FlexCo
Für Unternehmen ist die neue Gesellschaftsform vorteilhaft, wenn Beschlüsse rasch gefasst werden müssen.
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Im Gastbeitrag erklären die Juristen Thomas Kulnigg und Andreas Lengger, welche Unternehmen von der neuen Rechtslage profitieren können.

Die Flexible Kapitalgesellschaft (FlexCo) bietet seit 1. Jänner 2024 eine Alternative zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und zur Aktiengesellschaft. Die Rufe nach einer neuen, flexibleren Rechtsform kamen vor allem aus der Start-up-Szene, die FlexCo ist daher auch an den Bedürfnissen von Start-ups ausgerichtet. Aber auch außerhalb der Start-up-Welt hat die neue Gesellschaftsform durchaus ihren Reiz.

Ob die FlexCo jeweils Sinn ergibt, hängt von vielen Kriterien ab. Der zentrale Vorteil eines auf 10.000 Euro abgesenkten Mindeststammkapitals gilt auch für die GmbH – dieser Vergleich endet also mit Unentschieden. Es gibt allerdings drei Hauptvorteile der FlexCo, die auch für Unternehmen interessant sind, die nicht wie viele Start-ups auf eine regelmäßige Kapitalzufuhr angewiesen sind.

Schnelle Entscheidungsfindung

Ein Hauptvorteil der FlexCo ist die größere Flexibilität bei Beschlüssen der Gesellschafterinnen: In der GmbH bedurfte ein Beschluss außerhalb einer Generalversammlung bisher zwingend der Mitwirkung jeder einzelnen Gesellschafterin. Stimmt auch nur eine einzige Gesellschafterin im Umlaufweg nicht zu, muss eine Generalversammlung einberufen und die dafür vorgesehenen Frist und Formalitäten eingehalten werden. Die FlexCo ermöglicht, dass auch Umlaufbeschlüsse mit einer Mehrheit gefasst werden können.

In einem dynamischen Umfeld, in dem Entscheidungen so kurzfristig getroffen werden müssen, dass die Einberufungsfrist für die Generalversammlung nicht abgewartet werden kann, gilt daher: Je eher einzelne Gesellschafterinnen nicht kurzfristig erreichbar sind oder sich nicht kooperativ verhalten, desto eher kann eine Beschlussfassung ohne Mitwirkung aller sinnvoll sein. Die FlexCo kann daher eine Lösung sein, wenn die Arbeit durch strategische "Störer" erschwert wird. Dasselbe gilt bei einer großen Zahl an Gesellschafterinnen oder bei Gesellschafterinnen mit "Zwergenanteilen", deren ausstehenden Antworten Beschlüsse verzögern. Als Kompromiss kann man im Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass eine Minderheit den Umlaufbeschluss binnen weniger Tage ablehnen kann.

Dynamische Gesellschafterstruktur

Auch bei einer erhöhten Dynamik in der Eigentümerstruktur kann die FlexCo Sinn machen. Für die Übertragung von Anteilen ist nur mehr eine Privaturkunde einer Anwältin oder einer Notarin erforderlich. Es entfällt somit das Vorlesen des Notariatsakts, allerdings muss die Anwältin oder Notarin die Parteien trotzdem belehren und die Zulässigkeit der Übertragung prüfen. Es fallen somit weiterhin Kosten an. Es ist allerdings zu erwarten, dass sich die Kosten unter jenen einer GmbH-Anteilsabtretung einpendeln werden, weil mehr Anbieter diese Leistungen anbieten können.

Wenn also regelmäßig Anteile abgetreten werden und auf einen Notariatsakt verzichtet werden kann, dann kann die FlexCo vor allem über die Zeit Kosten- und Geschwindigkeitsvorteile bieten. Wenn hingegen die Beteiligungsverhältnisse über lange Zeit unverändert sind und auch bleiben sollen, bietet die FlexCo hier keinen wirklichen Vorteil.

Einfache Mitarbeiterbeteiligung

Nicht zuletzt kann die FlexCo sinnvoll sein, wenn Mitarbeiterinnen am Eigenkapital des Unternehmens beteiligt werden sollen. Die hierfür neu eingeführten steuerlichen Begünstigungen gelten zwar auch für die GmbH, allerdings kann der volle Umfang der Steuervorteile nur bei stimmrechtslosen Anteilen ausgeschöpft werden, die die FlexCo ausdrücklich ermöglicht.

Voraussetzung ist aber insbesondere, dass die Gesellschaft maximal 100 Arbeitnehmerinnen beschäftigt, ein Umsatz kleiner 40 Millionen Euro erwirtschaft und keine Konzernzugehörigkeit jeweils im Jahr vor Gewährung der Beteiligung hat sowie ein maximal zehn Jahre altes Unternehmen ist. Unabhängig davon erleichtert die FlexCo zusätzlich durch die flexibleren Kapitalmaßnahmen (zum Beispiel bedingtes Kapital) und durch die Möglichkeit des Erwerbs eigener Aktien die Ausgabe von Equity-Beteiligungen an Mitarbeiterinnen.

Wenn also in Zeiten angespannter Arbeitsmärkte das Management und/oder die Mitarbeiterinnen am Unternehmen beteiligt werden sollen oder sogar bereits ein Beteiligungsprogramm besteht, kann die Einrichtung einer FlexCo Sinn ergeben.

Kleine Kehrseite der Medaille

Als Nachteil der FlexCo wird häufig genannt, dass ein Aufsichtsrat schon bei niedrigeren Schwellen als in der GmbH verpflichtend ist. Die großen Gestaltungsspielräume und die Neuheit zahlreicher Bestimmungen können ebenfalls als Nachteil gesehen werden, weil guter Beratung dadurch ein besonderer Stellenwert zukommt. Auch strategische Aspekte wie Nachverhandlungen im Zuge der Governance-Änderungen müssen bei einer Umwandlung einer GmbH in eine FlexCo mitbedacht werden. (Thomas Kulnigg, Andreas Lengger, 31.1.2024)