden die Eltern schrittweise durch das Menü geleitet.

So werden im ersten Schritt Profile für die Kinder angelegt, bei denen Name, Alter, Interessen und Geschlecht – männlich, weiblich oder divers – angegeben werden. Das Kind wird daraufhin zum Protagonisten der Geschichte, diverse Nebenrollen können zum Beispiel von Eltern, Großeltern oder Geschwistern eingenommen werden, für die ebenfalls Profile angelegt werden.

Oscar Stories Screenshot
Mit Typen und Berufen wird die Geschichte an die Vorlieben des Kindes angepasst.
Oscar Stories

Anschließend wird ein "Modus" für die Geschichte gewählt. Diese kann eher kreativ oder wissenschaftlich orientiert sein, oder die Kinder werden als Protagonisten in bekannte Märchenklassiker transferiert. Außerdem werden "Typen" für die Kinder – zur Auswahl stehen etwa Elf, Dinosaurier und Einhorn – ebenso wie Berufe (zum Beispiel Astronautin, Prinzessin oder Lehrerin) ausgewählt. Schließlich kann noch ausgewählt werden, welche moralische Botschaft die Geschichte haben soll.

Geschichten in Text- und Hörbuchform

Oscar Stories verwendet für die Erstellung der Geschichten GPT-4, also das aktuelle Modell von OpenAI, mit dem auch die kostenpflichtige Version von ChatGPT beziehungsweise mit Limitierungen der KI-Chatbot von Microsoft Bing betrieben wird. Für die Erstellung des Textes braucht das System rund zwei Minuten, das Ergebnis ist eine kurze Geschichte, die in unserem Fall aus vier Kapiteln besteht und 432 Wörter lang ist – also nicht abendfüllend, sondern eben eine nette kleine Geschichte zum Einschlafen, die in wenigen Minuten vorgelesen ist. Zusätzlich wird die Geschichte mit vier Bildern illustriert, die thematisch zur Geschichte passen.

Der Inhalt entspricht den Erwartungen. Die namentlich genannte Protagonistin erlebt in der Rolle einer Feenprinzessin ein Abenteuer und lernt dabei, dass sie alle Lebewesen mit Respekt behandeln soll. Eltern und Geschwisterkind kommen in der Geschichte ebenfalls vor, allerdings nur in Nebenrollen. Generell erinnert die Textqualität stark an die Ergebnisse, die Large Language Models (LLMs) wie ChatGPT sonst ausspucken: Sie würden also keinen Literaturpreis gewinnen, für eine individuell gestaltete Kindergeschichte reicht es aber allemal.

Wer nicht mit einem leuchtenden Handyscreen neben dem Kinderbett sitzen möchte, der kann sich wie zuvor erwähnt den geschriebenen Text in ein Hörbuch umwandeln lassen. Auch hier entspricht das Ergebnis den Erwartungen: Die Stimme der KI-Sprecherin klingt beruhigend und realistisch genug, um für diese Zwecke auszureichen, eine menschliche Sprecherin könnte aber sicher mehr Pathos einbringen. Es wird keine Option angeboten, die Audiodatei herunterzuladen.

Praktisch, aber nicht einzigartig

Fazit: Oscar Stories ist sicher eine nette Lösung für Eltern, die ihren Kindern ohne viel Aufwand eine maßgeschneiderte Geschichte erstellen wollen, in der sie selbst und ihre Freunde oder Verwandten vorkommen – und auf Wunsch sogar eine moralische Botschaft transportiert wird. Wen hingegen die Kosten abschrecken, der kann auch mit den passenden Textbefehlen (Prompts) Kindergeschichten aus kostenlosen Tools wie ChatGPT oder Bard herauskitzeln sowie bei Bedarf ein individualisiertes Bild mit Tools wie Stable Diffusion oder Bing Create erstellen.

Oder aber man besorgt sich einen Büchereiausweis, borgt sich regelmäßig neue Bücher aus und lässt die menschliche Kreativität spielen, um die Geschichten auf die Vorlieben der eigenen Kinder abzustimmen. (Stefan Mey, 30.1.2024)