Österreichs größter Industriekonzern OMV ist ein stückweit zur Normalität zurückgekehrt. Nach dem Ausnahmejahr 2022, wo der Höhenflug der Energiepreise beispiellos viel Geld in die Kassen der OMV gespült hat, war 2023 Mäßigung angesagt. So gut wie alle Kennzahlen gingen zurück, wiewohl der Öl-, Gas- und Chemiekonzern mit sechs Milliarden Euro das zweitbeste operative Ergebnis nach Sondereffekten (CCS) schrieb.

Während OMV in allen Bereichen Abstriche hinnehmen musste, war das wirtschaftliche Umfeld bei Chemicals and Materials besonders schlecht. Das operative Ergebnis vor Sondereffekten verringerte sich dort von knapp 1,5 Milliarden auf 94 Millionen Euro. Nach Sondereffekten wurde ein Verlust von 120 Millionen geschrieben. Borealis steht für gut 90 Prozent der Sparte.

Die Kunststofftochter Borealis, soll, wie berichtet, mit dem Petrochemieunternehmen Borouge aus den Emiraten fusioniert und daraus ein Weltkonzern gebastelt werden. Kurz vor Weihnachten schien der Deal in trockenen Tüchern, im allerletzten Moment wurde die Stopptaste gedrückt. Warum und wieso, dazu schwieg sich OMV-Chef Alfred Stern am Donnerstag bei der Präsentation der Bilanzzahlen aus.

Das Logo der OMV Petrom vor dem Hauptsitz in Bukarest.
In Rumänien, wo OMV mit Petrom aktiv ist, fiel die Solidaritätsabgabe, vulgo Gewinnabschöpfung, mit 552 Millionen Euro hoch aus.
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"Es gibt laufende und vertragsoffene Verhandlungen mit Adnoc. Die Zeitleiste ist getrieben durch optimale Verhandlungsergebnisse", sagte Stern, ohne Details zu nennen. Ziel sei eine Fusion auf Augenhöhe. Am gemeinsamen Unternehmen sollen OMV und Adnoc jeweils 47 Prozent halten, sechs Prozent der Anteile sollen wie gehabt in Streubesitz bleiben.

An Borouge hält die Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) 54 Prozent, Borealis ist mit 36 Prozent daran beteiligt. Das Unternehmen wurde im Sommer 2022 an der Börse in Abu Dhabi gelistet, der Börsengang bracht rund zwei Milliarden Dollar ein. Adnoc ist zugleich Kernaktionär der OMV und hat ihre Anteile (24,9 Prozent) mit jenen der staatlichen Beteiligungsholding Öbag (31,5 Prozent) syndiziert. Adnoc ist aber auch an Borealis beteiligt, sie hält dort 25 Prozent.

Größere Lücke

Aufgrund der schwachen Chemie könnte sich die Lücke in der Bewertung beider Unternehmen – Borealis und Borouge – nun deutlich vergrößern, wird gemutmaßt. Kurz vor Weihnachten ist spekuliert worden, dass OMV 1,5 bis 2,0 Milliarden Euro dazu zahlen müsste, um im neuen Unternehmen Borealis-Borouge denselben Anteil halten zu können wie die Abus. Zudem geht es um Fragen, wo der Sitz des Headquarters sein wird und ob es zu einem Doppellisting in Abu Dhabi und Wien kommen soll.

Unabhängig vom Kunststoffdeal soll der Umbau des Unternehmens weg von fossilen hin zu nachhaltigeren, klimafreundlichen Produkten weiter vorangetrieben werden. Dazu gehört ein Fokus auf Sustainable Aviation Fuel (SAF) zur Betankung von Flugzeugen, was gegenüber Kerosin um 80 Prozent weniger CO2-Emissionen verursache.

Mit dem am Mittwoch verkündeten Verkauf der Hälftebeteiligung am Erdgasförderunternehmen Sapura in Malaysia an Total Energies um 903 Millionen Dollar habe man das Portfolio gestrafft, sagte Stern. Als Nächstes auf der Verkaufsliste steht das Neuseeland-Geschäft.

Rückzug aus Russland

Durch den Rückzug aus Russland sind die Produktionszahlen der OMV 2023 um sieben Prozent auf 364.000 Fass Öläquivalent gesunken. Heuer rechnet Stern mit einer Produktionsmenge von 330.000 bis 350.000 Fass Öläquivalent.

An Solidaritätsabgabe musste OMV in Österreich zuletzt 18 Millionen Euro, in Rumänien 552 Millionen Euro zahlen.

Die Aktionäre werden am Unternehmenserfolg mit einer gleichbleibenden Dividende von 5,05 Euro je Aktie (regulär 2,95 plus Sonderdividende von 2,10 Euro) beteiligt. (Günther Strobl, 1.2.2024)