Rohbau des Lamarr
Der Rohbau des Einkaufszentrums.
AFP/JOE KLAMAR

Wien – In Wien stellt sich angesichts der Signa-Turbulenzen derzeit unter anderem die Frage, wie es mit dem geplanten Nobelkaufhaus Lamarr auf der Mariahilfer Straße weitergeht – dem aktuell wohl prominentesten Rohbau Wiens. Das Projekt sollte im kommenden Jahr fertiggestellt werden. Nun wird gerätselt, ob es tatsächlich dazu kommen wird. Gemunkelt wird über einen bevorstehenden Baustopp. Einen solchen gibt es formal aber nicht, wie man im Rathaus betont.

Im Frühjahr 2025, also in knapp einem Jahr, sollte der mehrstöckige Bau eröffnet werden. Das wurde zumindest noch im Vorjahr bei einer für Medienvertreter organisierten Baustellenbesichtigung angesichts der Dachgleiche versichert. Das Kaufhaus, das nach der aus Wien stammenden Hollywood-Diva und Erfinderin Hedy Lamarr benannt ist, entsteht am ehemaligen Leiner-Standort. Auf 20.000 Quadratmetern Verkaufsfläche und acht Etagen würden, so hieß es, lokale und internationale Marken ihr Sortiment – also etwa Bekleidung, Accessoires, Heimbedarf oder Lebensmittel – feilbieten.

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Pfandrecht von 390 Millionen Euro

Ein Gastrobereich, ein öffentlich zugänglicher Dachgarten und ein Hotel wurden für den Komplex ebenfalls angekündigt. Als Betreiber des Warenhauses war die der Signa-Gruppe sowie der thailändischen Central Group gehörende deutsche KaDeWe Group vorgesehen. Doch die hat nun Insolvenz angemeldet, was die Diskussion über das Lamarr-Haus erneut befeuert hat. Allerdings: Die für den Bau des Einkaufstempels verantwortliche Wiener Projektgesellschaft Mariahilfer Straße 10–18 Immobilien GmbH gehört zu jeweils 50 Prozent der Signa Prime sowie der Central Group und ist noch nicht insolvent. Auf das Grundstück ist laut dem Gläubigerschutzverein AKV aber ein Pfandrecht in der Höhe von insgesamt 390 Millionen Euro eingetragen. Dieses soll bei der Bank Austria (295 Millionen Euro) und der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (95 Millionen Euro) liegen.

Zwar gilt es nicht mehr als sehr realistisch, dass Anfang 2025 tatsächlich eröffnet wird, ein Baustopp sei aber noch nicht verkündet worden, war zuletzt immer wieder zu lesen. Allerdings: Einen solchen gibt es formal nicht, wie ein Sprecher der zuständigen Stadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) der APA am Dienstag versicherte. Der Bauwerber verfüge über eine aufrechte Baugenehmigung. Die Fertigstellung müsse innerhalb von vier Jahren erfolgen – das wäre im kommenden Jahr.

Was mit dem Gebäude bis dahin geschehe, also ob es fertiggestellt oder auch veräußert werde, sei Sache des Eigentümers beziehungsweise eines etwaigen Masseverwalters, wird betont. Die Stadt könne hier in keiner Weise eingreifen. Die Baupolizei könne lediglich Sicherungsmaßnahmen in Auftrag geben, sollte es zu entsprechenden Problemen auf der Baustelle kommen.

Rathaus müsste selbst Kaufhaus errichten

Was nach der vierjährigen Frist geschehen könnte, falls der Rohbau bis dahin ein solcher bleibt, ist völlig offen. Zu Spekulationen äußert man sich im Rathaus nicht, verwiesen wird lediglich auf die Rechtslage. Rein theoretisch könnte die Behörde einen Auftrag zur Fertigstellung geben. Solche "Ersatzvornahmen" kommen dem Vernehmen nach gar nicht so selten vor – meist bei desolaten beziehungsweise leerstehenden Häusern, deren Eigentümer die notwendigen Maßnahmen nicht ergreifen.

Wird der Eigentümer nicht tätig und stellt die Baustelle nicht fertig, dann kann die Stadt selbst Arbeiten auf dessen Rechnung in Auftrag geben. Das würde im Endeffekt bedeuten, dass das Rathaus selbst einen Shoppingtempel errichten müsste. Andere Varianten sind nicht möglich, denn eine Baugenehmigung gibt es nur für das aktuelle Projekt. Zu hören ist im Rathaus, dass Fertigstellungsaufträge zudem auch deswegen nicht unproblematisch seien, weil es Einspruchsfristen gebe und lange Verzögerungen zu erwarten seien. (APA, 30.1.2024)