Die Lage am Arbeitsmarkt war schon besser. Wie immer um diese Jahreszeit steigt die Zahl der Menschen, die beim AMS gemeldet sind, an. Das liegt vor allem daran, dass am Bau im Winter witterungsbedingt weniger gearbeitet wird. Dazu kommt aber derzeit noch, dass die Wirtschaft noch nicht so recht in Gang kommen mag in Österreich. Im Jänner waren 421.000 Menschen ohne Job oder in Schulung, im November war die Zahl noch bei 352.000 gelegen. Um 31.000 Menschen mehr sind beim AMS gemeldet als noch vor einem Jahr zur selben Zeit.

Die Zahl der Menschen aus Gesundheits- und Sozialberufen, die beim AMS gemeldet sind, hat binnen eines Jahresum mehr als 16 Prozent zugelegt.
APA/HANS KLAUS TECHT

Die am Donnerstag veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen zeigen noch einen anderen, auffälligeren Trend: Nach Branchen betrachtet, hat sich die Lage nirgendwo so stark verschlechtert wie in Gesundheits- und Sozialberufen. Insgesamt ist die Zahl der beim AMS gemeldeten Menschen im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent gestiegen. Bei den Gesundheitsberufen betrug das Plus mehr als doppelt so viel: stolze 16,2 Prozent. Etwas mehr als 12.000 Personen sind aus diesem Bereich insgesamt beim AMS registriert.

Das ist erstaunlich, weil der größte Arbeitgeber bei den Gesundheits- und Sozialberufen der Staat ist. Der fährt bekanntermaßen aktuell keinen Sparkurs. Und gerade aus dem Pflegebereich kommen alle paar Monate Forderungen nach mehr Personal, weil angeblich Leute an allen Ecken und Enden fehlen. Viele andere Wirtschaftssektoren schwächeln hingegen, etwa die Industrie und der Bau. Die Zahl der Meldungen beim AMS ist hier nicht so stark angestiegen, beim Bau betrug das plus etwa nur 8,8 Prozent. Wie also passen die Entwicklungen zusammen?

Ein attraktives Stipendium

Im Anstieg begriffen ist die Zahl der AMS-Meldungen aus den Gesundheitsberufen schon seit dem Herbst. Noch verblüffender macht diese Entwicklung, dass auch die Beschäftigung in diesem Bereich gestiegen ist: 312.000 Menschen arbeiten in einem Gesundheits- oder Sozialberuf, das sind um 6.000 mehr als noch vor einem Jahr. Eine allgemeine Krise ist also hier nicht ausgebrochen.

Laut AMS-Chef Johannes Kopf ist der Anstieg der Beschäftigten auch ein Grund für den Anstieg bei den Jobsuchenden. Wenn in einem Bereich mehr Menschen arbeiten, dann steigt naturgemäß auch die Fluktuation an. Das mache sich insofern bemerkbar, dass zum Beispiel mehr Leute aus einem Pflegejob in einen anderen wechseln und dazwischen kurzzeitig beim AMS gemeldet sind. Aber das ist der kleinere Teil der Erklärung.

Ausschlaggebend ist etwas anderes: Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass vor allem die Zahl der Menschen rasant steigt, die eine vom AMS finanzierte Weiter- oder Ausbildung absolvieren. Um mehr als 50 Prozent ist diese Gruppe gewachsen. Das dürfte einen guten Grund haben, wie es vom AMS heißt. Seit Jänner 2023 gibt es die Möglichkeit, ein neu geschaffenes Pflegestipendium zu erhalten. Ursprünglich war vorgesehen, dass Menschen, die eine Pflegeausbildung absolvieren, 1.400 Euro im Monat als Unterhaltsbeitrag vom AMS erhalten. Die Ausbildung selbst zahlen die Bundesländer. Inzwischen wurde das Pflegestipendium auf 1.536 Euro erhöht.

Anspruchsberechtigt sind arbeitslos gemeldete Personen oder solche, die von ihrem Arbeitgeber karenziert sind, wobei das AMS die Differenz zwischen dem Arbeitslosengeld, auf das Anspruch besteht, und den 1.536 Euro ausbezahlt. Für keine andere Ausbildung leistet das AMS einen so hohen Zuschuss.

Das Angebot führt dazu, dass mehr Menschen eine Ausbildung absolvieren. Die Bandbreite ist groß: So kann man sich binnen zweieinhalb Jahren zum Fachsozialbetreuer Altenarbeit ausbilden lassen oder ein Diplom via Fachhochschule erwerben oder sich zum Krankenpfleger ausbilden lassen.

Fehlen nun Heimarbeiter?

Interessant: Ein großer Teil der Menschen, die eine Ausbildung absolvieren, war schon vorher in der Pflegearbeit tätig – nur diese Menschen fließen in die Statistik der Menschen in Gesundheits- und Sozialberufen ein, die beim AMS gemeldet sind. "Das typische Beispiel wäre eine Heimhelferin, die sich nun als Pflegeassistentin hochqualifizieren lässt", sagt AMS-Chef Johannes Kopf.

Aber bedeutet das, es fehlen nun zusätzlich Pflegekräfte, weil viele eine Ausbildung machen? Bei der Dienstleistungsgewerkschaft Vida sieht man es als positiv an, dass Beschäftigte sich höherqualifizieren lassen. Ähnlich die Einschätzung auf Arbeitgeberseite: "Mit der Qualifikation steigt in der Pflege auch der Personalmangel", sagt Walter Marschitz, Geschäftsführer der Sozialwirtschaft Österreich, eines Verbands der heimischen Gesundheitsunternehmen. Sprich, die Ausbildungsoffensive sieht er als einen Schritt zur Entschärfung des Problems. Heimhilfen, die in der mobilen Pflege arbeiten und sich höherqualifizieren lassen, können schneller ersetzt werden, weil die Ausbildung nur wenige Monate dauert.

Auch die Pflegeexpertin des Wifo, Ulrike Famira-Mühlberger, spricht von einer " positiven Entwicklung". Der starke Anstieg bei der Nachfrage nach Pflegekräften habe noch gar nicht richtig begonnen. Das werde erst ab 2030 der Fall sein, wenn die Generation der Babyboomer Unterstützung braucht. Initiativen zur Attraktivierung von Qualifikationsmaßnahmen kommen da gerade recht. Spannend wird sein, ob die Länder in den kommenden Monaten ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, wenn der Andrang weiter hoch bleibt. (András Szigetvari, 2.2.2024)