Wien – Der Presserat hat Krone.at – die Onlineseite der "Kronen Zeitung" – für die Veröffentlichung eines Gewaltvideos gerügt. Dieses war dem mittlerweile entfernten Beitrag "Mitgefilmt: Jugend-Gang verprügelt Mädchen!" angefügt. Es zeigte, wie fünf Jugendliche in München eine 15-Jährige und eine Zwölfjährige mit Schlägen und Tritten malträtieren. Die "Krone" verletzte trotz Verpixelung der Aufnahmen die Persönlichkeitssphäre der Opfer eklatant, befand der Senat 2 des Presserats.

Kronen Zeitung
Rüge für die "Kronen Zeitung".
APA/ROLAND SCHLAGER

In einer Aussendung am Freitag merkte das Selbstkontrollorgan an, dass die Diskussion über brutale Gewalt von Jugendlichen für die Allgemeinheit relevant sei. Auch die kritische Beleuchtung der Verbreitung von Gewaltvideos in den sozialen Medien sei von öffentlichem Interesse. Der Persönlichkeitsschutz von Opfern dürfe dabei aber nicht missachtet werden.

Voyeurismus und Sensationsinteressen

Laut Presserat wurde im Fall des veröffentlichten Tiktok-Videos die Persönlichkeitssphäre der Opfer eklatant verletzt – und das, obwohl das Bildmaterial großflächig verpixelt wurde und die Abgebildeten die meiste Zeit bloß schemenhaft erkennbar sind. "Für ihre nahen Angehörigen und Bekannten waren die Opfer bereits aufgrund des drastischen Vorfalls bzw. der Begleitumstände jedenfalls identifizierbar", so das Argument. Das Video habe offenbar "der Befriedigung des Voyeurismus und der Sensationsinteressen gewisser Leserinnen und Leser" gedient: "Das brutale Bildmaterial wurde wohl in erster Linie deshalb verwendet, damit sich der Beitrag im Internet stärker verbreitet. Im Ergebnis wurde das betroffene Medium seiner Filterfunktion nicht gerecht."

Vonseiten der "Kronen Zeitung" nahm niemand am vom Presserat eingeleiteten Verfahren teil. Die Zeitung erkennt die Schiedsgerichtsbarkeit des Selbstkontrollorgans auch nicht an. (APA, 9.2.2024)