Bäume in einem Park in Wien.
Bäume in der Stadt haben es aus rechtlicher Sicht schwerer als Bäume im Wald. Das soll sich nun – zumindest teilweise – ändern.
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Angekündigt wurde die Reform schon vor mehr als zwei Jahren, jetzt will sie die türkis-grüne Bundesregierung endgültig umsetzen: Für Bäume außerhalb des Waldes gelten bislang strenge Haftungsvorschriften – etwa für Verletzungen durch herabfallende Zweige. Eigentümer neigen deshalb mitunter dazu, mehr wegzuschneiden als notwendig. Eine Gesetzesänderung soll nun Abhilfe schaffen und Baumhalter vor allzu strengen haftungsrechtlichen Folgen schützen.

Stadtbäume haben es schwerer

Die österreichische Rechtslage unterscheidet zwischen Bäumen im Wald und außerhalb davon. Im Wald gilt eine Haftungserleichterung: Eigentümer haften grundsätzlich nicht für die allgemeinen Gefahren des Waldes, sondern nur für Forststraßen und andere öffentliche Wege. Und auch bei Bäumen in der Nähe von Wegen gibt es Erleichterungen: Eigentümer haften nur für grobe Fahrlässigkeit. Zudem muss das Verschulden – wie im Schadenersatzrecht üblich – der Geschädigte beweisen.

Probleme bereitet dagegen die Baumhaftung außerhalb des Waldes – etwa in Parks oder auf Spielplätzen. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung gibt es für solche Bäume nicht. In Haftungsfragen wird deshalb auf die sogenannte Bauwerkehaftung zurückgegriffen. Das Problem: Das Gesetz sieht eine Beweislastumkehr vor. Baumbesitzer müssen also beweisen, dass sie bei einem Unfall kein Verschulden trifft – sie also Maßnahmen gesetzt haben, um Unfälle zu vermeiden. Zudem haften sie schon für leichte Fahrlässigkeit.

Neue Rechtsgrundlage

Mit einem neuen Paragrafen im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) soll sich das nun ändern. Bäume im städtischen Bereich werden explizit aus der Gebäudehaftung herausgenommen. Die Beweislastumkehr entfällt. Künftig müssen also Geschädigte beweisen, dass Baumhalter ihren Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen sind. Zudem soll zwischen abgelegenen Bäumen und Bäumen, die zum Beispiel in der Nähe eines Kindergartens stehen, unterschieden werden. Für Letztere würden dann strengere Regeln gelten.

"Überstrenge Haftungsregeln führten bislang dazu, dass Bäume oftmals frühzeitig und ohne gewichtigen Grund zurückgeschnitten oder gar gefällt wurden", sagt Justizministerin Alma Zadić (Grüne). Mit der neuen Baumhaftung soll "überschießender Kahlschlag" verhindert und mehr "Natur in Österreichs Städten" ermöglicht werden. Zufrieden zeigt sich auch Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP). Mit dieser Lösung sei "allen geholfen". Totschnig betont, dass die bewährten Regelungen des Forstgesetzes in Wäldern unverändert weitergelten.

Haftungserleichterung im Wald

Im Wald gelten für die Eigentümerinnen und Eigentümer nach dem Forstgesetz wie erwähnt weitgehende Haftungsbefreiungen. Diese Sonderregelung hat ihren Ursprung in der Öffnung der Wälder im Jahr 1975. Jede Person hat seither das Recht, den Wald zu Erholungszwecken zu betreten und sich dort aufzuhalten. Als Ausgleich für die Waldöffnung und die damit befürchtete Haftungserweiterung für die Waldeigentümer wurde das Haftungsrisiko eingeschränkt. (Jakob Pflügl, 1.2.2024)