Das Schweizer Bankhaus Julius Bär wechselt im Zusammenhang mit faulen Krediten an die strauchelnde österreichische Immobiliengruppe Signa den Konzernchef aus. Philipp Rickenbacher trete mit sofortiger Wirkung zurück, bestätigte das Institut am Donnerstag Berichte vom Vortag. Bis ein dauerhafter Nachfolger gefunden sei, übernehme sein Stellvertreter Nic Dreckmann das Steuer.

Bereits im November setzte das Züricher Geldhaus wegen der Signa-Kredite eine Gewinnwarnung für 2023 ab, der Aktienkurs stürzte daraufhin ab. 2022 hatte die Bank noch einen Überschuss von 950 Millionen Franken (rund 980 Millionen Euro) erzielt. Nun musste Julius Bär die Rückstellung für Kredite kurzfristig massiv erhöhen. Wegen Signa-Krediten im Volumen von 600 Millionen Euro steht Julius Bär laut der Agentur Bloomberg bereits seit Monaten auch bei der Schweizer Bankenaufsicht Finma unter Beobachtung. "Das Engagement war der Hauptgrund für den plötzlichen Anstieg der Kreditrisikovorsorgen um 70 Millionen Franken im November", so die Finanzagentur.

Julius Bär zieht die Konsequenzen aus der Signa-Affäre
Julius Bär zieht die Konsequenzen aus der Signa-Affäre
REUTERS/DENIS BALIBOUSE

"Tiefes Bedauern"

"Im Namen des gesamten Verwaltungsrats drücke ich mein tiefes Bedauern aus, dass die vollständige Wertberichtigung des größten Engagements in unserem Private-Debt-Geschäft unseren Konzerngewinn für 2023 signifikant beeinträchtigt hat", erklärte Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher am Donnerstag. Die Bank schreibe die Kredite an eine nicht genannte Unternehmensgruppe im Volumen von 586 Millionen Franken (rund 600 Millionen Euro) vollständig ab. Insidern zufolge handelt es sich dabei um Signa. "Mit diesem äußerst konservativen Schritt beseitigen wir alle Unsicherheiten für unsere Aktionäre und Stakeholder sowie die Bedenken über mögliche weitere Auswirkungen auf die Finanzlage von Julius Bär in der Zukunft", erklärte Lacher weiter.

Lacher wollte sich nicht direkt zur Frage äußern, ob die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma Druck auf einen Wechsel an der Firmenspitze gemacht habe. Der Präsident erklärte, der Rücktritt sei eine Entscheidung des Verwaltungsrates und Rickenbachers. "Wir sind unseren Berichtspflichten nachgekommen und haben unsere Entscheidungen natürlich mit unserer Aufsichtsbehörde, der Finma, besprochen." Die Finma erklärte, die Behörde stehe im Zusammenhang mit Signa seit einiger Zeit in engem Kontakt mit verschiedenen beaufsichtigten Instituten und habe frühzeitig Maßnahmen ergriffen.

Daniel Bosshard, Analyst der Luzerner Kantonalbank, begrüßte die personellen Konsequenzen aus dem Signa-Debakel. Dieser Schritt hätte aber schon viel früher geschehen müssen. "Der Reputationsschaden ist immens, da sich das Institut immer als reine Privatbank vermarktet hat." An der Börse legten die Bär-Aktien mehr als vier Prozent zu.

Zu den Finanziers der Signa-Gruppe gehören neben Julius Bär auch Österreichs Großbanken, sie haben Kredite von rund 2,2 Milliarden Euro vergeben. Zwei Drittel davon sollen auf Bank Austria und Raiffeisen entfallen. Der Versicherer Uniqa hat laut Oberösterreichischen Nachrichten Signa-Papiere von rund 80 Millionen Euro, die VIG eine Anleihe von 50 Millionen Euro gezeichnet. (red, APA, Reuters, 1.2.2024)